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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1070: Kolposkopie

17.12.2025
|
8
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
4.25
Regelhöchstsatz:
2.3
9.79
Höchstsatz:
3.5
14.89
Ausschlüsse:

Die GOÄ-Ziffer 1070 beschreibt die Durchführung einer Kolposkopie. Hierbei handelt es sich um eine spezialisierte Untersuchungsmethode, bei der die Vulva, die Vagina und insbesondere der Muttermund (Portio vaginalis cervicis) mit einem speziellen Untersuchungsmikroskop, dem Kolposkop, betrachtet werden.

Der offizielle Leistungstext ist denkbar kurz und lautet schlicht:

"Kolposkopie"

Trotz der Kürze der Legende sind die Leistungsbestandteile klar definiert. Die Abrechnung der Ziffer 1070 setzt zwingend den Einsatz eines Kolposkops voraus. Die Leistung umfasst die gesamte Prozedur der mikroskopischen Betrachtung, inklusive der Einstellung des Instruments und der systematischen Inspektion der genannten Bereiche. Ziel ist die vergrößerte Darstellung von Gewebeoberflächen, um pathologische Veränderungen wie Entzündungen, Krebsvorstufen (Dysplasien) oder Tumoren frühzeitig zu erkennen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar wären. Die Anwendung von Reagenzien wie Essigsäure oder Jodlösung (Schiller-Probe) zur besseren Differenzierung des Gewebes gilt nach herrschender Kommentarlage als integraler Bestandteil der Leistung.

Eine entscheidende Besonderheit der GOÄ 1070 ergibt sich aus den Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt H der GOÄ:

Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung der 1-fache Satz! Dies ist eine verbindliche Vorgabe der Gebührenordnung und lässt keinen Spielraum für eine Steigerung des Faktors.

Die Ziffer deckt somit die rein technische Durchführung der Untersuchung ab. Beratungsleistungen oder weiterführende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen sind nicht enthalten und müssen gesondert abgerechnet werden.

Die GOÄ 1070 im Praxisalltag: Anwendung und Abrechnung

Die Kolposkopie ist ein Standardverfahren in der gynäkologischen Praxis, insbesondere im Rahmen der Dysplasiesprechstunde. Die korrekte Abrechnung der GOÄ 1070 ist unkompliziert, birgt aber eine wesentliche Besonderheit, deren Nichtbeachtung unweigerlich zu Kürzungen führt.

Praxisbeispiele für die Abrechnung der GOÄ 1070

In diesen typischen Szenarien kommt die Ziffer 1070 zur Anwendung:

  • Abklärung eines auffälligen Pap-Abstrichs: Eine Patientin wird mit einem zytologischen Befund wie Pap IIID1, Pap IVa oder schlimmer vorgestellt. Die Kolposkopie dient der visuellen Einordnung der Zellveränderungen, der Lokalisation der Läsion und der gezielten Planung einer eventuellen Biopsie.
  • Kontrolluntersuchung nach Konisation: Nach einem operativen Eingriff am Muttermund zur Entfernung von Krebsvorstufen sind regelmäßige kolposkopische Kontrollen zur Überwachung des Heilungsverlaufs und zum Ausschluss eines Rezidivs indiziert.
  • Unklare vaginale Blutungen oder Kontaktblutungen: Wenn eine Patientin über Blutungen nach dem Geschlechtsverkehr berichtet oder bei der Spekulumeinstellung eine leicht verletzliche (vulnerable) Portio auffällt, dient die Kolposkopie der differenzierten Ursachensuche.
  • Sichtbare Läsionen an Vulva, Vagina oder Portio: Bei sichtbaren Veränderungen wie weißen Flecken (Leukoplakie), Warzen (Kondylome) oder unklaren Geschwüren ermöglicht die Kolposkopie eine präzise Beurteilung der Oberflächenstruktur und Gefäßzeichnung.

Häufige Fehler und abrechnungsrelevante Hinweise

Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1070 ist die Anwendung eines falschen Steigerungsfaktors. Die korrekte Abrechnung erfordert penible Beachtung der Gebührenordnung und eine lückenlose Dokumentation.

Achtung – Fester Abrechnungssatz: Die GOÄ-Ziffer 1070 darf ausnahmslos nur mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Diese Regelung ist in den Allgemeinen Bestimmungen vor dem Abschnitt H der GOÄ festgelegt. Jede Steigerung auf den Regelhöchstsatz (2,3) oder höher wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent auf den Einfachsatz gekürzt. Eine Begründung für einen höheren Faktor ist hier unwirksam.

Tipp für eine revisionssichere Dokumentation

Eine saubere Dokumentation ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rückfragen. Sie sollte nicht nur die Durchführung, sondern auch die Indikation und das Ergebnis festhalten. Ein Minimalstandard sollte folgende Punkte umfassen:

Beispiel-Dokumentationseintrag:

"[Datum]: Kolposkopie bei Z.n. Pap IIID2. Portiooberfläche nach Essigprobe mit zartem essigweißem Areal auf 11 Uhr, TZ Typ 1. Keine groben Mosaike oder Punktierungen. Jod-negatives Areal korrespondierend. V.a. Low-Grade-Läsion. Empfehlung: Biopsie zur Histologie (siehe OP-Bericht) / alternativ kurzfristige Kontrolle in 3 Monaten."

Diese Dokumentation belegt die medizinische Notwendigkeit, die Durchführung und das Ergebnis, was die Abrechnung der Ziffer 1070 und eventueller Zusatzleistungen (z.B. Biopsie nach GOÄ 2404) stützt.

Steigerung und zulässige Kombinationen

Steigerbarkeit

Wie bereits mehrfach betont: Eine Steigerung der GOÄ 1070 ist nicht möglich. Der Faktor ist auf 1,0 festgesetzt. Der Aufwand der Untersuchung kann und muss über andere, steigerungsfähige Ziffern abgebildet werden, die im selben Behandlungskontext anfallen (z.B. eine ausführliche Beratung nach GOÄ 3).

Typische und sinnvolle Ziffernkombinationen

Die Kolposkopie steht selten allein. Sie ist in der Regel in ein Untersuchungsszenario eingebettet. Nach herrschender Auffassung ist die Kombination mit folgenden Ziffern in derselben Sitzung möglich und üblich:

  • GOÄ 1 und/oder 3: Die Beratung über den Befund des Pap-Abstrichs, die Notwendigkeit der Kolposkopie und die Besprechung der Ergebnisse ist eine eigenständige Leistung.
  • GOÄ 7 (Gynäkologische Untersuchung): Die Kolposkopie ersetzt nicht die bimanuelle Tastuntersuchung. GOÄ 7 (inkl. Spekulumeinstellung) und GOÄ 1070 (mikroskopische Untersuchung) sind zwei unterschiedliche Leistungen und daher nebeneinander abrechenbar.
  • GOÄ 298 (Zytologische Untersuchung): Wird im Rahmen der Kolposkopie ein weiterer Abstrich entnommen, ist die GOÄ 298 zusätzlich berechnungsfähig.
  • GOÄ 2404 (Probeexzision aus der Portio): Wird aufgrund des kolposkopischen Befundes eine gezielte Biopsie entnommen, wird diese zusätzlich mit der GOÄ 2404 (ggf. mehrfach) abgerechnet.
  • GOÄ 410 + 420 (Vaginalsonographie): Falls zur weiteren Abklärung eine Ultraschalluntersuchung der inneren Genitalorgane medizinisch indiziert ist.

Ausschlüsse

Im Leistungstext der GOÄ 1070 selbst sind keine direkten Ausschlussziffern genannt. Die wichtigste Einschränkung bleibt die Nicht-Steigerbarkeit. Eine Nebeneinanderberechnung mit einer allgemeinen Ganzkörperuntersuchung (GOÄ 8) im selben gynäkologischen Kontext wäre kritisch zu prüfen und ist in der Praxis unüblich.

Häufig gestellte Fragen

Warum wird meine Abrechnung für GOÄ 1070 immer auf den 1,0-fachen Satz gekürzt, obwohl die Untersuchung aufwendig war?

Die Kürzung auf den 1,0-fachen Satz ist bei der GOÄ 1070 korrekt und unvermeidbar. Anders als bei den meisten GOÄ-Ziffern handelt es sich hierbei nicht um einen Regelhöchstsatz, der je nach Aufwand gesteigert werden kann. Die Gebührenordnung legt in den „Allgemeinen Bestimmungen“ zum Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe) explizit fest, dass die Ziffer 1070 (und einige andere) nur mit dem Einfachsatz berechnungsfähig ist. Der individuelle Mehraufwand, z.B. durch eine schwierige Einstellung bei einer adipösen Patientin oder eine langwierige Befundsuche, kann daher nicht über eine Steigerung der GOÄ 1070, sondern muss über andere Ziffern, wie eine entsprechend begründete Steigerung der Beratungsziffer (GOÄ 1 oder 3), abgebildet werden.

Ist die Anwendung von Essigsäure oder Jod (Schiller-Probe) in der GOÄ 1070 enthalten?

Ja, nach herrschender Kommentarlage und gängiger Praxis gelten die Anwendung von 3-5%iger Essigsäure zur Darstellung von Dysplasien (essigweiße Areale) sowie die Jodprobe nach Schiller als methodisch notwendige und integrale Bestandteile der Kolposkopie. Sie sind daher vollständig im Honorar der GOÄ 1070 enthalten und können nicht als separate Leistung abgerechnet werden. Die dabei verbrauchten Materialien (Essig, Jodlösung, Tupfer) fallen in der Regel unter die Kleinmaterialpauschale des § 10 GOÄ und sind ebenfalls nicht gesondert berechnungsfähig, es sei denn, es würden im Einzelfall die Grenzen für als Auslagen berechenbare Materialien überschritten, was hier praktisch ausgeschlossen ist.

Gibt es wirklich absolut keine Möglichkeit, die GOÄ 1070 über den 1,0-fachen Satz hinaus abzurechnen?

Nein, es gibt definitiv keine abrechnungstechnisch korrekte Möglichkeit, die GOÄ 1070 mit einem höheren Faktor als 1,0 abzurechnen. Die entsprechende Vorschrift in den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ ist unmissverständlich und bindend für Ärzte und Kostenträger. Versuche, die Ziffer dennoch zu steigern, führen unweigerlich zu Beanstandungen und Kürzungen. Die Vergütung eines erhöhten Aufwands muss über die korrekte Abrechnung und ggf. Steigerung der weiteren im Behandlungsfall erbrachten Leistungen erfolgen, beispielsweise durch eine ausführliche, zeitaufwendige Beratung (GOÄ 3) oder die Durchführung zusätzlicher notwendiger Prozeduren wie einer Biopsie (GOÄ 2404).

Kann ich die GOÄ 1070 neben der GOÄ 7 (gynäkologische Untersuchung) abrechnen?

Ja, die Nebeneinanderberechnung der GOÄ 1070 und der GOÄ 7 in derselben Sitzung ist zulässig und in der Praxis ein häufiger und korrekter Fall. Die beiden Ziffern beschreiben unterschiedliche Leistungen. Die GOÄ 7 umfasst die bimanuelle palpatorische Untersuchung der inneren Genitalorgane sowie die Inspektion mit einem Spekulum. Die GOÄ 1070 hingegen beschreibt die daran anschließende, spezialisierte mikroskopische Untersuchung der Portio, Vagina und Vulva. Da es sich um zwei voneinander abgrenzbare Untersuchungsvorgänge mit unterschiedlicher Zielsetzung handelt, können beide Ziffern nebeneinander abgerechnet werden, vorausgesetzt, beide Leistungen wurden vollständig erbracht und entsprechend dokumentiert.

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