Die GOÄ-Ziffer 1045 beschreibt die operative Versorgung einer schweren Geburtsverletzung, der „Naht eines vollkommenen Dammrisses (III. Grades)“. Diese Leistung ist im Abschnitt H (Chirurgie, Orthopädie) der Gebührenordnung für Ärzte verortet, obwohl sie in der Praxis fast ausschließlich im geburtshilflichen Kontext der Gynäkologie zur Anwendung kommt.
Die Leistungslegende der Ziffer 1045 lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen, um die Anforderungen an die Abrechnung präzise zu verstehen:
Die korrekte Klassifizierung des Risses ist somit die Grundlage für die Abrechnungsfähigkeit dieser Ziffer. Die GOÄ trifft hierzu eine klare Abgrenzung zur Versorgung einfacherer Verletzungen.
Laut der amtlichen Gebührenordnung gilt folgender Ausschluss: „Neben der Leistung nach Nummer 1045 ist die Leistung nach Nummer 1044 [Naht eines unvollkommenen Dammrisses] nicht berechnungsfähig.“
Dieser offizielle Hinweis unterstreicht, dass nur eine der beiden Ziffern für die Dammrissversorgung angesetzt werden kann, abhängig vom festgestellten Schweregrad der Verletzung. Die GOÄ 1045 stellt dabei die höher bewertete und komplexere Leistung dar.
Die Versorgung eines Dammrisses III. Grades ist ein anspruchsvoller Eingriff, der höchste Konzentration und chirurgisches Geschick erfordert. Die korrekte Abrechnung nach GOÄ 1045 ist dabei ebenso wichtig, um die erbrachte Leistung adäquat abzubilden und Rückfragen von Kostenträgern von vornherein zu vermeiden. Hier erfahren Sie, wie Sie diese Ziffer revisionssicher anwenden.
In folgenden typischen geburtshilflichen Situationen kommt die GOÄ 1045 zur Anwendung:
Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1045 ist der Versuch, die Ziffer zu steigern. Ein weiterer kritischer Punkt ist die unzulässige Kombination mit anderen Ziffern, deren Leistungsinhalt bereits durch die GOÄ 1045 abgedeckt ist.
Achtung – Fester Gebührensatz: Die GOÄ 1045 ist eine sogenannte „feste Gebühr“. Das bedeutet, sie ist nicht steigerungsfähig und muss immer mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Der hohe Punktwert der Ziffer trägt dem durchschnittlichen Aufwand bereits pauschal Rechnung. Eine Begründung für einen höheren Faktor ist hier unwirksam und führt unweigerlich zu Beanstandungen.
Achtung – Abrechnungsausschlüsse: Neben der GOÄ 1045 sind folgende Ziffern für dieselbe Sitzung nicht berechnungsfähig, da ihre Leistungen als integraler Bestandteil der Dammrissversorgung gelten:
- GOÄ 1044: Naht eines unvollkommenen Dammrisses (logischer Ausschluss, da geringere Leistung).
- GOÄ 1121: Episiotomie und Naht (die Versorgung der Episiotomie ist in der Naht des umfassenderen Risses enthalten).
- GOÄ 3219: Naht eines Risses des Analsphinkters (die Sphinkternaht ist definitionsgemäß der Kern der Leistung nach GOÄ 1045).
Eine präzise Dokumentation ist der Schlüssel zur Abwehr von Rückfragen. Der Befund muss die Klassifizierung als Dammriss III. Grades zweifelsfrei belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Datum/Uhrzeit: [Datum], [Uhrzeit]
Befund: Dammriss III. Grades nach Spontangeburt. Inspektion zeigt Riss der Dammhaut, der tiefen Dammuskulatur sowie eine vollständige Ruptur des M. sphincter ani externus. Rektumschleimhaut intakt.
Maßnahme: Versorgung in [Anästhesieart]. Schichtweise Rekonstruktion des Analsphinkters mit [Nahtmaterial], gefolgt von der Naht der Dammuskulatur und Haut.
Ergebnis: Anatomisch korrekte Rekonstruktion, gute Adaptation der Wundränder.
Wie bereits erwähnt, ist die GOÄ 1045 nicht steigerungsfähig. Der Ansatz eines Faktors über 1,0 ist unzulässig und wird von allen Kostenträgern (PKV, Beihilfe) korrigiert.
Obwohl die Leistung selbst klar abgegrenzt ist, können je nach Behandlungssituation weitere Ziffern hinzutreten:
Die GOÄ 1045 stellt eine Ausnahme in der Gebührenordnung dar. Sie ist als sogenannte „feste Gebühr“ konzipiert und nicht als „Honorar“. Das bedeutet, der Verordnungsgeber hat den durchschnittlichen Aufwand, die Schwierigkeit und den Zeitaufwand bereits in die hohe Punktzahl der Ziffer eingerechnet. Ein individueller Mehraufwand kann daher nicht über einen Steigerungsfaktor abgebildet werden. Der Ansatz ist für alle Kostenträger und Behandlungsfälle verbindlich auf den 1,0-fachen Satz festgelegt. Jeder Versuch einer Steigerung wird von den Prüfstellen der PKV und Beihilfe konsequent gestrichen.
Nein, eine Kombination der GOÄ 1121 (Episiotomie und Naht) und der GOÄ 1045 ist nicht zulässig. Hier greift das Zielleistungsprinzip. Die Versorgung des Dammrisses III. Grades ist die umfassendere und höher bewertete Leistung. Sie schließt die Versorgung der Episiotomie-Wunde logisch mit ein, da diese Teil des gesamten Wundgebietes ist. Die separate Abrechnung der Episiotomie-Versorgung würde eine unzulässige Doppelberechnung eines Teils der Gesamtleistung darstellen und wird von Kostenträgern regelmäßig beanstandet.
Für die ambulante Durchführung der Leistung nach GOÄ 1045 ist in der Regel der Zuschlag nach GOÄ 444 berechnungsfähig. Dieser Zuschlag ist für ambulante Operationen aus dem Ziffernbereich 1004 bis 1156 vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Operation in der Praxis oder in einer anderen Einrichtung durchgeführt wird, die die Kriterien für ambulantes Operieren erfüllt. Dieser abrechnungsrelevante Hinweis ist besonders wichtig, da der Zuschlag die zusätzlichen Kosten für die Infrastruktur (z.B. Operationsraum, Sterilisation, Personal) abdeckt und nicht vergessen werden sollte.
Der Ausschluss der GOÄ 3219 neben der GOÄ 1045 ist in der Definition der Leistung selbst begründet. Ein Dammriss III. Grades ist medizinisch dadurch charakterisiert, dass der Analsphinkter verletzt ist. Die operative Versorgung dieses Risses – also die Naht des Schließmuskels – ist somit der zentrale und namensgebende Bestandteil der Leistung nach GOÄ 1045. Die GOÄ 3219 würde exakt dieselbe ärztliche Tätigkeit beschreiben. Eine zusätzliche Abrechnung wäre eine Doppelhonorierung für ein und dieselbe Handlung und ist daher nach den allgemeinen Grundsätzen der GOÄ ausgeschlossen.