Die GOÄ-Ziffer 1050 beschreibt die „Instrumentale Einleitung einer Geburt oder Fehlgeburt, als selbständige Leistung“. Diese Ziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe und Urologie bei der Frau) der Gebührenordnung für Ärzte verortet und deckt einen spezifischen interventionellen Akt ab.
Die Leistungslegende lässt sich in drei zentrale Bestandteile zerlegen, die für eine korrekte Abrechnung verstanden werden müssen:
Ein zentraler Punkt bei der Abrechnung der GOÄ 1050 ist der Gebührensatz. Unabhängig vom Kostenträger oder der Komplexität des Falles gilt: Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung der 1-fache Satz! Eine Steigerung des Faktors ist bei dieser Ziffer nicht vorgesehen.
Die Ziffer 1050 ist als technische Leistung konzipiert, deren Bewertung den durchschnittlichen Aufwand widerspiegelt. Die korrekte Anwendung und Abgrenzung zu anderen geburtshilflichen Leistungen ist für eine revisionssichere Abrechnung unerlässlich.
Die theoretische Definition der GOÄ 1050 ist das eine, die sichere Anwendung im hektischen Klinik- oder Praxisalltag das andere. Dieser Abschnitt übersetzt die Vorschrift in konkrete Handlungsempfehlungen und zeigt, wo die häufigsten Fallstricke lauern.
In den folgenden Szenarien ist der Ansatz der GOÄ 1050 in der Praxis häufig und nach herrschender Auffassung korrekt:
Die GOÄ 1050 birgt trotz ihrer scheinbaren Einfachheit einige Quellen für Abrechnungsfehler, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können.
Achtung – Abrechnungsausschluss: Die GOÄ 1050 ist explizit nicht neben den Ziffern 1020 (Eröffnung des Muttermundes...), 1025-1027 (Entfernung von Fremdkörpern/Polypen), 1052 (Entfernung einer Spirale), 1055 (Kürettage), 1056 (Saugkürettage), 1060 (Leitung einer Geburt) und 1096 (Entfernung von zurückgebliebenen Resten) berechnungsfähig.
Der häufigste Fehler ist die falsche Interpretation des Zusatzes „als selbständige Leistung“. Wird beispielsweise der Muttermund instrumentell gedehnt (was GOÄ 1050 entsprechen könnte) und unmittelbar danach in derselben Sitzung eine Kürettage (GOÄ 1055) durchgeführt, ist die Dehnung als vorbereitender Teilschritt der Kürettage anzusehen und nicht separat berechnungsfähig. Die GOÄ 1055 beinhaltet diese Vorbereitung bereits.
Die GOÄ 1050 ist eine der wenigen Ziffern, bei der es keinen Spielraum gibt: Sie ist nicht steigerbar. Die Abrechnung hat zwingend mit dem 1,0-fachen Satz zu erfolgen. Begründungen für einen erhöhten Zeitaufwand oder besondere Schwierigkeiten werden von den Kostenträgern nicht anerkannt, da es sich um eine rein technische Leistung mit einem festen Gebührenrahmen handelt.
Obwohl die GOÄ 1050 viele geburtshilfliche Leistungen ausschließt, kann sie sinnvoll mit anderen Ziffern kombiniert werden, sofern diese andere Leistungen abbilden:
Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist Ihr bester Schutz gegen Rückfragen und Kürzungen. Sie muss den Prüfern von PKV und Beihilfe auf den ersten Blick die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Durchführung belegen.
Praxisbewährter Dokumentationshinweis: Ihre Dokumentation sollte immer die drei „I“s abdecken: Indikation, Instrument und Intervention.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Datum/Uhrzeit: 15.08.2023 / 09:30 Uhr
Indikation: Terminüberschreitung (41+2 SSW), Zervix unreif (Bishop-Score 3). Aufklärung über Risiken und Alternativen erfolgt.
Intervention: Nach Desinfektion Einlage eines Cook-Doppelballonkatheters zur mechanischen Zervixdilatation.
Instrument: Cook-Katheter.
Ergebnis: Katheter liegt korrekt, Patientin wohlauf. CTG unauffällig. Stationäre Überwachung eingeleitet.
Der Begriff „instrumentell“ bedeutet, dass zur Einleitung der Geburt oder Fehlgeburt ein medizinisches Instrument aktiv eingesetzt werden muss. Dies geht über die reine Gabe von Medikamenten hinaus. Beispiele sind das Einlegen eines Ballonkatheters, die Verwendung von Dilatatoren (z.B. Hegarstifte) oder die Applikation eines Medikamententrägers mit einem speziellen Applikator.
Die Leistung ist „selbständig“, wenn sie einen eigenständigen Behandlungsschritt darstellt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn zwischen der Einleitung und der eigentlichen Geburt oder dem Folgeeingriff (z.B. Kürettage) ein relevanter zeitlicher Abstand liegt, beispielsweise wenn die Einleitung an einem Tag und der Haupteingriff am Folgetag stattfindet. Erfolgt die Einleitung als unmittelbare Vorbereitung in derselben Sitzung wie die Hauptleistung, gilt sie als deren Bestandteil und ist nicht separat nach GOÄ 1050 berechnungsfähig.
Diese Frage hängt entscheidend von der Art der Applikation ab. Wird das Gel lediglich manuell oder mit einer einfachen Spritze in die Scheide eingebracht, ist der Tatbestand der „instrumentellen“ Einleitung nach herrschender Meinung nicht erfüllt. Diese Maßnahme wäre dann Teil der allgemeinen geburtshilflichen Betreuung.
Wenn jedoch für die gezielte Applikation des Gels tief in den Zervikalkanal ein spezieller Applikator oder Katheter (also ein Instrument) erforderlich ist, kann die Abrechnung der GOÄ 1050 gerechtfertigt sein. Eine präzise Dokumentation des verwendeten Instruments ist in diesem Fall unerlässlich, um die Abrechnung gegenüber Kostenträgern zu begründen.
Die GOÄ 1050 ist im Gebührenverzeichnis als sogenannte „technische Leistung“ klassifiziert. Im Gegensatz zu persönlichen ärztlichen Leistungen (wie z.B. Beratungen oder komplexe Operationen), bei denen der individuelle Zeitaufwand, die Schwierigkeit oder die Umstände durch eine Steigerung des Faktors abgebildet werden können, hat der Verordnungsgeber für solche technischen Leistungen einen festen Gebührenrahmen vorgesehen. Dieser ist auf den 1,0-fachen Satz festgelegt. Eine Steigerung ist daher rechtlich ausgeschlossen, auch wenn der individuelle Fall kompliziert oder zeitaufwendig war. Die Gebühr deckt den durchschnittlich zu erwartenden Aufwand für die Durchführung ab.
Nein, die GOÄ 1050 und die GOÄ 1060 schließen sich gegenseitig aus. Die GOÄ-Logik trennt hier klar zwei Phasen: Die Einleitung der Geburt (GOÄ 1050) und die Leitung der bereits begonnenen Geburt (GOÄ 1060). Sie können nicht für denselben Geburtsvorgang beide Ziffern ansetzen. Die GOÄ 1060 umfasst die gesamte Betreuung während des Geburtsvorgangs bis zum Ende der Nachgeburtsperiode. Die Einleitung ist in diesem Fall als Beginn dieses Prozesses zu sehen. Findet die Einleitung (GOÄ 1050) jedoch an einem Tag statt und die eigentliche, aktive Geburtsleitung (GOÄ 1060) beginnt erst am darauffolgenden Tag, ist nach gängiger Kommentarlage die Abrechnung beider Ziffern möglich, da es sich um separate Leistungstage handelt.