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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1051: Beistand bei einer Fehlgeburt ohne operative Hilfe

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
10.78
Regelhöchstsatz:
2.3
24.8
Höchstsatz:
3.5
37.74
Ausschlüsse:
Operative Leistungen zur Ausräumung der Gebärmutter im direkten Zusammenhang, z.B. GOÄ 1086

GOÄ Ziffer 1051: Die formale Definition

Die GOÄ-Ziffer 1051 ist im Abschnitt H (Geburtshilfe und Gynäkologie) der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verortet und trägt die offizielle Leistungslegende: „Beistand bei einer Fehlgeburt ohne operative Hilfe“. Diese Ziffer honoriert die intensive und zeitaufwendige ärztliche Betreuung während eines Spontanaborts, der ohne chirurgische Intervention verläuft.

Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen, die für eine korrekte Abrechnung erfüllt sein müssen:

  • Beistand: Dies beschreibt mehr als nur eine kurze Anwesenheit. Gemeint ist eine kontinuierliche, persönliche ärztliche Anwesenheit zur Überwachung, Beratung und psychischen Unterstützung der Patientin in einer medizinisch und emotional kritischen Situation. Der Arzt muss bereit sein, bei Komplikationen sofort einzugreifen.
  • Fehlgeburt: Der medizinische Tatbestand eines Aborts muss vorliegen. Die Ziffer ist auf den Prozess der Fehlgeburt selbst anwendbar.
  • ohne operative Hilfe: Dies ist die entscheidende Abgrenzung. Die Abrechnung der GOÄ 1051 ist ausgeschlossen, wenn im selben Zuge eine operative Maßnahme zur Beendigung des Aborts (z. B. eine Curettage nach GOÄ 1086) durchgeführt wird.

Ein zentraler und in der Praxis absolut zu beachtender Punkt betrifft den Gebührensatz dieser Leistung. Nach herrschender Kommentarlage und gängiger Praxis der Kostenträger handelt es sich hierbei um eine Festgebühr.

Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1051) der 1-fache Satz!

Diese Besonderheit bedeutet, dass eine Steigerung des Honorars über den einfachen Satz hinaus – auch bei außergewöhnlichem Zeitaufwand oder besonderen Schwierigkeiten – nicht vorgesehen und nicht durchsetzbar ist. Die hohe Punktzahl der Ziffer trägt dem per se hohen Aufwand bereits Rechnung.

Die GOÄ 1051 im Praxisalltag: Anwendung und Fallstricke

Die Abrechnung der GOÄ 1051 erfordert Fingerspitzengefühl und eine präzise Dokumentation. Sie kommt in einer für die Patientin extrem belastenden Situation zum Einsatz, was die ärztliche Leistung umso anspruchsvoller macht. Hier erfahren Sie, wie Sie diese Ziffer revisionssicher anwenden.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 1051

In diesen Szenarien ist der Ansatz der Ziffer 1051 nach gängiger Auffassung gerechtfertigt:

  • Beginnender Spontanabort in der Praxis: Eine Patientin stellt sich in der frühen Schwangerschaft mit Blutungen vor. Während der Untersuchung verstärken sich Blutung und Wehentätigkeit. Der Arzt entscheidet gemeinsam mit der Patientin, den natürlichen Verlauf abzuwarten. Er bleibt über einen längeren Zeitraum (z. B. 1-3 Stunden) ununterbrochen bei der Patientin, überwacht Kreislauf und Blutungsstärke, leistet psychischen Beistand und verabreicht bei Bedarf Schmerzmittel, bis der Abort abgeschlossen ist.
  • Geplanter Beistand bei medikamentös eingeleitetem Abort: Nach der Diagnose einer „missed abortion“ entscheidet sich die Patientin gegen eine Curettage und für ein medikamentös begleitetes, abwartendes Vorgehen. Der Arzt ist während der entscheidenden Phase des Abortgeschehens in der Praxis oder im Rahmen eines Hausbesuchs anwesend, um den Prozess sicher zu begleiten.
  • Betreuung in einer Tagesklinik: Eine Patientin wird zur Überwachung bei einem inkompletten Abort tagesklinisch aufgenommen. Der zuständige Arzt leistet über mehrere Stunden hinweg immer wieder Beistand, kontrolliert die Vitalparameter und den Fortschritt, ohne dass eine operative Intervention erfolgt. Die kontinuierliche Verfügbarkeit und wiederholte persönliche Zuwendung erfüllen hier den Tatbestand des „Beistands“.

Häufige Fehler und Abgrenzungen

Die häufigsten Beanstandungen durch Kostenträger resultieren aus Missverständnissen bezüglich des Leistungsinhalts und der formalen Vorgaben:

  • Falscher Steigerungsfaktor: Der häufigste und gravierendste Fehler ist der Versuch, die GOÄ 1051 über den 1,0-fachen Satz hinaus zu steigern. Dies wird von jeder PKV oder Beihilfestelle konsequent gekürzt, da es sich um eine Festgebühr handelt.
  • Kurzzeitige Anwesenheit: Eine kurze Visite oder ein alleiniges Beratungsgespräch erfüllt nicht den Charakter des „Beistands“. Die Ziffer erfordert eine anhaltende, persönliche Anwesenheit des Arztes.
  • Fehlende Dokumentation: Ohne eine genaue Dokumentation von Beginn, Ende und Inhalt der Beistandsleistung ist die Abrechnung angreifbar. Plausibilität ist hier der Schlüssel.

Wichtiger Warnhinweis: Die GOÄ 1051 ist nicht neben operativen Leistungen zur Ausräumung der Gebärmutter (z. B. GOÄ 1086 - Ausräumung der Gebärmutterhöhle bei Fehlgeburt) für dasselbe Ereignis abrechenbar. Die Leistungslegende „ohne operative Hilfe“ stellt einen klaren Ausschluss dar.

Abrechnungsrelevanter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist Ihre beste Absicherung gegen Rückfragen. Sie sollte mindestens die folgenden Punkte umfassen, um den Charakter des Beistands zu belegen:

Beispiel für einen Dokumentationseintrag:

Datum: 24.05.2023
Beginn des Beistands: 14:10 Uhr
Ende des Beistands: 16:30 Uhr
Anlass: Spontanabort bei Z.n. sonographisch gesicherter intakter Gravidität 8+2 SSW. Patientin wünscht konservatives Vorgehen.
Maßnahmen: Kontinuierliche Anwesenheit, Überwachung von Blutdruck, Puls und Blutungsstärke alle 15 Min. Psychische Betreuung und Aufklärung. Gabe von Spasmofen i.m. um 14:45 Uhr.
Ergebnis: Vollständiger Abgang des Fruchtsacks um 16:15 Uhr. Patientin kreislaufstabil, Blutung deutlich rückläufig. Abschließende Beratung und Entlassung mit Notfallinstruktionen.

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerungsfähigkeit

Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 1051 ausgeschlossen. Es handelt sich um eine der wenigen Leistungen in der GOÄ, für die zwingend der 1,0-fache Satz gilt. Der hohe Aufwand der Leistung ist bereits in der Bewertungszahl berücksichtigt.

Sinnvolle Kombinationspartner

Die GOÄ 1051 ist eine isolierte Betreuungsleistung, die jedoch von anderen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen begleitet werden kann. Nach Kommentarlage ist die Kombination mit folgenden Ziffern in der Praxis häufig und plausibel:

  • GOÄ 1 und/oder 5: Für die vorausgehende Beratung bzw. eine symptombezogene Untersuchung vor Beginn des eigentlichen Beistands.
  • GOÄ 6, 7, 8: Für die wiederholte Messung von Vitalparametern (Blutdruck, Puls etc.) während der Überwachung.
  • GOÄ 252, 253: Für die Verabreichung von Medikamenten (z. B. Schmerz- oder Beruhigungsmittel) per Injektion.
  • GOÄ 34: Für ein abschließendes, ausführliches Gespräch mit der Patientin (und ggf. dem Partner) nach Abschluss des Geschehens.

Häufig gestellte Fragen

Wie lange muss der „Beistand“ nach GOÄ 1051 mindestens dauern, damit ich die Ziffer ansetzen kann?

Die GOÄ definiert keine exakte Mindestdauer für den Beistand nach Ziffer 1051. Der Begriff „Beistand“ impliziert jedoch eine anhaltende und kontinuierliche persönliche Anwesenheit des Arztes über einen relevanten Zeitraum. Eine Anwesenheit von nur wenigen Minuten würde diesem Charakter nicht gerecht. In der Praxis wird von einem Zeitraum ausgegangen, der deutlich über eine normale Konsultation hinausgeht, oft eine Stunde oder länger. Entscheidend für die Anerkennung durch Kostenträger ist eine plausible und detaillierte Dokumentation der Anfangs- und Endzeit sowie der durchgeführten Überwachungs- und Betreuungsmaßnahmen. Je länger und intensiver der Beistand, desto unanfechtbarer ist die Abrechnung.

Kann ich die GOÄ 1051 auch abrechnen, wenn die Fehlgeburt zu Hause stattfindet und ich dorthin fahre?

Ja, der Ort der Leistungserbringung ist für die Abrechenbarkeit der GOÄ 1051 unerheblich. Der „Beistand bei einer Fehlgeburt ohne operative Hilfe“ kann in der Praxis, in einer Tagesklinik oder auch im Rahmen eines Hausbesuchs bei der Patientin zu Hause stattfinden. Wenn Sie für diese Leistung einen Hausbesuch durchführen, können Sie zusätzlich zur GOÄ 1051 die entsprechenden Wegegelder nach § 8 GOÄ und die Hausbesuchsgebühr (z.B. GOÄ 50) abrechnen. Die Dokumentation sollte in diesem Fall auch den Ort der Leistungserbringung festhalten.

Warum darf die GOÄ 1051 nicht gesteigert werden, auch wenn der Aufwand extrem hoch war?

Die GOÄ 1051 ist eine der wenigen Ausnahmen im Gebührenverzeichnis, für die ein fester Gebührensatz (der 1,0-fache Satz) vorgeschrieben ist. Dies ist keine Auslegungssache, sondern eine verbindliche Vorgabe. Der Verordnungsgeber hat den besonderen und oft unvorhersehbaren Aufwand dieser Leistung bereits durch eine sehr hohe Punktzahl kompensiert. Selbst ein außergewöhnlich hoher Zeitaufwand oder besondere psychische Belastungen rechtfertigen keine Steigerung. Jeder Versuch, einen höheren Faktor anzusetzen, wird von den Kostenträgern mit Verweis auf die Bestimmungen der GOÄ korrigiert. Der Ausgleich für den Mehraufwand ist somit bereits in der Grundbewertung der Ziffer enthalten.

Was passiert, wenn nach dem „Beistand“ nach GOÄ 1051 doch noch eine Ausschabung (Curettage) nötig wird?

Dies ist ein wichtiger Praxisfall. Wenn zunächst ein konservatives Vorgehen mit ärztlichem Beistand (GOÄ 1051) erfolgt, dieses aber nicht zum Erfolg führt (z. B. bei persistierenden Blutungen oder inkomplettem Abort), und im Anschluss eine operative Intervention wie eine Curettage (z. B. GOÄ 1086) medizinisch notwendig wird, können nach herrschender Auffassung beide Leistungen abgerechnet werden. Wichtig ist eine klare zeitliche und inhaltliche Trennung in der Dokumentation. Es muss nachvollziehbar sein, dass zunächst der Beistand erbracht wurde und erst danach die Indikation für den operativen Eingriff gestellt wurde. Die GOÄ 1051 und die Operationsziffer schließen sich nur aus, wenn sie quasi gleichzeitig für denselben Behandlungsschritt angesetzt werden.

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