Die GOÄ-Ziffer 1062 beschreibt die „Vaginoskopie bei einer Virgo“. Es handelt sich hierbei um eine endoskopische Untersuchung der Vagina, die speziell für Patientinnen vorgesehen ist, bei denen aufgrund eines intakten Hymens eine herkömmliche Untersuchung mit einem Spekulum nicht oder nur unter unzumutbaren Schmerzen möglich wäre.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen:
Die Ziffer 1062 ist somit der Schlüssel zur Abrechnung einer notwendigen diagnostischen Maßnahme unter besonderen anatomischen Gegebenheiten. Sie stellt sicher, dass auch bei diesen Patientinnen eine adäquate Abklärung von Beschwerden wie unklaren Blutungen, Ausfluss oder dem Verdacht auf Fremdkörper möglich ist.
Nach herrschender Kommentarlage kann die Ziffer auch in anderen Situationen zur Anwendung kommen, in denen eine Spekulumeinstellung unmöglich ist.
Nach Kommentierung Wezel/Liebold kann für die Vaginoskopie einer Nicht-Virgo die Nr. 1062 als analoge Leistung abgerechnet werden.
Dies eröffnet die Möglichkeit einer analogen Abrechnung nach § 6 Abs. 2 GOÄ, wenn beispielsweise schwere Atrophie, Vaginismus oder narbige Veränderungen eine konventionelle Untersuchung verhindern. Die medizinische Begründung ist hierbei entscheidend.
Die Vaginoskopie nach Ziffer 1062 ist keine alltägliche Leistung, aber in den richtigen Fällen unverzichtbar. Ihre korrekte Anwendung und Abrechnung erfordert Sorgfalt, insbesondere bei der Indikationsstellung und Dokumentation.
In diesen typischen Szenarien ist die Abrechnung der Ziffer 1062 praxisbewährt und revisionssicher:
Der häufigste und schwerwiegendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1062 ist die falsche Anwendung des Steigerungsfaktors. Die Ziffer ist mit einem festen Satz versehen.
Achtung – Fester Gebührensatz: Für die GOÄ-Ziffer 1062 gilt für alle Kostenträger ausnahmslos der 1-fache Satz. Eine Steigerung über den einfachen Satz hinaus ist nicht zulässig, auch nicht bei erhöhtem Zeitaufwand oder besonderen Schwierigkeiten. Jeder Versuch einer Steigerung führt unweigerlich zu Beanstandungen durch PKV und Beihilfe.
Ein weiterer praxisrelevanter Punkt ist der Leistungsausschluss zur GOÄ 1063 (Vaginotomie). Diese Leistungen sind nicht nebeneinander im selben Behandlungsfall berechnungsfähig.
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rückfragen. Sie muss klar belegen, warum die Vaginoskopie anstelle einer Standarduntersuchung medizinisch notwendig war.
Mini-Dokumentationsbeispiel (originäre Anwendung):
"Datum: [TT.MM.JJJJ]. Anlass: Anhaltende Schmierblutung bei 16-j. Virgo. Durchführung einer Vaginoskopie, da Spekulumeinstellung aufgrund des Hymenalbefundes nicht möglich. Befund: Vagina und Portio unauffällig, kein Anhalt für aktive Blutungsquelle. Geringfügige Kontaktblutung an der Portio. Vorgehen: Abstrich entnommen, Sonographie unauffällig. Nächster Schritt: Kontrolle in 3 Monaten."
Mini-Dokumentationsbeispiel (analoge Anwendung):
"Datum: [TT.MM.JJJJ]. Anlass: Postmenopausenblutung bei Z.n. Radiatio und schwerster vaginaler Atrophie/Stenose. Spekulumeinstellung technisch nicht durchführbar. Daher Vaginoskopie (analog GOÄ 1062). Befund: Atrophe Schleimhäute, einzelne Petechien, keine Tumor-suspekten Läsionen. Vorgehen: Hysteroskopie geplant."
Nein. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der GOÄ 1062 um eine Leistung mit einem festen Gebührensatz (1,0-facher Satz). Eine Begründung für einen höheren Faktor ist hier nicht vorgesehen und wird von den Kostenträgern nicht anerkannt.
Die Vaginoskopie ist eine diagnostische Maßnahme und wird häufig von anderen Leistungen begleitet. Sinnvolle und in der Praxis häufige Kombinationen sind:
Neben der GOÄ 1062 ist die Abrechnung der GOÄ 1063 (Vaginotomie) ausgeschlossen. Dies ist logisch, da die Vaginotomie einen operativen Eingriff (Eröffnung der Scheide) darstellt, während die Vaginoskopie ein rein diagnostisches, endoskopisches Verfahren ist.
Der wesentliche Unterschied liegt im verwendeten Instrument und der Indikation. Bei der Untersuchung nach GOÄ 6 wird ein Spekulum (Scheidenspiegel) eingesetzt, um die Vagina zu entfalten und die Portio einzusehen. Dies ist das Standardverfahren. Die GOÄ 1062 beschreibt hingegen den Einsatz eines dünnen Endoskops (Vaginoskop), das ohne Entfaltung der Scheide eingeführt wird. Dieses Verfahren ist speziell für Situationen vorgesehen, in denen eine Spekulumeinstellung nicht möglich oder unzumutbar ist, wie bei einer Virgo, bei starkem Vaginismus oder schweren narbigen Veränderungen. Die GOÄ 1062 ist also eine spezialisierte Untersuchungsmethode für besondere anatomische oder funktionelle Gegebenheiten.
Für eine revisionssichere analoge Abrechnung müssen Sie die Vorgaben des § 6 Abs. 2 GOÄ exakt einhalten. Auf der Rechnung führen Sie die Leistung wie folgt auf: „Vaginoskopie bei unmöglicher Spekulumeinstellung analog GOÄ-Nr. 1062“. Es ist entscheidend, dass Sie den Zusatz „analog“ oder „entsprechend“ verwenden und eine kurze, für den Patienten und den Kostenträger verständliche Leistungsbeschreibung hinzufügen. Die medizinische Notwendigkeit, also der Grund, warum keine reguläre Spekulumeinstellung möglich war (z.B. „Z.n. Radiatio mit Stenose“), muss zwingend und nachvollziehbar in Ihrer Patientendokumentation vermerkt sein.
Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthält bestimmte Ziffern, die als „Leistungen zu festen Sätzen“ definiert sind. Die GOÄ 1062 gehört zu dieser Kategorie. Das bedeutet, der Verordnungsgeber hat für diese Leistung einen festen Betrag festgelegt, der nicht durch einen Steigerungsfaktor erhöht werden kann. Ein erhöhter Zeitaufwand, besondere technische Schwierigkeiten oder andere Komplikationen berechtigen hier nicht zu einer Steigerung. Dies ist eine verbindliche Vorgabe der Gebührenordnung. Der Versuch, einen höheren Faktor anzusetzen, wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent auf den 1,0-fachen Satz gekürzt.
Nach herrschender Auffassung ist die Nebeneinanderberechnung von GOÄ 1062 und GOÄ 10 (Kolposkopie) grundsätzlich möglich, da sie unterschiedliche Leistungen beschreiben. Die GOÄ 1062 ist die endoskopische Inspektion der gesamten Vagina, während die GOÄ 10 die mikroskopische Untersuchung der Portio-Oberfläche ist. In der Praxis kann die Vaginoskopie der Weg sein, um die Portio überhaupt erst einsehen zu können. Die medizinische Notwendigkeit für beide Untersuchungen muss jedoch gegeben und plausibel dokumentiert sein. Ein typischer Fall wäre die Abklärung eines auffälligen zytologischen Befundes bei einer Patientin, bei der eine Spekulumeinstellung nicht möglich ist. Hier dient die Vaginoskopie dem Zugang und die Kolposkopie der eigentlichen Detaildiagnostik an der Portio.