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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1027: Entbindung durch Zange

17.12.2025
|
8
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
48.5
Regelhöchstsatz:
2.3
111.54
Höchstsatz:
3.5
169.73
Ausschlüsse:
GOÄ 1025, GOÄ 1026

GOÄ Ziffer 1027: Die formale Definition der Entbindung durch Zange

Die GOÄ-Ziffer 1027 beschreibt die „Entbindung durch Zange“. Diese Ziffer gehört zu den operativen geburtshilflichen Leistungen und kommt dann zur Anwendung, wenn eine vaginale Geburt aus medizinischen Gründen aktiv durch den Einsatz einer Geburtszange (Forceps) beendet werden muss. Es handelt sich hierbei um eine Maßnahme zur Beschleunigung der Austreibungsperiode, die eine hohe ärztliche Expertise und Erfahrung erfordert.

Die Leistungslegende ist kurz und präzise, ihr Anwendungsbereich jedoch klar definiert. Zerlegen wir die Leistung in ihre prüferlogischen Bestandteile:

  • Leistungsinhalt: Der Kern der Leistung ist die aktive Entwicklung des Kindes aus dem Geburtskanal mithilfe eines spezifischen Instruments, der Geburtszange. Dies umfasst die korrekte Anlage der Zangenlöffel am kindlichen Kopf und die anschließende, den Wehen angepasste Traktion.
  • Indikation: Die Anwendung ist ausschließlich bei Vorliegen einer medizinischen Notwendigkeit gerechtfertigt. Typische Gründe sind eine protrahierte Austreibungsperiode, mütterliche Erschöpfung oder Anzeichen von fetalem Stress, die eine schnelle Entbindung erfordern.
  • Abgrenzung: Die Ziffer 1027 ist klar von anderen Entbindungsarten abzugrenzen, insbesondere von der Spontangeburt, der Entbindung mittels Saugglocke (GOÄ 1025) oder dem Kaiserschnitt (GOÄ 1026).

Für die Abrechnung der GOÄ 1027 sind einige wesentliche, in den Kommentierungen und Abrechnungsbestimmungen verankerte Punkte zu beachten. Diese sind für eine korrekte und revisionssichere Rechnungsstellung unerlässlich.

Abrechnungshinweis: Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1027) der 1-fache Satz! Eine Steigerung des Honorars über den einfachen Gebührensatz hinaus ist hier nicht vorgesehen.

Abrechnungsausschluss: Neben Nr. 1027 sind folgende Nrn. nicht abrechnungsfähig: 1025 (Entbindung durch Saugglocke), 1026 (Entbindung durch Kaiserschnitt).

Diese formalen Vorgaben unterstreichen den spezifischen Charakter der Leistung und müssen im Praxisalltag strikt beachtet werden, um Beanstandungen durch Kostenträger zu vermeiden.

So wenden Sie die GOÄ 1027 im Praxisalltag korrekt an

Die Zangenentbindung ist eine hochspezialisierte ärztliche Leistung, die in kritischen geburtshilflichen Situationen zum Einsatz kommt. Die korrekte Abrechnung nach GOÄ 1027 erfordert daher nicht nur medizinisches, sondern auch gebührenrechtliches Fingerspitzengefühl. Wir zeigen Ihnen, wie Sie diese Ziffer prüfsicher in Ihrer Praxis anwenden.

Praxisbeispiele für die GOÄ 1027

In diesen typischen Szenarien ist der Ansatz der GOÄ 1027 angezeigt:

  • Szenario 1: Geburtsstillstand in der Austreibungsphase: Eine Erstgebärende befindet sich seit über zwei Stunden in der Austreibungsphase bei vollständig eröffnetem Muttermund. Trotz kräftiger Wehen und guter Pressleistung der Mutter kommt es zu keinem weiteren Tiefertreten des kindlichen Kopfes. Die kindlichen Herztöne sind stabil. Aufgrund der protrahierten Austreibungsperiode und beginnender mütterlicher Erschöpfung wird die Entscheidung zur vaginal-operativen Entbindung mittels Forceps getroffen.
  • Szenario 2: Fötale Hypoxie (Sauerstoffmangel): Während der späten Austreibungsphase zeigt das CTG wiederholt späte Dezelerationen, ein Warnzeichen für eine beginnende fetale Gefährdung. Der kindliche Kopf steht bereits tief im Becken. Um die Geburt schnellstmöglich zu beenden und eine weitere Belastung für das Kind zu vermeiden, wird eine Zangenentbindung durchgeführt.
  • Szenario 3: Mütterliche Erkrankung: Eine Schwangere mit einer bekannten kardiologischen Vorerkrankung soll in der Austreibungsphase körperlich entlastet werden. Um eine übermäßige Anstrengung durch das Pressen zu vermeiden, wird die Geburt nach Erreichen der Beckenmitte durch eine Zangenentbindung gezielt verkürzt.

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1027 ist der Versuch, die Ziffer zu steigern. Dies führt unweigerlich zu Kürzungen und Rückfragen.

Achtung – Fester Gebührensatz: Die GOÄ 1027 ist eine der wenigen Leistungen in der GOÄ, die einem festen Gebührensatz unterliegt. Sie ist ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abrechenbar. Jeglicher Steigerungsversuch, auch mit ausführlicher Begründung, ist unzulässig und wird von Kostenträgern konsequent gestrichen.

Ein weiterer Fehler ist die falsche Kombination von Ziffern. Die GOÄ 1027 beschreibt eine spezifische Art der Entbindung. Es ist logisch und gebührenrechtlich ausgeschlossen, für dieselbe Geburt gleichzeitig eine andere Entbindungsart abzurechnen.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist der Schlüssel zur Abwehr von Rückfragen. Sie muss die medizinische Notwendigkeit für den Eingriff unzweifelhaft belegen.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

  • Datum/Uhrzeit: 15.05.2023, 18:10 Uhr
  • Indikation: Sekundärer Geburtsstillstand in der Austreibungsphase (2 Std.) bei Beckenmitte, CTG mit variablen Dezelerationen.
  • Aufklärung: Patientin und Partner über die Notwendigkeit der vaginal-operativen Entbindung, Vorgehen, Risiken (maternal/fetal) und Alternativen (Sectio caesarea) aufgeklärt. Mündliches Einverständnis eingeholt.
  • Durchführung: Nach Anlage einer Pudendus-Anästhesie Einführen und korrekte Platzierung der Zange (z.B. Naegele-Zange). Probetraktion erfolgreich. Synchrone Traktion mit drei Wehen.
  • Ergebnis: Entwicklung eines lebenden Knaben um 18:25 Uhr. Apgar 8/9/10. Dammriss II°, Versorgung erfolgt gesondert.

Steigerung und sinnvolle Ziffernkombinationen

Steigerungsfähigkeit

Wie bereits betont: Eine Steigerung der GOÄ 1027 ist nicht möglich. Die Leistung ist im Gebührenverzeichnis als sogenannte „Festbetragsleistung“ deklariert, bei der der Gesetzgeber einen durchschnittlichen Aufwand bereits im hohen Punktwert berücksichtigt hat. Der abrechenbare Satz ist somit immer der 1,0-fache.

Typische Kombinationen

Die Zangenentbindung ist ein Eingriff im Rahmen des gesamten Geburtsvorgangs. Daher ist die Kombination mit Leistungen, die die Geburtsleitung beschreiben, nach herrschender Auffassung zulässig und sinnvoll.

Abrechnungsrelevanter Hinweis: Neben der Leistung nach Nr. 1027 kann jeweils eine Leistung nach der Nr. 1021 (Geburtshilfliche Untersuchung und Beratung bei einer Geburt) oder 1022 (Leitung einer normalen Geburt ...) zusätzlich abgerechnet werden.

Weitere mögliche und häufige Kombinationen sind:

  • GOÄ 600: Kardiotokographische Untersuchung (CTG) zur Überwachung des Kindes
  • GOÄ 1030: Dammschnitt (Episiotomie), falls medizinisch erforderlich
  • GOÄ 2007 ff.: Versorgung von Geburtsverletzungen (z.B. Dammriss II° nach GOÄ 2008)
  • GOÄ 483/484: Pudendusblockade zur Schmerzausschaltung

Abrechnungsausschlüsse

Die Ausschlüsse sind eindeutig und logisch. Für ein und dieselbe Geburt kann nur eine Entbindungsart abgerechnet werden.

  • GOÄ 1025: Entbindung durch Saugglocke (Vakuumextraktion)
  • GOÄ 1026: Entbindung durch Kaiserschnitt (Sectio caesarea)

Sollte ein Versuch der Zangenentbindung scheitern und anschließend ein Kaiserschnitt notwendig werden, so ist nach Kommentarlage nur diejenige Leistung abrechenbar, die tatsächlich zur Geburt des Kindes geführt hat – in diesem Fall also die GOÄ 1026.

Häufig gestellte Fragen

Warum darf ich die GOÄ 1027 nicht steigern, obwohl der Aufwand doch erheblich sein kann?

Die GOÄ 1027 gehört zu den sogenannten Festbetragsleistungen gemäß § 5 Abs. 1 GOÄ. Der Verordnungsgeber hat bei diesen Ziffern bereits in der Bewertung mit einer hohen Punktzahl einen überdurchschnittlichen Aufwand einkalkuliert. Man geht davon aus, dass der Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand bei einer Zangenentbindung per se hoch und wenig variabel ist. Daher wurde auf die Möglichkeit einer Steigerung verzichtet und ein fester 1,0-facher Satz festgelegt. Dies dient der Abrechnungsvereinfachung, schließt aber eine individuelle Honorierung eines Mehraufwands über den Faktor aus.

Kann ich die Leitung der Geburt (GOÄ 1022) abrechnen, auch wenn die Entbindung letztlich per Zange erfolgte?

Ja, das ist nach herrschender Kommentarlage korrekt und praxisüblich. Die GOÄ 1022 honoriert die Leitung der gesamten Geburt, also die Betreuung und Überwachung der Mutter und des Kindes über den gesamten Geburtsverlauf. Die GOÄ 1027 hingegen ist eine spezifische, operative Interventionsleistung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geburt notwendig wird. Beide Leistungen beschreiben unterschiedliche Aspekte des geburtshilflichen Managements und sind daher nebeneinander berechnungsfähig. Die GOÄ 1027 ersetzt nicht die GOÄ 1022, sondern ergänzt sie.

Ist die Versorgung von Geburtsverletzungen wie einem Dammschnitt in der GOÄ 1027 enthalten?

Nein, die Versorgung von Geburtsverletzungen ist nicht Bestandteil der GOÄ 1027. Die Ziffer 1027 deckt ausschließlich den Akt der Entwicklung des Kindes mittels Zange ab. Ein medizinisch notwendiger Dammschnitt (Episiotomie) kann separat mit der GOÄ 1030 abgerechnet werden. Die anschließende Naht eines Dammschnitts oder eines Dammrisses wird je nach Schweregrad ebenfalls zusätzlich berechnet, beispielsweise nach GOÄ 2007 (Dammriss I°) oder GOÄ 2008 (Dammriss II°). Eine sorgfältige Dokumentation der Verletzung und ihrer Versorgung ist für die separate Abrechnung unerlässlich.

Wir haben eine Zangenentbindung versucht, mussten dann aber doch einen Kaiserschnitt (GOÄ 1026) durchführen. Kann ich beides abrechnen?

Nein, in diesem Fall ist nur die Leistung abrechenbar, die letztendlich zur Geburt des Kindes geführt hat. Nach ständiger Kommentarlage und Rechtsprechung kann für eine Geburt nur eine finale Entbindungsziffer angesetzt werden. Wenn der Versuch einer Zangenentbindung abgebrochen und die Geburt per Kaiserschnitt (GOÄ 1026) beendet wird, ist ausschließlich die GOÄ 1026 berechnungsfähig. Der Versuch der Zangenentbindung gilt als Teil der Bemühungen, die in die erfolgreiche Entbindungsmethode münden, und kann nicht gesondert honoriert werden. Eine exakte Dokumentation des Geburtsverlaufs mit Begründung des Methodenwechsels ist hier besonders wichtig.

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