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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1010: Amnioskopie

17.12.2025
|
7
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
8.63
Regelhöchstsatz:
2.3
19.84
Höchstsatz:
3.5
30.19
Ausschlüsse:
GOÄ 1014

GOÄ 1010: Die formale Definition der Amnioskopie

Die GOÄ-Ziffer 1010 beschreibt die Amnioskopie. Hierbei handelt es sich um eine endoskopische Untersuchung, die in der Gynäkologie und Geburtshilfe zur pränatalen Diagnostik eingesetzt wird. Der offizielle Leistungstext ist denkbar kurz und lautet schlicht: „Amnioskopie“.

Trotz der Kürze umfasst die Leistungslegende mehrere implizite Teilschritte, die für das Verständnis und die korrekte Abrechnung essenziell sind:

  • Endoskopische Untersuchung: Der Kern der Leistung ist die Einführung eines Amnioskops durch den bereits leicht eröffneten Zervikalkanal. Dies ermöglicht einen direkten visuellen Zugang zur Fruchtblase.
  • Beurteilung der Eihäute und des Fruchtwassers: Ziel der Untersuchung ist die Inspektion des unteren Eipols. Dabei werden insbesondere die Farbe und die Klarheit des Fruchtwassers beurteilt. Eine grünliche Verfärbung kann beispielsweise auf eine Mekoniumabgabe des Kindes und somit auf eine mögliche Stresssituation hinweisen.
  • Diagnostische Zielsetzung: Die GOÄ 1010 ist eine rein diagnostische Maßnahme. Es geht ausschließlich um die visuelle Beurteilung. Eine Probenentnahme ist nicht Bestandteil dieser Ziffer und wird gesondert abgerechnet.

Ein zentraler Punkt, der bei dieser Ziffer unbedingt zu beachten ist, betrifft den Gebührenrahmen. Nach herrschender Kommentarlage und Praxis handelt es sich um eine Leistung mit festem Gebührensatz.

Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1010) der 1-fache Satz!

Diese Regelung bedeutet, dass eine Steigerung des Faktors über den 1,0-fachen Satz hinaus, auch bei erhöhtem Aufwand, nicht zulässig ist. Dies ist eine häufige Fehlerquelle, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen kann.

So wenden Sie die GOÄ 1010 im Praxisalltag korrekt an

Die Amnioskopie nach GOÄ 1010 ist ein etabliertes Verfahren in der Geburtshilfe, um die fetale Situation bei bestimmten Indikationen zu beurteilen. Während die Definition klar ist, lauern die Tücken im Detail – insbesondere bei der Kombination mit anderen Ziffern und der strikten Einhaltung des festen Gebührensatzes.

Praxisbeispiele für die Abrechnung der GOÄ 1010

In diesen typischen geburtshilflichen Szenarien kommt die GOÄ 1010 zur Anwendung:

  • Szenario 1: Terminüberschreitung (Übertragung): Eine Patientin befindet sich in der 41. Schwangerschaftswoche (SSW 40+4). Das CTG ist unauffällig, aber zur weiteren Abklärung des fetalen Wohlbefindens wird eine Amnioskopie durchgeführt, um das Fruchtwasser auf Mekoniumspuren zu untersuchen.
  • Szenario 2: Verdacht auf vorzeitigen Blasensprung: Eine Schwangere berichtet über unklaren Flüssigkeitsabgang. Klinisch ist der Befund nicht eindeutig. Die Amnioskopie dient der direkten Visualisierung, um zu beurteilen, ob Fruchtwasser aus dem Zervikalkanal austritt und wie dieses beschaffen ist.
  • Szenario 3: Auffälliges Kardiotokogramm (CTG): Bei einer Patientin unter der Geburt zeigt das CTG wiederholt variable Dezelerationen. Zur Differenzialdiagnose einer möglichen fetalen Hypoxie wird eine Amnioskopie durchgeführt, um eine Mekoniumverfärbung des Fruchtwassers als Indikator für fetalen Stress auszuschließen oder zu bestätigen.

Häufige Fehler und Abgrenzungen: Was Sie unbedingt beachten sollten

Die häufigste Fehlerquelle bei der GOÄ 1010 ist der Versuch, die Leistung zu steigern. Es handelt sich um eine technische Leistung, für die die Gebührenordnung einen festen Satz vorsieht. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Abgrenzung zur GOÄ 1014.

Wichtiger Abrechnungshinweis: Neben der GOÄ-Ziffer 1010 ist die GOÄ-Ziffer 1014 (Fruchtwasserentnahme durch Amnioskopie) im selben Behandlungsfall nicht abrechnungsfähig. Es gilt das Zielleistungsprinzip: Wird Fruchtwasser nicht nur betrachtet, sondern auch entnommen, ist ausschließlich die GOÄ 1014 anzusetzen.

Vermeiden Sie es, die GOÄ 1010 abzurechnen, wenn Sie im selben Eingriff eine Probe entnehmen. Die GOÄ 1014 ist die höher bewertete und umfassendere Leistung, die die reine Inspektion (GOÄ 1010) bereits beinhaltet.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist der beste Schutz vor Rückfragen und Kürzungen. Sie sollte stets die medizinische Notwendigkeit belegen.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

  • Datum/Uhrzeit: 15.05.2023, 10:20 Uhr
  • Indikation: Gravida I, Para 0, SSW 40+5, Terminüberschreitung. V.a. fetale Gefährdung bei Übertragung.
  • Durchführung: Amnioskopie bei 1 cm eröffnetem Muttermund.
  • Befund: Unterer Eipol sichtbar, Fruchtwasser klar, keine Mekoniumbeimengungen.
  • Weiteres Vorgehen: Abwartendes Management, erneute CTG-Kontrolle in 12 Stunden.

Steigerung, Kombinationen und Ausschlüsse im Detail

Steigerungsfähigkeit

Die GOÄ 1010 ist nicht steigerungsfähig. Gemäß den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ und der gängigen Kommentarlage wird diese Leistung verbindlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet. Begründungen wie ein erhöhter Zeitaufwand, schwierige anatomische Verhältnisse oder ein unruhiger Patient rechtfertigen keine Anhebung des Faktors.

Mögliche Kombinationen

Die Amnioskopie steht selten allein. Folgende Kombinationen sind in der Praxis häufig und nach herrschender Auffassung zulässig:

  • Beratungsleistungen (z.B. GOÄ 1, GOÄ 3): Eine Beratung über den Befund und das weitere Vorgehen ist neben der GOÄ 1010 abrechenbar, sofern sie die Kriterien der jeweiligen Ziffer erfüllt.
  • Kardiotokographie (GOÄ 678): Die Aufzeichnung eines CTGs vor oder nach der Amnioskopie ist eine medizinisch sinnvolle und abrechenbare Ergänzung zur Überwachung des Kindes.
  • Gynäkologische Untersuchung (GOÄ 6): Die Abrechnung der GOÄ 6 neben der GOÄ 1010 wird von Kostenträgern gelegentlich kritisch gesehen. Die zur Durchführung der Amnioskopie notwendige vaginale Untersuchung ist Teil der Leistung. Wird jedoch eine separate, vollständige gynäkologische Untersuchung aus anderer Indikation durchgeführt und entsprechend dokumentiert, ist der Ansatz nach Kommentarlage vertretbar.

Abrechnungsausschlüsse

Der entscheidende Ausschluss betrifft die GOÄ 1014:

  • GOÄ 1014 (Fruchtwasserentnahme durch Amnioskopie): Diese Ziffer schließt die GOÄ 1010 aus. Wenn Sie während der Amnioskopie eine Probe des Fruchtwassers entnehmen (z.B. für eine pH-Wert-Bestimmung), dürfen Sie nur die GOÄ 1014 abrechnen. Diese beinhaltet die visuelle Beurteilung bereits.

Häufig gestellte Fragen

Warum darf ich die GOÄ 1010 nicht steigern, auch wenn die Untersuchung schwierig war?

Die GOÄ 1010 gehört zu den sogenannten technischen Leistungen, für die in den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ ein fester Gebührensatz festgelegt ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der durchschnittliche Aufwand bereits im 1,0-fachen Satz pauschal abgebildet ist. Individuelle Erschwernisse wie ein ungünstig liegender Muttermund oder eine adipöse Patientin können daher nicht durch eine Steigerung des Faktors berücksichtigt werden. Der Ansatz eines höheren Faktors als 1,0 wird von allen Kostenträgern konsequent gekürzt.

Kann ich eine gynäkologische Untersuchung nach GOÄ 6 neben der GOÄ 1010 abrechnen?

Diese Frage ist in der Praxis häufig umstritten. Grundsätzlich gilt: Die zur Einführung des Amnioskops notwendige vaginale Palpation ist bereits Bestandteil der GOÄ 1010. Eine Nebeneinanderberechnung ist jedoch nach herrschender Auffassung möglich, wenn eine vollständige gynäkologische Untersuchung mit einer eigenständigen medizinischen Indikation durchgeführt wird. Dies muss klar aus der Dokumentation hervorgehen. Beispiel: Zuerst erfolgt eine komplette Untersuchung zur Beurteilung von Muttermund, Portio und Becken, danach die separate Entscheidung zur Durchführung der Amnioskopie.

Was ist der genaue Unterschied zwischen GOÄ 1010 und GOÄ 1014?

Der Unterschied liegt in der Zielsetzung des Eingriffs. Die GOÄ 1010 ist eine rein visuelle, diagnostische Inspektion des Fruchtwassers. Sie beantwortet die Frage: „Wie sieht das Fruchtwasser aus?“. Die GOÄ 1014 hingegen ist eine interventionelle Maßnahme. Sie beinhaltet die visuelle Inspektion UND die gezielte Entnahme von Fruchtwasser für weiterführende Tests (z.B. pH-Messung, Bilirubin-Bestimmung). Da die Entnahme die Inspektion logisch einschließt, darf bei einer Probenentnahme nur die höher bewertete GOÄ 1014 abgerechnet werden.

In welcher Situation rechne ich GOÄ 1010 ab und wann stattdessen GOÄ 1014?

Die Entscheidung ist einfach und folgt dem Zielleistungsprinzip: Führen Sie eine Amnioskopie durch, um das Fruchtwasser lediglich anzusehen und dessen Farbe und Klarheit zu beurteilen, rechnen Sie die GOÄ 1010 ab. Entscheiden Sie sich jedoch während des Eingriffs oder bereits davor, eine Probe des Fruchtwassers zu entnehmen, um diese weiter zu analysieren, müssen Sie die GOÄ 1014 abrechnen. Die GOÄ 1010 entfällt in diesem Fall komplett. Eine gemeinsame Abrechnung ist ausgeschlossen.

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