Die GOÄ-Ziffer 1051 ist im Abschnitt H (Geburtshilfe und Gynäkologie) der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verortet und trägt die offizielle Leistungslegende: „Beistand bei einer Fehlgeburt ohne operative Hilfe“. Diese Ziffer honoriert die intensive und zeitaufwendige ärztliche Betreuung während eines Spontanaborts, der ohne chirurgische Intervention verläuft.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen, die für eine korrekte Abrechnung erfüllt sein müssen:
Ein zentraler und in der Praxis absolut zu beachtender Punkt betrifft den Gebührensatz dieser Leistung. Nach herrschender Kommentarlage und gängiger Praxis der Kostenträger handelt es sich hierbei um eine Festgebühr.
Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1051) der 1-fache Satz!
Diese Besonderheit bedeutet, dass eine Steigerung des Honorars über den einfachen Satz hinaus – auch bei außergewöhnlichem Zeitaufwand oder besonderen Schwierigkeiten – nicht vorgesehen und nicht durchsetzbar ist. Die hohe Punktzahl der Ziffer trägt dem per se hohen Aufwand bereits Rechnung.
Die Abrechnung der GOÄ 1051 erfordert Fingerspitzengefühl und eine präzise Dokumentation. Sie kommt in einer für die Patientin extrem belastenden Situation zum Einsatz, was die ärztliche Leistung umso anspruchsvoller macht. Hier erfahren Sie, wie Sie diese Ziffer revisionssicher anwenden.
In diesen Szenarien ist der Ansatz der Ziffer 1051 nach gängiger Auffassung gerechtfertigt:
Die häufigsten Beanstandungen durch Kostenträger resultieren aus Missverständnissen bezüglich des Leistungsinhalts und der formalen Vorgaben:
Wichtiger Warnhinweis: Die GOÄ 1051 ist nicht neben operativen Leistungen zur Ausräumung der Gebärmutter (z. B. GOÄ 1086 - Ausräumung der Gebärmutterhöhle bei Fehlgeburt) für dasselbe Ereignis abrechenbar. Die Leistungslegende „ohne operative Hilfe“ stellt einen klaren Ausschluss dar.
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist Ihre beste Absicherung gegen Rückfragen. Sie sollte mindestens die folgenden Punkte umfassen, um den Charakter des Beistands zu belegen:
Beispiel für einen Dokumentationseintrag:
Datum: 24.05.2023
Beginn des Beistands: 14:10 Uhr
Ende des Beistands: 16:30 Uhr
Anlass: Spontanabort bei Z.n. sonographisch gesicherter intakter Gravidität 8+2 SSW. Patientin wünscht konservatives Vorgehen.
Maßnahmen: Kontinuierliche Anwesenheit, Überwachung von Blutdruck, Puls und Blutungsstärke alle 15 Min. Psychische Betreuung und Aufklärung. Gabe von Spasmofen i.m. um 14:45 Uhr.
Ergebnis: Vollständiger Abgang des Fruchtsacks um 16:15 Uhr. Patientin kreislaufstabil, Blutung deutlich rückläufig. Abschließende Beratung und Entlassung mit Notfallinstruktionen.
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 1051 ausgeschlossen. Es handelt sich um eine der wenigen Leistungen in der GOÄ, für die zwingend der 1,0-fache Satz gilt. Der hohe Aufwand der Leistung ist bereits in der Bewertungszahl berücksichtigt.
Die GOÄ 1051 ist eine isolierte Betreuungsleistung, die jedoch von anderen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen begleitet werden kann. Nach Kommentarlage ist die Kombination mit folgenden Ziffern in der Praxis häufig und plausibel:
Die GOÄ definiert keine exakte Mindestdauer für den Beistand nach Ziffer 1051. Der Begriff „Beistand“ impliziert jedoch eine anhaltende und kontinuierliche persönliche Anwesenheit des Arztes über einen relevanten Zeitraum. Eine Anwesenheit von nur wenigen Minuten würde diesem Charakter nicht gerecht. In der Praxis wird von einem Zeitraum ausgegangen, der deutlich über eine normale Konsultation hinausgeht, oft eine Stunde oder länger. Entscheidend für die Anerkennung durch Kostenträger ist eine plausible und detaillierte Dokumentation der Anfangs- und Endzeit sowie der durchgeführten Überwachungs- und Betreuungsmaßnahmen. Je länger und intensiver der Beistand, desto unanfechtbarer ist die Abrechnung.
Ja, der Ort der Leistungserbringung ist für die Abrechenbarkeit der GOÄ 1051 unerheblich. Der „Beistand bei einer Fehlgeburt ohne operative Hilfe“ kann in der Praxis, in einer Tagesklinik oder auch im Rahmen eines Hausbesuchs bei der Patientin zu Hause stattfinden. Wenn Sie für diese Leistung einen Hausbesuch durchführen, können Sie zusätzlich zur GOÄ 1051 die entsprechenden Wegegelder nach § 8 GOÄ und die Hausbesuchsgebühr (z.B. GOÄ 50) abrechnen. Die Dokumentation sollte in diesem Fall auch den Ort der Leistungserbringung festhalten.
Die GOÄ 1051 ist eine der wenigen Ausnahmen im Gebührenverzeichnis, für die ein fester Gebührensatz (der 1,0-fache Satz) vorgeschrieben ist. Dies ist keine Auslegungssache, sondern eine verbindliche Vorgabe. Der Verordnungsgeber hat den besonderen und oft unvorhersehbaren Aufwand dieser Leistung bereits durch eine sehr hohe Punktzahl kompensiert. Selbst ein außergewöhnlich hoher Zeitaufwand oder besondere psychische Belastungen rechtfertigen keine Steigerung. Jeder Versuch, einen höheren Faktor anzusetzen, wird von den Kostenträgern mit Verweis auf die Bestimmungen der GOÄ korrigiert. Der Ausgleich für den Mehraufwand ist somit bereits in der Grundbewertung der Ziffer enthalten.
Dies ist ein wichtiger Praxisfall. Wenn zunächst ein konservatives Vorgehen mit ärztlichem Beistand (GOÄ 1051) erfolgt, dieses aber nicht zum Erfolg führt (z. B. bei persistierenden Blutungen oder inkomplettem Abort), und im Anschluss eine operative Intervention wie eine Curettage (z. B. GOÄ 1086) medizinisch notwendig wird, können nach herrschender Auffassung beide Leistungen abgerechnet werden. Wichtig ist eine klare zeitliche und inhaltliche Trennung in der Dokumentation. Es muss nachvollziehbar sein, dass zunächst der Beistand erbracht wurde und erst danach die Indikation für den operativen Eingriff gestellt wurde. Die GOÄ 1051 und die Operationsziffer schließen sich nur aus, wenn sie quasi gleichzeitig für denselben Behandlungsschritt angesetzt werden.