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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1021: Beistand von mindestens zwei Stunden Dauer bei einer Geburt, die auf natürlichem Wege nicht beendet werden kann, ausschließlich Kunsthilfe

15.12.2025
|
7
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
15.5
Regelhöchstsatz:
2.3
35.66
Höchstsatz:
3.5
54.27
Ausschlüsse:
1022

GOÄ 1021: Die offizielle Definition

Die GOÄ-Ziffer 1021 beschreibt laut amtlicher Gebührenordnung den "Beistand von mindestens zwei Stunden Dauer bei einer Geburt, die auf natürlichem Wege nicht beendet werden kann, ausschließlich Kunsthilfe". Diese Ziffer honoriert die intensive und zeitaufwändige ärztliche Überwachung und Bereitschaft in einer kritischen Phase der Geburt, die ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind birgt.

Für eine korrekte Abrechnung ist es unerlässlich, die einzelnen Bestandteile der Leistungslegende genau zu verstehen und zu dokumentieren:

  • Beistand: Hierunter fällt nicht die aktive Durchführung abrechenbarer Leistungen, sondern die konstante, aufmerksame Anwesenheit und Überwachung. Die Kommentarliteratur definiert dies klar.
  • Mindestens zwei Stunden Dauer: Die in der Ziffer inkludierte Zeitspanne beginnt, sobald die medizinische Notwendigkeit für die ununterbrochene ärztliche Anwesenheit eintritt. Eine kürzere Dauer erfüllt den Leistungsinhalt nicht.
  • Geburt, die auf natürlichem Wege nicht beendet werden kann: Dieser Passus ist entscheidend. Er indiziert eine Geburt mit Komplikationen oder einem erhöhten Risikoprofil (z.B. protrahierter Verlauf, Zustand nach Sectio), bei der ein Eingreifen (Kunsthilfe) jederzeit erforderlich werden könnte.
  • Ausschließlich Kunsthilfe: Die Ziffer 1021 deckt nur den Beistand ab. Die Durchführung einer eventuell notwendigen Kunsthilfe (z.B. Zangen- oder Vakuumextraktion) wird separat mit anderen Ziffern abgerechnet.

Nach gängiger Kommentierung ist unter "Beistand" die dauernde tätige Bereitschaft ohne die Ausübung einer anderen, eigenständig abrechnungsfähigen Leistung zu verstehen. Die "Geburt" selbst wird als Prozess vom Wehenbeginn bis zum Abschluss der Nachgeburtsperiode definiert.

Die Ziffer 1021 ist somit für jene anspruchsvollen geburtshilflichen Situationen vorgesehen, in denen der Arzt über einen längeren Zeitraum physisch präsent und in ständiger Interventionsbereitschaft sein muss, ohne in dieser Zeit andere operative oder diagnostische Maßnahmen durchzuführen und abzurechnen.

Die GOÄ 1021 im Praxisalltag: Anwendung und Fallstricke

Die Abrechnung der GOÄ 1021 erfordert Sorgfalt, insbesondere bei der Abgrenzung zu anderen Leistungen und der Dokumentation. Während die Definition klar scheint, lauern in der Praxis einige Hürden, die zu ärgerlichen Kürzungen durch Kostenträger führen können. Hier erfahren Sie, wie Sie diese Ziffer revisionssicher anwenden.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 1021

In den folgenden Szenarien ist der Ansatz der GOÄ 1021 in der Regel gut zu begründen:

  • Protrahierte Austreibungsperiode: Bei einer Geburt kommt es zu einem Geburtsstillstand in der Austreibungsphase. Der Arzt ist über zwei Stunden ununterbrochen anwesend, überwacht die fetalen Herztöne und den mütterlichen Zustand engmaschig und hält sich für eine sofortige operative Entbindung (z.B. Vakuumextraktion) bereit.

  • Zustand nach Kaiserschnitt (VBAC/TOLAC): Eine Patientin mit vorangegangener Sectio wünscht eine vaginale Geburt. Aufgrund des erhöhten Risikos einer Uterusruptur ist der Geburtshelfer über die kritische Phase von mehr als zwei Stunden permanent anwesend, um bei den ersten Anzeichen einer Komplikation sofort eingreifen zu können.

  • Geburt bei Risikoschwangerschaft: Bei einer Gebärenden mit Präeklampsie oder einem HELLP-Syndrom ist eine intensive Überwachung zwingend erforderlich. Die ständige Anwesenheit des Arztes zur Stabilisierung der Patientin und zur Sicherstellung der Interventionsbereitschaft über zwei Stunden hinweg rechtfertigt den Ansatz der Ziffer.

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Die häufigsten Beanstandungen bei der GOÄ 1021 betreffen die Steigerung, die Zeitdokumentation und die Kombination mit anderen Leistungen.

Achtung – Fester Gebührenrahmen: Die GOÄ 1021 ist eine der wenigen Ziffern, die nicht steigerungsfähig ist. Sie muss zwingend mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Jeder höhere Faktor führt unweigerlich zur Kürzung durch die private Krankenversicherung oder Beihilfestelle.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Definition des "Beistands". Werden während der dokumentierten Zeit andere abrechnungsfähige Leistungen erbracht (z.B. eine ausführliche Beratung nach GOÄ 34 oder eine Ultraschalluntersuchung), kann diese Zeit nicht für die GOÄ 1021 angerechnet werden. Der Beistand impliziert eine ausschließliche Bereitschafts- und Überwachungstätigkeit.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Rückfragen. Notieren Sie die medizinische Begründung für die Notwendigkeit des Beistands sowie die exakten Uhrzeiten.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

  • Datum: 15.08.2023

  • Anlass: Sekundäre Wehenschwäche bei protrahierter Austreibungsperiode, pathologisches CTG.

  • Beginn Beistand: 14:10 Uhr

  • Ende Beistand: 16:30 Uhr

  • Dauer: 2 Stunden 20 Minuten

  • Vermerk: Kontinuierliche Anwesenheit am Kreißbett zur Überwachung von Mutter und Kind. Ständige Bereitschaft zur sekundären Sectio/operativen vaginalen Entbindung. Keine weiteren abrechnungsfähigen Leistungen im genannten Zeitraum erbracht.

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerungsfaktor

Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 1021 über den 1,0-fachen Satz hinaus ausgeschlossen. Dies ist eine feste Vorgabe der Gebührenordnung für diese Leistung.

Sinnvolle Leistungskombinationen

Die GOÄ 1021 ist mit bestimmten Leistungen gut kombinierbar, sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind:

  • GOÄ 56 (Verweilgebühr): Dauert der medizinisch notwendige Beistand länger als die inkludierten zwei Stunden, kann für jede weitere angefangene halbe Stunde die GOÄ 56 angesetzt werden. Bei einer Anwesenheit von drei Stunden wären dies 1x GOÄ 1021 und 2x GOÄ 56.

  • Operative Leistungen: Muss nach dem Beistand eine Plazentaretention manuell gelöst werden, können die Ziffern 1025 bis 1030 und zusätzlich die GOÄ 1041 abgerechnet werden. Diese Eingriffe stellen separate Leistungen dar.

  • Andere geburtshilfliche Leistungen: Ziffern für die eigentliche Entbindung (z.B. GOÄ 1011 für die Vakuumextraktion) oder für einen Dammschnitt (GOÄ 1002) sind neben der GOÄ 1021 abrechenbar, da sie die aktive "Kunsthilfe" darstellen, die von der Ziffer 1021 explizit ausgenommen ist.

Abrechnungsausschlüsse

Der wichtigste Ausschluss betrifft die GOÄ 1022.

Wichtiger Hinweis: Die GOÄ 1021 ist nicht neben der GOÄ 1022 (Beistand von mindestens zwei Stunden Dauer bei einer Geburt, die auf natürlichem Wege beendet wird) abrechenbar. Die GOÄ 1021 ist dem komplizierteren Geburtsverlauf vorbehalten, während die GOÄ 1022 für die lange, aber letztlich unkomplizierte Spontangeburt vorgesehen ist.

Häufig gestellte Fragen

Was genau bedeutet 'dauernde tätige Bereitschaft' und wie grenze ich das von anderen Tätigkeiten ab?

Der Begriff „dauernde tätige Bereitschaft“ im Kontext der GOÄ 1021 beschreibt die ununterbrochene physische Anwesenheit des Arztes bei der Patientin (in der Regel im Kreißsaal) mit voller Konzentration auf den Geburtsvorgang. Es bedeutet, in jedem Augenblick bereit zu sein, medizinisch einzugreifen. Dies grenzt sich klar von anderen Tätigkeiten ab: Das Erledigen von Verwaltungsaufgaben in einem Nebenzimmer, das Führen von Telefonaten oder die Durchführung anderer abrechnungsfähiger Leistungen wie Ultraschalluntersuchungen unterbricht die „dauernde tätige Bereitschaft“. Die Zeit für solche Tätigkeiten darf nicht in die für GOÄ 1021 erforderlichen zwei Stunden eingerechnet werden.

Wie dokumentiere ich die Zeit für die GOÄ 1021 korrekt, damit sie von der PKV anerkannt wird?

Eine revisionssichere Dokumentation ist entscheidend. Notieren Sie in der Patientenakte immer die exakte Uhrzeit für den Beginn und das Ende des Beistands. Fügen Sie eine kurze, aber klare medizinische Begründung für die Notwendigkeit der Daueranwesenheit hinzu. Ein praxiserprobter Dokumentationseintrag könnte lauten: „14:10 bis 16:30 Uhr: Ärztlicher Beistand gem. GOÄ 1021 aufgrund von Geburtsstillstand in der Austreibungsphase. Kontinuierliche Überwachung von Mutter und Kind, ständige Interventionsbereitschaft. Dauer: 2h 20min.“ Diese präzise Angabe von Zeit und Grund minimiert das Risiko von Rückfragen und Kürzungen.

Ich war insgesamt 4 Stunden anwesend. Kann ich die GOÄ 1021 mit dem Faktor 2,0 abrechnen, um den doppelten Zeitaufwand abzubilden?

Nein, das ist ein häufiger und folgenschwerer Abrechnungsfehler. Die GOÄ 1021 ist eine Festgebühr und darf ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz angesetzt werden, unabhängig vom tatsächlichen Aufwand. Für die Zeit, die über die in der Ziffer inkludierten zwei Stunden hinausgeht, sieht die GOÄ eine andere Lösung vor: Sie können die Verweilgebühr nach GOÄ Ziffer 56 ansetzen. Bei vier Stunden Anwesenheit rechnen Sie also ab: 1x GOÄ 1021 (für die ersten zwei Stunden) plus 4x GOÄ 56 (für die vier weiteren angefangenen halben Stunden).

Wann rechne ich GOÄ 1021 statt GOÄ 1022 ab? Was ist der entscheidende Unterschied?

Die Abgrenzung ist rein medizinisch und liegt in der Komplexität des Geburtsverlaufs. Die GOÄ 1021 ist für Geburten vorgesehen, „die auf natürlichem Wege nicht beendet werden kann“. Dies impliziert eine Komplikation, ein hohes Risiko oder einen Geburtsverlauf, bei dem ein ärztliches Eingreifen (Kunsthilfe) wahrscheinlich oder jederzeit möglich ist. Die GOÄ 1022 hingegen ist für den Beistand bei einer Geburt gedacht, „die auf natürlichem Wege beendet wird“. Sie kommt also bei langen, aber letztlich unkomplizierten Spontangeburten zur Anwendung. Die Entscheidung hängt von der medizinischen Einschätzung des Risikoprofils während des Geburtsvorgangs ab und muss in der Dokumentation nachvollziehbar sein.

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