Die GOÄ-Ziffer 1070 beschreibt die Durchführung einer Kolposkopie. Hierbei handelt es sich um eine spezialisierte Untersuchungsmethode, bei der die Vulva, die Vagina und insbesondere der Muttermund (Portio vaginalis cervicis) mit einem speziellen Untersuchungsmikroskop, dem Kolposkop, betrachtet werden.
Der offizielle Leistungstext ist denkbar kurz und lautet schlicht:
"Kolposkopie"
Trotz der Kürze der Legende sind die Leistungsbestandteile klar definiert. Die Abrechnung der Ziffer 1070 setzt zwingend den Einsatz eines Kolposkops voraus. Die Leistung umfasst die gesamte Prozedur der mikroskopischen Betrachtung, inklusive der Einstellung des Instruments und der systematischen Inspektion der genannten Bereiche. Ziel ist die vergrößerte Darstellung von Gewebeoberflächen, um pathologische Veränderungen wie Entzündungen, Krebsvorstufen (Dysplasien) oder Tumoren frühzeitig zu erkennen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar wären. Die Anwendung von Reagenzien wie Essigsäure oder Jodlösung (Schiller-Probe) zur besseren Differenzierung des Gewebes gilt nach herrschender Kommentarlage als integraler Bestandteil der Leistung.
Eine entscheidende Besonderheit der GOÄ 1070 ergibt sich aus den Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt H der GOÄ:
Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung der 1-fache Satz! Dies ist eine verbindliche Vorgabe der Gebührenordnung und lässt keinen Spielraum für eine Steigerung des Faktors.
Die Ziffer deckt somit die rein technische Durchführung der Untersuchung ab. Beratungsleistungen oder weiterführende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen sind nicht enthalten und müssen gesondert abgerechnet werden.
Die Kolposkopie ist ein Standardverfahren in der gynäkologischen Praxis, insbesondere im Rahmen der Dysplasiesprechstunde. Die korrekte Abrechnung der GOÄ 1070 ist unkompliziert, birgt aber eine wesentliche Besonderheit, deren Nichtbeachtung unweigerlich zu Kürzungen führt.
In diesen typischen Szenarien kommt die Ziffer 1070 zur Anwendung:
Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1070 ist die Anwendung eines falschen Steigerungsfaktors. Die korrekte Abrechnung erfordert penible Beachtung der Gebührenordnung und eine lückenlose Dokumentation.
Achtung – Fester Abrechnungssatz: Die GOÄ-Ziffer 1070 darf ausnahmslos nur mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Diese Regelung ist in den Allgemeinen Bestimmungen vor dem Abschnitt H der GOÄ festgelegt. Jede Steigerung auf den Regelhöchstsatz (2,3) oder höher wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent auf den Einfachsatz gekürzt. Eine Begründung für einen höheren Faktor ist hier unwirksam.
Eine saubere Dokumentation ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rückfragen. Sie sollte nicht nur die Durchführung, sondern auch die Indikation und das Ergebnis festhalten. Ein Minimalstandard sollte folgende Punkte umfassen:
Beispiel-Dokumentationseintrag:
"[Datum]: Kolposkopie bei Z.n. Pap IIID2. Portiooberfläche nach Essigprobe mit zartem essigweißem Areal auf 11 Uhr, TZ Typ 1. Keine groben Mosaike oder Punktierungen. Jod-negatives Areal korrespondierend. V.a. Low-Grade-Läsion. Empfehlung: Biopsie zur Histologie (siehe OP-Bericht) / alternativ kurzfristige Kontrolle in 3 Monaten."
Diese Dokumentation belegt die medizinische Notwendigkeit, die Durchführung und das Ergebnis, was die Abrechnung der Ziffer 1070 und eventueller Zusatzleistungen (z.B. Biopsie nach GOÄ 2404) stützt.
Wie bereits mehrfach betont: Eine Steigerung der GOÄ 1070 ist nicht möglich. Der Faktor ist auf 1,0 festgesetzt. Der Aufwand der Untersuchung kann und muss über andere, steigerungsfähige Ziffern abgebildet werden, die im selben Behandlungskontext anfallen (z.B. eine ausführliche Beratung nach GOÄ 3).
Die Kolposkopie steht selten allein. Sie ist in der Regel in ein Untersuchungsszenario eingebettet. Nach herrschender Auffassung ist die Kombination mit folgenden Ziffern in derselben Sitzung möglich und üblich:
Im Leistungstext der GOÄ 1070 selbst sind keine direkten Ausschlussziffern genannt. Die wichtigste Einschränkung bleibt die Nicht-Steigerbarkeit. Eine Nebeneinanderberechnung mit einer allgemeinen Ganzkörperuntersuchung (GOÄ 8) im selben gynäkologischen Kontext wäre kritisch zu prüfen und ist in der Praxis unüblich.
Die Kürzung auf den 1,0-fachen Satz ist bei der GOÄ 1070 korrekt und unvermeidbar. Anders als bei den meisten GOÄ-Ziffern handelt es sich hierbei nicht um einen Regelhöchstsatz, der je nach Aufwand gesteigert werden kann. Die Gebührenordnung legt in den „Allgemeinen Bestimmungen“ zum Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe) explizit fest, dass die Ziffer 1070 (und einige andere) nur mit dem Einfachsatz berechnungsfähig ist. Der individuelle Mehraufwand, z.B. durch eine schwierige Einstellung bei einer adipösen Patientin oder eine langwierige Befundsuche, kann daher nicht über eine Steigerung der GOÄ 1070, sondern muss über andere Ziffern, wie eine entsprechend begründete Steigerung der Beratungsziffer (GOÄ 1 oder 3), abgebildet werden.
Ja, nach herrschender Kommentarlage und gängiger Praxis gelten die Anwendung von 3-5%iger Essigsäure zur Darstellung von Dysplasien (essigweiße Areale) sowie die Jodprobe nach Schiller als methodisch notwendige und integrale Bestandteile der Kolposkopie. Sie sind daher vollständig im Honorar der GOÄ 1070 enthalten und können nicht als separate Leistung abgerechnet werden. Die dabei verbrauchten Materialien (Essig, Jodlösung, Tupfer) fallen in der Regel unter die Kleinmaterialpauschale des § 10 GOÄ und sind ebenfalls nicht gesondert berechnungsfähig, es sei denn, es würden im Einzelfall die Grenzen für als Auslagen berechenbare Materialien überschritten, was hier praktisch ausgeschlossen ist.
Nein, es gibt definitiv keine abrechnungstechnisch korrekte Möglichkeit, die GOÄ 1070 mit einem höheren Faktor als 1,0 abzurechnen. Die entsprechende Vorschrift in den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ ist unmissverständlich und bindend für Ärzte und Kostenträger. Versuche, die Ziffer dennoch zu steigern, führen unweigerlich zu Beanstandungen und Kürzungen. Die Vergütung eines erhöhten Aufwands muss über die korrekte Abrechnung und ggf. Steigerung der weiteren im Behandlungsfall erbrachten Leistungen erfolgen, beispielsweise durch eine ausführliche, zeitaufwendige Beratung (GOÄ 3) oder die Durchführung zusätzlicher notwendiger Prozeduren wie einer Biopsie (GOÄ 2404).
Ja, die Nebeneinanderberechnung der GOÄ 1070 und der GOÄ 7 in derselben Sitzung ist zulässig und in der Praxis ein häufiger und korrekter Fall. Die beiden Ziffern beschreiben unterschiedliche Leistungen. Die GOÄ 7 umfasst die bimanuelle palpatorische Untersuchung der inneren Genitalorgane sowie die Inspektion mit einem Spekulum. Die GOÄ 1070 hingegen beschreibt die daran anschließende, spezialisierte mikroskopische Untersuchung der Portio, Vagina und Vulva. Da es sich um zwei voneinander abgrenzbare Untersuchungsvorgänge mit unterschiedlicher Zielsetzung handelt, können beide Ziffern nebeneinander abgerechnet werden, vorausgesetzt, beide Leistungen wurden vollständig erbracht und entsprechend dokumentiert.