Die GOÄ-Ziffer 1010 beschreibt die Amnioskopie. Hierbei handelt es sich um eine endoskopische Untersuchung, die in der Gynäkologie und Geburtshilfe zur pränatalen Diagnostik eingesetzt wird. Der offizielle Leistungstext ist denkbar kurz und lautet schlicht: „Amnioskopie“.
Trotz der Kürze umfasst die Leistungslegende mehrere implizite Teilschritte, die für das Verständnis und die korrekte Abrechnung essenziell sind:
Ein zentraler Punkt, der bei dieser Ziffer unbedingt zu beachten ist, betrifft den Gebührenrahmen. Nach herrschender Kommentarlage und Praxis handelt es sich um eine Leistung mit festem Gebührensatz.
Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1010) der 1-fache Satz!
Diese Regelung bedeutet, dass eine Steigerung des Faktors über den 1,0-fachen Satz hinaus, auch bei erhöhtem Aufwand, nicht zulässig ist. Dies ist eine häufige Fehlerquelle, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen kann.
Die Amnioskopie nach GOÄ 1010 ist ein etabliertes Verfahren in der Geburtshilfe, um die fetale Situation bei bestimmten Indikationen zu beurteilen. Während die Definition klar ist, lauern die Tücken im Detail – insbesondere bei der Kombination mit anderen Ziffern und der strikten Einhaltung des festen Gebührensatzes.
In diesen typischen geburtshilflichen Szenarien kommt die GOÄ 1010 zur Anwendung:
Die häufigste Fehlerquelle bei der GOÄ 1010 ist der Versuch, die Leistung zu steigern. Es handelt sich um eine technische Leistung, für die die Gebührenordnung einen festen Satz vorsieht. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Abgrenzung zur GOÄ 1014.
Wichtiger Abrechnungshinweis: Neben der GOÄ-Ziffer 1010 ist die GOÄ-Ziffer 1014 (Fruchtwasserentnahme durch Amnioskopie) im selben Behandlungsfall nicht abrechnungsfähig. Es gilt das Zielleistungsprinzip: Wird Fruchtwasser nicht nur betrachtet, sondern auch entnommen, ist ausschließlich die GOÄ 1014 anzusetzen.
Vermeiden Sie es, die GOÄ 1010 abzurechnen, wenn Sie im selben Eingriff eine Probe entnehmen. Die GOÄ 1014 ist die höher bewertete und umfassendere Leistung, die die reine Inspektion (GOÄ 1010) bereits beinhaltet.
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist der beste Schutz vor Rückfragen und Kürzungen. Sie sollte stets die medizinische Notwendigkeit belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Die GOÄ 1010 ist nicht steigerungsfähig. Gemäß den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ und der gängigen Kommentarlage wird diese Leistung verbindlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet. Begründungen wie ein erhöhter Zeitaufwand, schwierige anatomische Verhältnisse oder ein unruhiger Patient rechtfertigen keine Anhebung des Faktors.
Die Amnioskopie steht selten allein. Folgende Kombinationen sind in der Praxis häufig und nach herrschender Auffassung zulässig:
Der entscheidende Ausschluss betrifft die GOÄ 1014:
Die GOÄ 1010 gehört zu den sogenannten technischen Leistungen, für die in den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ ein fester Gebührensatz festgelegt ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der durchschnittliche Aufwand bereits im 1,0-fachen Satz pauschal abgebildet ist. Individuelle Erschwernisse wie ein ungünstig liegender Muttermund oder eine adipöse Patientin können daher nicht durch eine Steigerung des Faktors berücksichtigt werden. Der Ansatz eines höheren Faktors als 1,0 wird von allen Kostenträgern konsequent gekürzt.
Diese Frage ist in der Praxis häufig umstritten. Grundsätzlich gilt: Die zur Einführung des Amnioskops notwendige vaginale Palpation ist bereits Bestandteil der GOÄ 1010. Eine Nebeneinanderberechnung ist jedoch nach herrschender Auffassung möglich, wenn eine vollständige gynäkologische Untersuchung mit einer eigenständigen medizinischen Indikation durchgeführt wird. Dies muss klar aus der Dokumentation hervorgehen. Beispiel: Zuerst erfolgt eine komplette Untersuchung zur Beurteilung von Muttermund, Portio und Becken, danach die separate Entscheidung zur Durchführung der Amnioskopie.
Der Unterschied liegt in der Zielsetzung des Eingriffs. Die GOÄ 1010 ist eine rein visuelle, diagnostische Inspektion des Fruchtwassers. Sie beantwortet die Frage: „Wie sieht das Fruchtwasser aus?“. Die GOÄ 1014 hingegen ist eine interventionelle Maßnahme. Sie beinhaltet die visuelle Inspektion UND die gezielte Entnahme von Fruchtwasser für weiterführende Tests (z.B. pH-Messung, Bilirubin-Bestimmung). Da die Entnahme die Inspektion logisch einschließt, darf bei einer Probenentnahme nur die höher bewertete GOÄ 1014 abgerechnet werden.
Die Entscheidung ist einfach und folgt dem Zielleistungsprinzip: Führen Sie eine Amnioskopie durch, um das Fruchtwasser lediglich anzusehen und dessen Farbe und Klarheit zu beurteilen, rechnen Sie die GOÄ 1010 ab. Entscheiden Sie sich jedoch während des Eingriffs oder bereits davor, eine Probe des Fruchtwassers zu entnehmen, um diese weiter zu analysieren, müssen Sie die GOÄ 1014 abrechnen. Die GOÄ 1010 entfällt in diesem Fall komplett. Eine gemeinsame Abrechnung ist ausgeschlossen.