Die GOÄ-Ziffer 1032 beschreibt die „Schnittentbindung von der Scheide oder von den Bauchdecken aus“. Diese Ziffer bildet die gebührenrechtliche Grundlage für die Abrechnung eines Kaiserschnitts (Sectio caesarea) sowie der selteneren vaginalen Schnittentbindung.
Die Leistungslegende ist klar und umfasst den gesamten operativen Eingriff der Kindsentwicklung auf chirurgischem Wege. Analysiert man die Leistungsbestandteile, ergibt sich folgendes Bild:
Ein zentraler Punkt in der Auslegung dieser Ziffer, der immer wieder zu Diskussionen mit Kostenträgern führt, ist die Entfernung der Plazenta. Hierzu gibt es eine klare Positionierung der Bundesärztekammer, die für die Abrechnungspraxis maßgeblich ist:
„Die normale Entfernung der Plazenta durch Ziehen an der Nabelschnur oder Entfernung mit der Hand ist u. E. Bestandteil der Leistung nach Nr. 1032 und somit nach den Vorgaben des § 4 Abs. 2 der GOÄ nicht gesondert mit der Nr. 1041 berechenbar. Anders stellt sich die Situation bei unvollständiger Plazenta dar [...]. Die Entfernung der Plazentareste hat hier eine eigenständige Indikation, und somit ist in diesem Fall die Nr. 1041 neben der Nr. 1032 berechenbar.“
Diese Klarstellung ist entscheidend: Die routinemäßige Plazentalösung ist integraler Bestandteil der Schnittentbindung. Nur bei einer pathologischen Situation (Placenta incompleta) mit medizinischer Notwendigkeit zur Entfernung von Resten wird eine eigenständige, zusätzlich abrechenbare Leistung erbracht.
Die Schnittentbindung ist ein Standardeingriff in der Geburtshilfe, doch die Abrechnung nach GOÄ 1032 birgt Tücken, die zu Honorarkürzungen führen können. Entscheidend sind die korrekte Einordnung der Leistung und die saubere Abgrenzung zu anderen Ziffern, insbesondere der GOÄ 1041.
Der häufigste Fehler in der Praxis ist die routinemäßige Kombination der GOÄ 1032 mit der GOÄ 1041 (Entfernung von Plazentaresten). Wie im Kommentar der Bundesärztekammer klargestellt, ist die normale Plazentaentfernung Bestandteil der Sectio. Die GOÄ 1041 darf nur bei einer pathologisch unvollständigen Plazenta angesetzt werden. Eine solche Diagnose muss klar und nachvollziehbar dokumentiert sein, da Kostenträger hier bei auffälliger Häufung gezielt nachfragen.
Abrechnungsrelevanter Hinweis: Die GOÄ 1032 ist eine Leistung aus dem technischen Abschnitt H der GOÄ. Für diese Leistung ist der 1-fache Satz festgelegt. Eine Steigerung des Faktors ist nicht möglich, auch nicht bei erschwerten Bedingungen. Der operative Mehraufwand muss über andere, steigerungsfähige Ziffern abgebildet werden.
Um die zusätzliche Berechnung der GOÄ 1041 bei einer unvollständigen Plazenta zu rechtfertigen, ist eine präzise Dokumentation im OP-Bericht unerlässlich. Diese sollte den pathologischen Befund und die daraus resultierende medizinische Notwendigkeit klar belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
"[...] Nach Entwicklung des Kindes Versuch der Plazentalösung durch kontrollierten Zug an der Nabelschnur. Plazenta löst sich nur unvollständig. Bei Inspektion der Plazenta nach manueller Lösung zeigt sich ein ca. 3x4 cm großer Kotyledonendefekt am mütterlichen Rand. Aufgrund des dringenden Verdachts auf Plazentaretention erfolgt die manuelle Nachtastung des Cavum uteri mit Entfernung von signifikantem Plazentagewebe mittels stumpfer Kürettage. Abschließende Kontrolle bestätigt die vollständige Entleerung des Uterus. Diagnose: Placenta incompleta."
Nein, die GOÄ 1032 ist nicht steigerungsfähig. Als Leistung des Abschnitts H unterliegt sie dem einfachen Gebührensatz. Der persönliche ärztliche Aufwand kann hier nicht über einen Faktor abgebildet werden.
Die GOÄ 1032 wird in der Regel mit weiteren Ziffern kombiniert, die den gesamten Behandlungsfall abbilden:
Neben der GOÄ 1032 sind andere geburtshilfliche Entbindungsziffern für dasselbe Kind ausgeschlossen. Dies ist medizinisch-logisch, da nur eine Methode zur Geburt führen kann.
Achtung: Die GOÄ-Ziffern 1022 (Zangenentbindung) und 1030 (Entbindung durch Manualextraktion am Beckenende) sind neben der GOÄ 1032 für dieselbe Entbindung nicht berechnungsfähig.
Nach herrschender Auffassung und Kommentierung der Bundesärztekammer ist die normale, unkomplizierte Entfernung der Plazenta integraler Bestandteil der Leistung nach GOÄ 1032. Dies umfasst die Lösung durch kontrollierten Zug an der Nabelschnur (Credé-Handgriff) oder die einfache manuelle Lösung. Eine gesonderte Berechnung ist hierfür nicht zulässig. Nur wenn eine pathologische Situation wie eine unvollständige Plazenta (Placenta incompleta) vorliegt, entsteht eine neue, eigenständige medizinische Indikation. Die dann notwendige Entfernung der Plazentareste kann als separate Leistung nach GOÄ 1041 abgerechnet werden.
Eine revisionssichere Dokumentation ist der Schlüssel zur Anerkennung der GOÄ 1041 neben der GOÄ 1032. Der OP-Bericht sollte den Befund unzweideutig beschreiben. Führen Sie konkret auf, warum die Plazenta als unvollständig bewertet wurde (z.B. „makroskopisch sichtbarer Kotyledonendefekt“). Beschreiben Sie die daraufhin durchgeführte Maßnahme (z.B. „manuelle Nachtastung und Kürettage zur Bergung von Plazentaresten“). Eine klare Kausalkette von pathologischem Befund über medizinische Notwendigkeit zur therapeutischen Maßnahme ist für Kostenträger am überzeugendsten.
Nein, die GOÄ 1032 ist eine Leistung aus dem Abschnitt H („Gebühren für technische Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt“) und unterliegt dem einfachen Gebührensatz. Eine Steigerung des Faktors über 1,0 ist daher nicht möglich. Ein erhöhter Zeitaufwand oder besondere Schwierigkeiten während der Operation können nicht über einen Steigerungsfaktor der GOÄ 1032 abgebildet werden. Der Mehraufwand muss über andere, steigerungsfähige ärztliche Leistungen (z.B. Beratungen, Untersuchungen, anästhesiologische Leistungen) oder durch die korrekte Anwendung von Zuschlägen geltend gemacht werden.
Die Abrechnungsausschlüsse sind medizinisch-logisch begründet. Sowohl die GOÄ 1032 (Schnittentbindung) als auch die GOÄ 1030 (Entbindung durch Manualextraktion am Beckenende) beschreiben jeweils eine vollständige Methode der Kindsentwicklung. Ein Kind kann nur auf eine Weise entbunden werden. Es ist nicht möglich, dasselbe Kind sowohl per Kaiserschnitt als auch durch eine manuelle Extraktion zur Welt zu bringen. Daher schließen sich diese Leistungsziffern gegenseitig aus. Gleiches gilt für die GOÄ 1022 (Zangenentbindung) oder die GOÄ 1023 (Entbindung durch Vakuumextraktion).