Die GOÄ-Ziffer 1061 gehört zum Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe) der Gebührenordnung für Ärzte und beschreibt zwei alternative, aber klar definierte operative Eingriffe am Hymen (Jungfernhäutchen) bzw. in der Vagina. Der offizielle Leistungstext lautet: „Abtragung des Hymens oder Eröffnung eines Hämatokolpos“.
Für eine korrekte Abrechnung ist es entscheidend, die einzelnen Leistungsbestandteile präzise zu verstehen:
Das Wort „oder“ in der Leistungslegende stellt klar, dass die Durchführung einer der beiden genannten Maßnahmen den Tatbestand der Ziffer 1061 vollständig erfüllt.
Ein zentraler und nicht verhandelbarer Punkt bei der Abrechnung dieser Ziffer ist die Anwendung des Gebührensatzes. Nach den Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt H der GOÄ gilt für alle Leistungen dieses Abschnitts, und somit auch für die Ziffer 1061, ausschließlich der einfache Gebührensatz. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Satz ist nicht zulässig.
Die GOÄ 1061 beschreibt einen spezifischen gynäkologischen Eingriff, der zwar nicht alltäglich, aber in der Praxis doch regelmäßig vorkommt. Eine präzise Indikationsstellung und eine saubere Dokumentation sind hier der Schlüssel zu einer reibungslosen Abrechnung, insbesondere weil die Ziffer eine Besonderheit beim Steigerungsfaktor aufweist.
Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1061 ist der Versuch, die Leistung über den 1,0-fachen Satz hinaus zu steigern. Dies führt unweigerlich zu Beanstandungen durch Kostenträger. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Abgrenzung zu anderen Leistungen:
Die GOÄ 1061 ist nicht steigerungsfähig. Gemäß den Allgemeinen Bestimmungen vor Abschnitt H der GOÄ (Ziffern 1040 bis 1168) dürfen die in diesem Abschnitt genannten operativen Leistungen nur mit dem einfachen Gebührensatz berechnet werden. Jede Abrechnung mit einem Faktor von 2,3 oder gar 3,5 ist formal falsch und wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent gekürzt.
Achtung: Kein Spielraum beim Faktor! Die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 1061 ist zwingend auf den 1,0-fachen Satz beschränkt. Eine Begründung für einen höheren Faktor ist unwirksam, da die GOÄ dies explizit ausschließt.
Die GOÄ 1061 ist als eigenständige operative Leistung abrechenbar. Daneben können je nach Behandlungsfall weitere Ziffern angesetzt werden:
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist entscheidend, um Rückfragen zu vermeiden. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit klar belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Datum: 15.10.2023
Anamnese/Befund: 16-j. Patientin, prim. Amenorrhoe, zykl. Unterbauchschmerz. Sonographie: Deutlicher Hämatokolpos bei V.a. Hymen imperforatus.
Aufklärung: Über Befund, Notwendigkeit der operativen Eröffnung, Ablauf, Risiken aufgeklärt. Einverständnis liegt vor.
Eingriff: In Lokalanästhesie (Scandicain 1%) Kreuzschnitt des Hymens, Abfluss von ca. 150 ml altem Blut. Ränder adaptiert.
Diagnose: Hämatokolpos bei Hymen imperforatus.
Weiteres Vorgehen: Kontrolle in 1 Woche.
Der mit Abstand häufigste und zugleich gravierendste Fehler ist die Anwendung eines Steigerungsfaktors über dem 1,0-fachen Satz. Viele Praxen sind gewohnt, ärztliche Leistungen standardmäßig mit dem 2,3-fachen Regelhöchstsatz abzurechnen. Die GOÄ-Ziffer 1061 befindet sich jedoch im Abschnitt H, für den die Gebührenordnung explizit vorschreibt, dass alle operativen Leistungen nur zum einfachen Satz berechnungsfähig sind. Vermeidung: Prüfen Sie bei jeder Ziffer aus dem Abschnitt H (Gynäkologie) die Allgemeinen Bestimmungen. Stellen Sie in Ihrer Praxissoftware sicher, dass für die GOÄ 1061 der Faktor auf 1,0 festgesetzt ist, um versehentliche Falschabrechnungen zu verhindern.
Nein, das ist nach herrschender Auffassung nicht korrekt. Die Gebührenordnung für Ärzte dient der Abrechnung medizinisch notwendiger Heilbehandlungen. Die Leistungslegende der GOÄ 1061 zielt auf klare medizinische Indikationen ab, wie die Beseitigung einer Abflussstörung (Hämatokolpos) oder die Behandlung von Schmerzen (Dyspareunie durch Hymen rigidus). Eine rein ästhetisch motivierte Veränderung des Hymens ohne medizinische Indikation fällt nicht darunter. Solche Eingriffe sind als „Verlangensleistung“ nach § 1 Abs. 2 GOÄ einzustufen und erfordern eine abweichende Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ, wobei die Ziffer 1061 hierfür nicht die korrekte Grundlage wäre.
Die Art der abrechenbaren Anästhesie hängt von der Durchführung des Eingriffs ab. In den meisten Fällen wird die Abtragung des Hymens oder die Eröffnung eines Hämatokolpos in Lokalanästhesie durchgeführt. In diesem Fall können Sie die Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke nach GOÄ 490 oder die Oberflächenanästhesie nach GOÄ 493 zusätzlich zur GOÄ 1061 ansetzen. Die Kosten für das verwendete Anästhetikum sind in der Regel nicht gesondert berechnungsfähig. Sollte der Eingriff aus medizinischen Gründen eine umfangreichere Anästhesie (z.B. eine Narkose) erfordern, werden diese Leistungen vom durchführenden Anästhesisten nach den entsprechenden Ziffern des Abschnitts D der GOÄ abgerechnet.
Die Auslegung ist hier nicht eindeutig, aber in der Praxis wird dies häufig als kritisch gesehen. Die GOÄ 1061 beschreibt die „Abtragung des Hymens“. Hymenalreste (Carunculae myrtiformes) sind Reste des zerrissenen Hymens nach einer vaginalen Geburt und stellen anatomisch nicht mehr das ursprüngliche Hymen dar. Ihre Entfernung, wenn sie beispielsweise Beschwerden verursachen, wird nach Kommentarlage oft eher als Exzision einer anderen kleinen Geschwulst oder Schleimhautveränderung angesehen. Eine Abrechnung über Ziffern wie GOÄ 491 (Inzision von Schleimhaut) oder bei größerem Aufwand ggf. analoge Ziffern könnte hier passender und revisionssicherer sein. Eine Abrechnung über GOÄ 1061 könnte von Kostenträgern in Frage gestellt werden.