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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1085: Kryochirurgischer Eingriff im Vaginalbereich, als selbständige Leistung

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
17.25
Regelhöchstsatz:
2.3
39.68
Höchstsatz:
3.5
60.39
Ausschlüsse:

GOÄ 1085: Die Leistungslegende im Detail

Die GOÄ-Ziffer 1085 beschreibt den „Kryochirurgischen Eingriff im Vaginalbereich, als selbständige Leistung“. Diese Ziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe und Urologie bei der Frau) der Gebührenordnung für Ärzte angesiedelt, auch wenn sie dort nicht explizit einem Unterabschnitt zugeordnet ist. Sie deckt gezielte chirurgische Eingriffe ab, bei denen durch die Anwendung extremer Kälte (Kryotherapie) pathologisch verändertes Gewebe zerstört wird.

Die Leistungslegende lässt sich in drei wesentliche Bestandteile zerlegen, die für eine korrekte Abrechnung verstanden werden müssen:

  1. Kryochirurgischer Eingriff: Dies definiert die Methode. Es handelt sich um ein operatives Verfahren, bei dem Gewebe durch Vereisung, typischerweise mit flüssigem Stickstoff oder Distickstoffmonoxid, gezielt zerstört (nekrotisiert) wird. Es ist mehr als eine simple Kälteanwendung; es ist ein destruierender chirurgischer Akt.
  2. im Vaginalbereich: Dieser Teil grenzt die anatomische Lokalisation ein. Nach gängiger Auslegung umfasst dies nicht nur die Vagina selbst, sondern auch die Portio vaginalis uteri sowie die Vulva und den Introitus vaginae. Die Behandlung von Hautläsionen außerhalb dieses Bereichs fällt nicht unter diese Ziffer.
  3. als selbständige Leistung: Dies ist eine entscheidende Voraussetzung. Der Eingriff darf nicht nur ein untergeordneter Teilschritt einer anderen, größeren Operation sein. Er muss entweder die alleinige Leistung in der Sitzung darstellen oder eine von anderen Leistungen klar abgrenzbare, eigenständig indizierte Maßnahme sein.

Ein zentraler und oft übersehener Punkt bei der GOÄ 1085 ist der Gebührenrahmen. Nach Kommentarlage und herrschender Meinung handelt es sich hierbei um eine Gebührenposition mit einem festen Satz: „Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung der 1-fache Satz!“ Eine Steigerung über den einfachen Satz hinaus ist daher nicht zulässig.

So setzen Sie GOÄ 1085 im Praxisalltag sicher ein

Die Kryotherapie ist in der gynäkologischen Praxis ein etabliertes und effektives Verfahren. Doch gerade bei der Abrechnung der GOÄ 1085 lauern Fallstricke, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können. Mit den folgenden Hinweisen wenden Sie die Ziffer revisionssicher an.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 1085

In diesen gängigen Behandlungsszenarien ist der Ansatz der GOÄ 1085 in der Regel gut begründet:

  • Behandlung von Condylomata acuminata (Feigwarzen): Die gezielte Vereisung von einzelnen oder mehreren Kondylomen im Bereich der Vulva, des Scheideneingangs oder der Vagina ist die klassische Indikation für diese Ziffer.
  • Therapie von Dysplasien an der Portio: Bei leichten bis mäßigen zervikalen intraepithelialen Neoplasien (z.B. CIN I-II) kann die Kryotherapie nach kolposkopischer Abklärung als eigenständiger Eingriff zur Zerstörung des betroffenen Areals eingesetzt werden.
  • Entfernung von benignen Läsionen: Die Behandlung von gutartigen Veränderungen wie Hämangiomen, hartnäckigem Granulationsgewebe (z.B. nach Episiotomie) oder anderen kleinen Tumoren im Vaginalbereich kann ebenfalls unter die GOÄ 1085 fallen.
  • Behandlung von vaginalen intraepithelialen Neoplasien (VAIN): Auch bei Vorstufen von Vaginalkarzinomen kann die Kryochirurgie eine therapeutische Option sein, die als selbstständige Leistung nach dieser Ziffer abgerechnet wird.

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Die häufigsten Kürzungsgründe bei der GOÄ 1085 sind eine unzulässige Steigerung und die Abrechnung als unselbstständige Leistung.

  • Fehler 1: Unzulässige Steigerung des Faktors. Der wohl gravierendste Fehler ist der Versuch, die Ziffer über den 1,0-fachen Satz hinaus zu steigern. Dies ist nicht möglich. Die GOÄ 1085 ist eine der wenigen Ziffern mit einem festen Gebührensatz.
  • Fehler 2: Abrechnung neben einer größeren OP. Wird die Kryotherapie lediglich als kleiner, ergänzender Schritt im Rahmen einer umfassenderen Operation durchgeführt (z.B. die zusätzliche Vereisung einer winzigen Läsion während einer Konisation oder einer komplexen Vaginalplastik), ist der Leistungsinhalt oft schon durch die Hauptziffer abgedeckt. Der Grundsatz „als selbständige Leistung“ wird hier verletzt.
  • Fehler 3: Falsche Lokalisation. Die Ziffer ist streng auf den „Vaginalbereich“ beschränkt. Die Vereisung einer Warze am Oberschenkel oder in der Leistenregion muss über andere Ziffern (z.B. GOÄ 740 ff.) abgerechnet werden.

Achtung: Fester Gebührenrahmen!
Die GOÄ-Ziffer 1085 ist eine Festbetragsleistung. Sie darf ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Jede Steigerung, auch mit Begründung, wird von den Kostenträgern konsequent gekürzt und ist gebührenrechtlich nicht haltbar.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Rückfragen. Sie sollte die Indikation und die Selbstständigkeit des Eingriffs klar belegen.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

  • Datum: 15.10.2023
  • Diagnose/Indikation: Rezidivierende Condylomata acuminata an der Vulva (hintere Kommissur).
  • Durchführung: Nach Aufklärung und Einverständnis, Patientin in SSL. Gezielte kryochirurgische Destruktion von 3 kondylomatösen Läsionen (ca. 2-4 mm) an der hinteren Kommissur mittels Flüssigstickstoff-Applikator (2 Zyklen à 15 Sek.). Eingriff als alleinige operative Maßnahme in dieser Sitzung.
  • Weiteres Vorgehen: Wundkontrolle in 2 Wochen, Aufklärung über Blasenbildung und lokale Pflege.

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerungsfähigkeit

Nein. Wie bereits mehrfach betont, ist eine Steigerung der GOÄ 1085 über den 1,0-fachen Satz ausgeschlossen. Es handelt sich um eine fixe Gebühr.

Typische und sinnvolle Kombinationen

Die GOÄ 1085 kann und sollte je nach Behandlungsfall mit anderen Ziffern kombiniert werden:

  • GOÄ 1/3 (Beratung): Wenn eine separate, über die unmittelbare Leistungsaufklärung hinausgehende Beratung stattfindet.
  • GOÄ 6 (Vollständige gynäkologische Untersuchung): Zur Befunderhebung vor dem Eingriff.
  • GOÄ 10 (Kolposkopie): Oft unerlässlich zur genauen Lokalisation und Beurteilung der zu behandelnden Läsionen, insbesondere an der Portio.
  • GOÄ 490/491 (Lokalanästhesie): Falls für den Eingriff eine lokale Betäubung notwendig ist.
  • GOÄ 442 (Zuschlag für ambulante Operationen): Dieser Zuschlag ist bei Erfüllung der allgemeinen Bestimmungen (z.B. Durchführung in einem OP-Raum, Sterilität) neben der GOÄ 1085 ansetzbar und wird in der Praxis häufig vergessen.

Ausschlüsse

Direkte Ziffernausschlüsse sind in der Leistungslegende nicht genannt. Der Ausschluss ist funktionaler Natur: Die GOÄ 1085 ist nicht neben einer anderen operativen Leistung berechnungsfähig, wenn sie lediglich einen methodisch notwendigen Teilschritt dieser darstellt. Die Selbstständigkeit muss stets gegeben und dokumentiert sein.

Häufig gestellte Fragen

Warum darf ich die GOÄ 1085 nicht steigern, obwohl der Eingriff zeitaufwändig war?

Die GOÄ 1085 gehört zu einer kleinen Gruppe von Leistungen in der Gebührenordnung für Ärzte, die als sogenannte „Festbeträge“ oder „feste Gebühren“ deklariert sind. Für diese Ziffern hat der Verordnungsgeber bewusst auf den üblichen Gebührenrahmen (1,0- bis 3,5-fach) verzichtet. Der abrechenbare Betrag ist fix und entspricht dem 1,0-fachen Satz. Eine Steigerung ist daher unter keinen Umständen, auch nicht bei außergewöhnlicher Schwierigkeit oder Zeitaufwand, zulässig. Dies ist eine verbindliche Vorgabe der GOÄ, deren Nichtbeachtung zwangsläufig zu Kürzungen durch die Kostenträger führt.

Kann ich die GOÄ 1085 auch für die Behandlung von Feigwarzen an der Vulva abrechnen?

Ja, das ist nach herrschender Auffassung und gängiger Praxis korrekt. Obwohl die Leistungslegende von „Vaginalbereich“ spricht, wird dieser Begriff weit ausgelegt. Er umfasst nicht nur die Vagina selbst, sondern auch die anatomisch angrenzenden Strukturen wie die Vulva, den Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae) und die Portio. Die Behandlung von Kondylomen in diesen Regionen ist eine der Hauptindikationen für die GOÄ 1085. Wichtig ist die Abgrenzung zu rein kutanen Läsionen, die beispielsweise in der Leiste oder am Mons pubis liegen und über andere GOÄ-Ziffern (z.B. 740 ff.) abgerechnet werden müssten.

Ich habe die Kryotherapie im Rahmen einer größeren Vaginal-OP durchgeführt. Kann ich die 1085 zusätzlich ansetzen?

Hier ist große Vorsicht geboten. Die entscheidende Bedingung der GOÄ 1085 ist die „selbständige Leistung“. Wenn die Kryotherapie nur ein kleiner, integraler Bestandteil einer anderen Operation war (z.B. die Mitvereisung einer winzigen Läsion während einer aufwändigen Vaginalplastik), ist sie in der Regel nicht separat berechnungsfähig. Eine Ausnahme könnte bestehen, wenn es sich um einen Eingriff mit einer völlig separaten Indikation an einer anderen Stelle handelte, der einen eigenständigen operativen Schritt darstellte. Dies muss jedoch sehr klar und nachvollziehbar in der OP-Dokumentation begründet werden, um einer Prüfung standzuhalten.

Welche Zuschläge kann ich bei der ambulanten Durchführung der GOÄ 1085 ansetzen?

Ein wichtiger und praxisrelevanter Hinweis ist die Kombinierbarkeit mit dem Zuschlag nach GOÄ-Ziffer 442. Dieser Zuschlag für ambulante Operationen kann angesetzt werden, wenn die allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts C VIII erfüllt sind. Dazu gehört in der Regel die Durchführung des Eingriffs unter aseptischen Kautelen in einem Raum, der die Anforderungen an einen Eingriffsraum erfüllt. Da die Kryochirurgie ein operativer Eingriff ist, ist der Ansatz des Zuschlags bei Erfüllung der Voraussetzungen nicht nur möglich, sondern auch sachgerecht und sollte zur vollständigen Abbildung des Aufwandes nicht vergessen werden.

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