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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1050: Instrumentale Einleitung einer Geburt oder Fehlgeburt, als selbständige Leistung

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
17.25
Regelhöchstsatz:
2.3
39.68
Höchstsatz:
3.5
60.39
Ausschlüsse:
1020, 1025, 1026, 1027, 1052, 1055, 1056, 1060, 1096

GOÄ 1050: Die formale Definition

Die GOÄ-Ziffer 1050 beschreibt die „Instrumentale Einleitung einer Geburt oder Fehlgeburt, als selbständige Leistung“. Diese Ziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe und Urologie bei der Frau) der Gebührenordnung für Ärzte verortet und deckt einen spezifischen interventionellen Akt ab.

Die Leistungslegende lässt sich in drei zentrale Bestandteile zerlegen, die für eine korrekte Abrechnung verstanden werden müssen:

  • Instrumentale Einleitung: Dies ist der Kern der Leistung. Es bedeutet, dass die Einleitung nicht allein medikamentös (z.B. durch orale Tablettengabe), sondern unter Zuhilfenahme von Instrumenten erfolgt. Hierzu zählen beispielsweise das Einlegen eines Ballonkatheters, die Anwendung von Dilatatoren (z.B. Hegarstifte) oder die Applikation von Medikamententrägern (z.B. Zervixbänder) in den Gebärmutterhals. Die bloße Gabe einer Tablette erfüllt diesen Leistungsinhalt nicht.
  • einer Geburt oder Fehlgeburt: Die Ziffer ist auf zwei klar definierte medizinische Szenarien anwendbar: die gezielte Initiierung des Geburtsvorgangs am Termin oder bei medizinischer Notwendigkeit sowie die Einleitung eines Abgangs bei einer festgestellten Fehlgeburt (z.B. Missed Abortion).
  • als selbständige Leistung: Dieser Zusatz ist entscheidend. Die instrumentelle Einleitung muss einen eigenständigen Behandlungsschritt darstellen und darf nicht lediglich eine unselbstständige Vorbereitungshandlung für eine andere, im selben Eingriff erfolgende Hauptleistung sein. Wenn die Einleitung beispielsweise unmittelbar vor einer Kürettage in derselben Sitzung stattfindet, ist sie oft als Teil dieser Hauptleistung zu werten und nicht gesondert berechnungsfähig.

Ein zentraler Punkt bei der Abrechnung der GOÄ 1050 ist der Gebührensatz. Unabhängig vom Kostenträger oder der Komplexität des Falles gilt: Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung der 1-fache Satz! Eine Steigerung des Faktors ist bei dieser Ziffer nicht vorgesehen.

Die Ziffer 1050 ist als technische Leistung konzipiert, deren Bewertung den durchschnittlichen Aufwand widerspiegelt. Die korrekte Anwendung und Abgrenzung zu anderen geburtshilflichen Leistungen ist für eine revisionssichere Abrechnung unerlässlich.

Die GOÄ 1050 im Praxisalltag

Die theoretische Definition der GOÄ 1050 ist das eine, die sichere Anwendung im hektischen Klinik- oder Praxisalltag das andere. Dieser Abschnitt übersetzt die Vorschrift in konkrete Handlungsempfehlungen und zeigt, wo die häufigsten Fallstricke lauern.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 1050

In den folgenden Szenarien ist der Ansatz der GOÄ 1050 in der Praxis häufig und nach herrschender Auffassung korrekt:

  • Geburtseinleitung bei Terminüberschreitung: Eine Patientin in der 41+3 SSW wird zur Geburtseinleitung aufgenommen. Es wird ein Ballonkatheter (z.B. Cook-Katheter) zur mechanischen Dilatation des Muttermundes eingelegt. Das Einlegen des Katheters ist die instrumentelle Einleitung und wird mit GOÄ 1050 abgerechnet.
  • Einleitung bei Missed Abortion: Bei einer Patientin wird in der 10. SSW eine Missed Abortion diagnostiziert. Zur Vorbereitung der geplanten Saugkürettage am Folgetag werden am Vortag osmotische Dilatatoren (Laminariastifte) in den Zervikalkanal eingelegt. Da dies eine selbstständige Leistung an einem separaten Tag ist, kann die GOÄ 1050 angesetzt werden.
  • Medikamentöse Einleitung mit instrumenteller Applikation: Zur Geburtseinleitung wird ein Prostaglandin-haltiges Vaginalinsert (z.B. Propess®) tief in den hinteren Scheidengewölbe platziert. Da hierfür ein spezieller Applikator (Instrument) notwendig ist, um die korrekte Positionierung sicherzustellen, ist der Tatbestand der „instrumentellen Einleitung“ nach gängiger Kommentarlage erfüllt.
  • Einleitung aus medizinischer Indikation: Bei einer Patientin mit Präeklampsie in der 38. SSW wird die Geburt durch eine Amniotomie (instrumentelle Eröffnung der Fruchtblase) eingeleitet. Die Amniotomie selbst ist eine instrumentelle Handlung und kann, wenn sie der primäre einleitende Akt ist, die Abrechnung der GOÄ 1050 rechtfertigen.

Häufige Fehler & Ausschlusskriterien in der Praxis

Die GOÄ 1050 birgt trotz ihrer scheinbaren Einfachheit einige Quellen für Abrechnungsfehler, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können.

Achtung – Abrechnungsausschluss: Die GOÄ 1050 ist explizit nicht neben den Ziffern 1020 (Eröffnung des Muttermundes...), 1025-1027 (Entfernung von Fremdkörpern/Polypen), 1052 (Entfernung einer Spirale), 1055 (Kürettage), 1056 (Saugkürettage), 1060 (Leitung einer Geburt) und 1096 (Entfernung von zurückgebliebenen Resten) berechnungsfähig.

Der häufigste Fehler ist die falsche Interpretation des Zusatzes „als selbständige Leistung“. Wird beispielsweise der Muttermund instrumentell gedehnt (was GOÄ 1050 entsprechen könnte) und unmittelbar danach in derselben Sitzung eine Kürettage (GOÄ 1055) durchgeführt, ist die Dehnung als vorbereitender Teilschritt der Kürettage anzusehen und nicht separat berechnungsfähig. Die GOÄ 1055 beinhaltet diese Vorbereitung bereits.

Abrechnungshinweise: Steigerung und sinnvolle Kombinationen

Steigerungsfaktor: Eine klare Regel

Die GOÄ 1050 ist eine der wenigen Ziffern, bei der es keinen Spielraum gibt: Sie ist nicht steigerbar. Die Abrechnung hat zwingend mit dem 1,0-fachen Satz zu erfolgen. Begründungen für einen erhöhten Zeitaufwand oder besondere Schwierigkeiten werden von den Kostenträgern nicht anerkannt, da es sich um eine rein technische Leistung mit einem festen Gebührenrahmen handelt.

Typische und zulässige Ziffernkombinationen

Obwohl die GOÄ 1050 viele geburtshilfliche Leistungen ausschließt, kann sie sinnvoll mit anderen Ziffern kombiniert werden, sofern diese andere Leistungen abbilden:

  • Beratungen (z.B. GOÄ 1, 3): Eine ausführliche Beratung über die Notwendigkeit und die Risiken der Einleitung ist selbstverständlich separat abrechenbar.
  • Ultraschalluntersuchungen (z.B. GOÄ 415, 420): Eine sonographische Kontrolle der Kindslage oder des Zervixzustandes vor oder nach der Einlage des Instruments ist eine eigenständige diagnostische Maßnahme.
  • CTG (GOÄ 1010): Die Überwachung der kindlichen Herztöne vor, während oder nach der Einleitung ist eine separate Leistung und kann neben der GOÄ 1050 abgerechnet werden.

Dokumentation: Revisionssicher und nachvollziehbar

Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist Ihr bester Schutz gegen Rückfragen und Kürzungen. Sie muss den Prüfern von PKV und Beihilfe auf den ersten Blick die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Durchführung belegen.

Praxisbewährter Dokumentationshinweis: Ihre Dokumentation sollte immer die drei „I“s abdecken: Indikation, Instrument und Intervention.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

Datum/Uhrzeit: 15.08.2023 / 09:30 Uhr
Indikation: Terminüberschreitung (41+2 SSW), Zervix unreif (Bishop-Score 3). Aufklärung über Risiken und Alternativen erfolgt.
Intervention: Nach Desinfektion Einlage eines Cook-Doppelballonkatheters zur mechanischen Zervixdilatation.
Instrument: Cook-Katheter.
Ergebnis: Katheter liegt korrekt, Patientin wohlauf. CTG unauffällig. Stationäre Überwachung eingeleitet.

Häufig gestellte Fragen

Was genau bedeutet 'instrumentell' bei der GOÄ 1050 und wann ist die Leistung 'selbständig'?

Der Begriff „instrumentell“ bedeutet, dass zur Einleitung der Geburt oder Fehlgeburt ein medizinisches Instrument aktiv eingesetzt werden muss. Dies geht über die reine Gabe von Medikamenten hinaus. Beispiele sind das Einlegen eines Ballonkatheters, die Verwendung von Dilatatoren (z.B. Hegarstifte) oder die Applikation eines Medikamententrägers mit einem speziellen Applikator.

Die Leistung ist „selbständig“, wenn sie einen eigenständigen Behandlungsschritt darstellt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn zwischen der Einleitung und der eigentlichen Geburt oder dem Folgeeingriff (z.B. Kürettage) ein relevanter zeitlicher Abstand liegt, beispielsweise wenn die Einleitung an einem Tag und der Haupteingriff am Folgetag stattfindet. Erfolgt die Einleitung als unmittelbare Vorbereitung in derselben Sitzung wie die Hauptleistung, gilt sie als deren Bestandteil und ist nicht separat nach GOÄ 1050 berechnungsfähig.

Darf ich die GOÄ 1050 auch abrechnen, wenn ich zur Einleitung nur ein Prostaglandin-Gel appliziere?

Diese Frage hängt entscheidend von der Art der Applikation ab. Wird das Gel lediglich manuell oder mit einer einfachen Spritze in die Scheide eingebracht, ist der Tatbestand der „instrumentellen“ Einleitung nach herrschender Meinung nicht erfüllt. Diese Maßnahme wäre dann Teil der allgemeinen geburtshilflichen Betreuung.

Wenn jedoch für die gezielte Applikation des Gels tief in den Zervikalkanal ein spezieller Applikator oder Katheter (also ein Instrument) erforderlich ist, kann die Abrechnung der GOÄ 1050 gerechtfertigt sein. Eine präzise Dokumentation des verwendeten Instruments ist in diesem Fall unerlässlich, um die Abrechnung gegenüber Kostenträgern zu begründen.

Warum darf die GOÄ 1050 nicht gesteigert werden, obwohl der Aufwand manchmal sehr hoch ist?

Die GOÄ 1050 ist im Gebührenverzeichnis als sogenannte „technische Leistung“ klassifiziert. Im Gegensatz zu persönlichen ärztlichen Leistungen (wie z.B. Beratungen oder komplexe Operationen), bei denen der individuelle Zeitaufwand, die Schwierigkeit oder die Umstände durch eine Steigerung des Faktors abgebildet werden können, hat der Verordnungsgeber für solche technischen Leistungen einen festen Gebührenrahmen vorgesehen. Dieser ist auf den 1,0-fachen Satz festgelegt. Eine Steigerung ist daher rechtlich ausgeschlossen, auch wenn der individuelle Fall kompliziert oder zeitaufwendig war. Die Gebühr deckt den durchschnittlich zu erwartenden Aufwand für die Durchführung ab.

Die Geburt wurde mit GOÄ 1050 eingeleitet. Kann ich für die anschließende Betreuung die GOÄ 1060 (Leitung einer Geburt) abrechnen?

Nein, die GOÄ 1050 und die GOÄ 1060 schließen sich gegenseitig aus. Die GOÄ-Logik trennt hier klar zwei Phasen: Die Einleitung der Geburt (GOÄ 1050) und die Leitung der bereits begonnenen Geburt (GOÄ 1060). Sie können nicht für denselben Geburtsvorgang beide Ziffern ansetzen. Die GOÄ 1060 umfasst die gesamte Betreuung während des Geburtsvorgangs bis zum Ende der Nachgeburtsperiode. Die Einleitung ist in diesem Fall als Beginn dieses Prozesses zu sehen. Findet die Einleitung (GOÄ 1050) jedoch an einem Tag statt und die eigentliche, aktive Geburtsleitung (GOÄ 1060) beginnt erst am darauffolgenden Tag, ist nach gängiger Kommentarlage die Abrechnung beider Ziffern möglich, da es sich um separate Leistungstage handelt.

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