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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1061: Abtragung des Hymens oder Eröffnung eines Hämatokolpos

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
10.78
Regelhöchstsatz:
2.3
24.8
Höchstsatz:
3.5
37.74
Ausschlüsse:

GOÄ Ziffer 1061: Die formale Definition

Die GOÄ-Ziffer 1061 gehört zum Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe) der Gebührenordnung für Ärzte und beschreibt zwei alternative, aber klar definierte operative Eingriffe am Hymen (Jungfernhäutchen) bzw. in der Vagina. Der offizielle Leistungstext lautet: „Abtragung des Hymens oder Eröffnung eines Hämatokolpos“.

Für eine korrekte Abrechnung ist es entscheidend, die einzelnen Leistungsbestandteile präzise zu verstehen:

  • Abtragung des Hymens: Hierbei handelt es sich um eine Hymenektomie. Der Begriff „Abtragung“ impliziert mehr als eine einfache Inzision (Schnitt). Es wird Gewebe des Hymens, beispielsweise ein rigider Hymenalring oder ein Hymenalseptum, operativ entfernt. Dies geschieht in der Regel zur Beseitigung einer medizinischen Indikation wie Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) oder bei anatomischen Varianten, die den Abfluss des Menstrualblutes behindern.
  • Eröffnung eines Hämatokolpos: Ein Hämatokolpos ist eine Ansammlung von Menstrualblut in der Vagina, die durch eine Abflussstörung – meist einen Hymen imperforatus (vollständig verschlossenes Hymen) – verursacht wird. Die Leistung umfasst die chirurgische Inzision des blockierenden Gewebes, um den Abfluss des angestauten Blutes zu ermöglichen.

Das Wort „oder“ in der Leistungslegende stellt klar, dass die Durchführung einer der beiden genannten Maßnahmen den Tatbestand der Ziffer 1061 vollständig erfüllt.

Ein zentraler und nicht verhandelbarer Punkt bei der Abrechnung dieser Ziffer ist die Anwendung des Gebührensatzes. Nach den Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt H der GOÄ gilt für alle Leistungen dieses Abschnitts, und somit auch für die Ziffer 1061, ausschließlich der einfache Gebührensatz. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Satz ist nicht zulässig.

GOÄ 1061 im Praxisalltag: Anwendung und Fallstricke

Die GOÄ 1061 beschreibt einen spezifischen gynäkologischen Eingriff, der zwar nicht alltäglich, aber in der Praxis doch regelmäßig vorkommt. Eine präzise Indikationsstellung und eine saubere Dokumentation sind hier der Schlüssel zu einer reibungslosen Abrechnung, insbesondere weil die Ziffer eine Besonderheit beim Steigerungsfaktor aufweist.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 1061

  • Szenario 1: Hymen imperforatus bei einer Jugendlichen: Eine 15-jährige Patientin stellt sich mit primärer Amenorrhoe (Ausbleiben der ersten Regelblutung) und zyklisch auftretenden, starken Unterbauchschmerzen vor. Eine Ultraschalluntersuchung bestätigt den Verdacht auf einen Hämatokolpos. In einem kleinen operativen Eingriff wird das Hymen inzidiert, um das angestaute Blut abfließen zu lassen. Hier wird die „Eröffnung eines Hämatokolpos“ nach GOÄ 1061 abgerechnet.
  • Szenario 2: Rigides Hymen bei einer jungen Frau: Eine 24-jährige Patientin klagt über erhebliche Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie). Die Untersuchung ergibt ein sehr starres, wenig dehnbares Hymen (Hymen rigidus). Nach ausführlicher Beratung wird eine Hymenektomie durchgeführt, bei der der rigide Hymenalring teilweise entfernt wird. Dies entspricht der „Abtragung des Hymens“ gemäß GOÄ 1061.
  • Szenario 3: Hymenalseptum: Eine Patientin berichtet über Schwierigkeiten bei der Verwendung von Tampons und Schmerzen. Bei der Untersuchung wird ein Hymenalseptum (ein Gewebesteg, der die Hymenalöffnung teilt) diagnostiziert. Dieses Septum wird operativ durchtrennt und abgetragen, um eine normale Anatomie herzustellen. Auch dies fällt unter die GOÄ 1061.

Häufige Fehler und Abgrenzungen

Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1061 ist der Versuch, die Leistung über den 1,0-fachen Satz hinaus zu steigern. Dies führt unweigerlich zu Beanstandungen durch Kostenträger. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Abgrenzung zu anderen Leistungen:

  • Abgrenzung zur reinen Dilatation: Eine bloße Dehnung (Dilatation) des Hymens ohne jegliche Gewebeabtragung oder Inzision erfüllt nicht den Leistungsinhalt der Ziffer 1061.
  • Abgrenzung zu anderen kleinen Eingriffen: Eine einfache Inzision einer Haut- oder Schleimhautveränderung ohne den spezifischen Kontext des Hymens oder eines Hämatokolpos wäre eher mit Ziffern wie GOÄ 490 oder 491 abzubilden. Die GOÄ 1061 ist spezifisch für die genannten Indikationen.

Abrechnungsrelevanter Hinweis: Steigerung und Kombinationen

Steigerungsfähigkeit

Die GOÄ 1061 ist nicht steigerungsfähig. Gemäß den Allgemeinen Bestimmungen vor Abschnitt H der GOÄ (Ziffern 1040 bis 1168) dürfen die in diesem Abschnitt genannten operativen Leistungen nur mit dem einfachen Gebührensatz berechnet werden. Jede Abrechnung mit einem Faktor von 2,3 oder gar 3,5 ist formal falsch und wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent gekürzt.

Achtung: Kein Spielraum beim Faktor! Die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 1061 ist zwingend auf den 1,0-fachen Satz beschränkt. Eine Begründung für einen höheren Faktor ist unwirksam, da die GOÄ dies explizit ausschließt.

Typische und sinnvolle Kombinationsmöglichkeiten

Die GOÄ 1061 ist als eigenständige operative Leistung abrechenbar. Daneben können je nach Behandlungsfall weitere Ziffern angesetzt werden:

  • Beratung und Untersuchung: GOÄ 1 und/oder GOÄ 3 sowie die gynäkologische Untersuchung nach GOÄ 6.
  • Diagnostik: Zur Abklärung eines Hämatokolpos ist oft ein Ultraschall notwendig (z.B. GOÄ 415).
  • Anästhesie: Die für den Eingriff notwendige Lokalanästhesie ist separat berechnungsfähig (z.B. GOÄ 490, 491). Erfolgt der Eingriff in Narkose, rechnen die Anästhesisten ihre Leistungen gesondert ab.
  • Verband: Ein einfacher Verband nach dem Eingriff kann mit GOÄ 200 abgerechnet werden.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist entscheidend, um Rückfragen zu vermeiden. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit klar belegen.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

Datum: 15.10.2023
Anamnese/Befund: 16-j. Patientin, prim. Amenorrhoe, zykl. Unterbauchschmerz. Sonographie: Deutlicher Hämatokolpos bei V.a. Hymen imperforatus.
Aufklärung: Über Befund, Notwendigkeit der operativen Eröffnung, Ablauf, Risiken aufgeklärt. Einverständnis liegt vor.
Eingriff: In Lokalanästhesie (Scandicain 1%) Kreuzschnitt des Hymens, Abfluss von ca. 150 ml altem Blut. Ränder adaptiert.
Diagnose: Hämatokolpos bei Hymen imperforatus.
Weiteres Vorgehen: Kontrolle in 1 Woche.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der häufigste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1061 und wie vermeide ich ihn?

Der mit Abstand häufigste und zugleich gravierendste Fehler ist die Anwendung eines Steigerungsfaktors über dem 1,0-fachen Satz. Viele Praxen sind gewohnt, ärztliche Leistungen standardmäßig mit dem 2,3-fachen Regelhöchstsatz abzurechnen. Die GOÄ-Ziffer 1061 befindet sich jedoch im Abschnitt H, für den die Gebührenordnung explizit vorschreibt, dass alle operativen Leistungen nur zum einfachen Satz berechnungsfähig sind. Vermeidung: Prüfen Sie bei jeder Ziffer aus dem Abschnitt H (Gynäkologie) die Allgemeinen Bestimmungen. Stellen Sie in Ihrer Praxissoftware sicher, dass für die GOÄ 1061 der Faktor auf 1,0 festgesetzt ist, um versehentliche Falschabrechnungen zu verhindern.

Kann ich die GOÄ 1061 auch für eine rein kosmetisch gewünschte Hymenal-Korrektur ansetzen?

Nein, das ist nach herrschender Auffassung nicht korrekt. Die Gebührenordnung für Ärzte dient der Abrechnung medizinisch notwendiger Heilbehandlungen. Die Leistungslegende der GOÄ 1061 zielt auf klare medizinische Indikationen ab, wie die Beseitigung einer Abflussstörung (Hämatokolpos) oder die Behandlung von Schmerzen (Dyspareunie durch Hymen rigidus). Eine rein ästhetisch motivierte Veränderung des Hymens ohne medizinische Indikation fällt nicht darunter. Solche Eingriffe sind als „Verlangensleistung“ nach § 1 Abs. 2 GOÄ einzustufen und erfordern eine abweichende Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ, wobei die Ziffer 1061 hierfür nicht die korrekte Grundlage wäre.

Welche Anästhesieleistungen kann ich zusammen mit der GOÄ 1061 abrechnen?

Die Art der abrechenbaren Anästhesie hängt von der Durchführung des Eingriffs ab. In den meisten Fällen wird die Abtragung des Hymens oder die Eröffnung eines Hämatokolpos in Lokalanästhesie durchgeführt. In diesem Fall können Sie die Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke nach GOÄ 490 oder die Oberflächenanästhesie nach GOÄ 493 zusätzlich zur GOÄ 1061 ansetzen. Die Kosten für das verwendete Anästhetikum sind in der Regel nicht gesondert berechnungsfähig. Sollte der Eingriff aus medizinischen Gründen eine umfangreichere Anästhesie (z.B. eine Narkose) erfordern, werden diese Leistungen vom durchführenden Anästhesisten nach den entsprechenden Ziffern des Abschnitts D der GOÄ abgerechnet.

Umfasst die GOÄ 1061 auch die Entfernung von Hymenalresten (Karunkeln) nach einer Geburt?

Die Auslegung ist hier nicht eindeutig, aber in der Praxis wird dies häufig als kritisch gesehen. Die GOÄ 1061 beschreibt die „Abtragung des Hymens“. Hymenalreste (Carunculae myrtiformes) sind Reste des zerrissenen Hymens nach einer vaginalen Geburt und stellen anatomisch nicht mehr das ursprüngliche Hymen dar. Ihre Entfernung, wenn sie beispielsweise Beschwerden verursachen, wird nach Kommentarlage oft eher als Exzision einer anderen kleinen Geschwulst oder Schleimhautveränderung angesehen. Eine Abrechnung über Ziffern wie GOÄ 491 (Inzision von Schleimhaut) oder bei größerem Aufwand ggf. analoge Ziffern könnte hier passender und revisionssicherer sein. Eine Abrechnung über GOÄ 1061 könnte von Kostenträgern in Frage gestellt werden.

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