Die GOÄ-Ziffer 1055 regelt die Abrechnung für den „Abbruch einer Schwangerschaft bis einschließlich 12. Schwangerschaftswoche - gegebenenfalls einschließlich Erweiterung des Gebärmutterhalskanals“.
Diese Ziffer ist eine zentrale Leistungsposition in der Gynäkologie und erfordert besondere Sorgfalt bei der Abrechnung, da sie sowohl operative als auch medikamentöse Verfahren umfasst und speziellen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt.
Die Leistungslegende lässt sich in folgende Bestandteile zerlegen:
Ein entscheidender Punkt, der aus den offiziellen Verlautbarungen der Bundesärztekammer hervorgeht, ist die Anwendbarkeit der Ziffer auf beide gängigen Methoden:
„Die Bundesärztekammer hat nach Abstimmung mit dem Berufsverband Deutscher Frauenärzte e.V. und in Absprache mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Berechnung des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs der Gebührenordnungs-Nummer 1055 (...) zugeordnet. Der Ansatz der Nummer 1055 GOÄ ist somit für beide Abbrucharten heranzuziehen...“
Für die Abrechnung von Schwangerschaftsabbrüchen nach § 218a StGB (ohne medizinische oder kriminologische Indikation) ist zudem der § 5a GOÄ zwingend zu beachten. Dieser begrenzt den ansetzbaren Gebührensatz auf das 1,8-fache des Gebührensatzes. Diese Begrenzung ist nicht verhandelbar und gilt für alle Leistungen im direkten Zusammenhang mit dem Abbruch.
Die Abrechnung eines Schwangerschaftsabbruchs ist ein hochsensibles Thema, bei dem formale Korrektheit oberste Priorität hat. Die GOÄ 1055 ist hier die zentrale Ziffer, deren Anwendung jedoch je nach Methode – operativ oder medikamentös – unterschiedliche Begleitleistungen und Zuschläge nach sich zieht.
Die Komplexität der Regelungen führt in der Praxis immer wieder zu Beanstandungen durch Kostenträger. Folgende Punkte sollten Sie besonders beachten:
Achtung: Kein OP-Zuschlag bei medikamentösem Abbruch!
Der Zuschlag nach GOÄ 444 (Zuschlag für ambulante Operationen) ist ausschließlich an operative Leistungen gebunden. Auch wenn die Betreuung bei einem medikamentösen Abbruch zeitaufwändig ist und eine Überwachung erfordert, darf der Zuschlag hier nicht angesetzt werden. Dies wird regelmäßig von Prüfstellen moniert und ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig.
Ein weiterer häufiger Fehler ist die Überschreitung des gesetzlich vorgeschriebenen Höchstsatzes. Bei Abbrüchen nach der Beratungsregelung (§ 218a StGB) greift § 5a GOÄ. Eine Steigerung über den 1,8-fachen Satz ist hier ausgeschlossen, selbst bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten.
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist unerlässlich, um die Abrechnung gegenüber Kostenträgern abzusichern. Sie sollte nicht nur die medizinischen Aspekte, sondern auch die formalen Voraussetzungen umfassen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
"Datum: [TT.MM.JJJJ]. Patientin [Name], 10+2 SSW p.m. Vorlage der Beratungsbescheinigung nach § 219 StGB vom [Datum der Beratung]. Aufklärung über operative (Saugkürettage) und medikamentöse Methode, Risiken und Alternativen erfolgt. Entscheidung für Saugkürettage. Durchführung am [Datum] unter Maskennarkose (Anästhesie durch Dr. X). Eingriff komplikationslos. Postoperative Überwachung für 2h, Kreislauf stabil. Entlassung in gutem AZ. Nachkontrolle am [Datum] vereinbart."
Die Steigerbarkeit der GOÄ 1055 hängt von der Indikation ab:
Je nach Art des Abbruchs sind unterschiedliche Begleitleistungen üblich und notwendig:
Der Leistungsinhalt der GOÄ 1055 ist klar definiert. Folgende Ziffern sind laut Gebührenordnung neben der GOÄ 1055 nicht berechnungsfähig, da ihre Leistungen bereits Bestandteil des Abbruchs sind:
Ja, das ist ein zentraler Punkt, der von der Bundesärztekammer klargestellt wurde. Obwohl die Leistungslegende historisch eher auf einen operativen Eingriff hindeutet, ist die GOÄ 1055 nach offizieller Lesart die korrekte Ziffer für beide Verfahren – also sowohl für die operative Saugkürettage als auch für den medikamentösen Abbruch. Beim medikamentösen Abbruch umfasst die Leistung neben der Medikamentengabe insbesondere auch die notwendige Überwachung und Betreuung der Patientin in der Austreibungsphase, was den ärztlichen Aufwand widerspiegelt.
Das hängt entscheidend von der Methode ab. Bei einem operativen, ambulant durchgeführten Schwangerschaftsabbruch unter Narkose können Sie in der Regel folgende Zuschläge ansetzen:
Achtung: Bei einem medikamentösen Abbruch sind diese Zuschläge, insbesondere die GOÄ 444, nach herrschender Auffassung nicht berechnungsfähig, da es sich nicht um eine operative Leistung im Sinne der GOÄ handelt.
Die Begrenzung des Steigerungsfaktors ist direkt im Gesetz, genauer in § 5a der GOÄ, festgelegt. Dieser Paragraph wurde speziell für die Abrechnung von Leistungen bei einem rechtswidrigen, aber straffreien Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung (§ 218a StGB) geschaffen. Er legt fest, dass die Gebühren „nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes“ bemessen werden dürfen. Ein Überschreiten ist, anders als bei anderen GOÄ-Leistungen, auch nicht durch eine abweichende Vereinbarung nach § 2 GOÄ möglich. Diese Regelung soll eine finanzielle Hürde für die Betroffenen begrenzen.
Nein, das ist explizit ausgeschlossen. Der offizielle Leistungstext der GOÄ 1055 lautet: „Abbruch einer Schwangerschaft ... - gegebenenfalls einschließlich Erweiterung des Gebärmutterhalskanals -“. Der Begriff „einschließlich“ bedeutet, dass diese Teilleistung integraler Bestandteil der Hauptleistung ist. Eine separate Abrechnung, zum Beispiel über die GOÄ 1050 (Erweiterung des Gebärmutterhalskanals), wäre ein Verstoß gegen das Zielleistungsprinzip und würde von Kostenträgern konsequent gestrichen werden.