Die GOÄ-Ziffer 1090 beschreibt laut amtlicher Gebührenordnung für Ärzte die Leistung: „Einlegen oder Wechseln eines Okklusivpessars“.
Diese Ziffer gehört zum Abschnitt H der GOÄ (Mutter-, und Kindsvorsorge, Schwangerschaftsüberwachung und Geburtshilfe) und deckt eine spezifische gynäkologische Maßnahme ab. Die Leistungslegende lässt sich in zwei zentrale Bestandteile zerlegen:
Die Abrechenbarkeit dieser Ziffer ist jedoch an eine entscheidende Bedingung geknüpft, die sich aus der Kommentarlage und der gängigen Auslegung durch Kostenträger ergibt. Die Leistung ist nicht für die allgemeine Empfängnisverhütung auf Wunsch der Patientin vorgesehen, sondern nur bei Vorliegen einer medizinischen Indikation.
Nach herrschender Kommentarmeinung ist die Leistung nach GOÄ 1090 nur dann abrechnungsfähig, „wenn es gilt, eine gesundheitliche Gefährdung der Patientin durch eine Schwangerschaft zu vermeiden. In allen anderen Fällen, wenn ein Pessar nur zur allgemeinen Schwangerschaftsverhütung benutzt wird, zahlt die private Krankenversicherung und auch die Beihilfestelle nicht.“
Dies bedeutet, dass die GOÄ 1090 eine kurative oder präventive Maßnahme im Krankheitsfall darstellt und nicht als reine Lifestyle-Leistung (IGeL) im Rahmen der GOÄ abgerechnet werden darf. Die medizinische Notwendigkeit ist somit der Dreh- und Angelpunkt für eine revisionssichere Abrechnung.
Die korrekte Anwendung der GOÄ 1090 erfordert ein klares Verständnis der zugrundeliegenden medizinischen Indikation. Während die technische Durchführung unkompliziert ist, liegt die eigentliche Herausforderung in der korrekten Indikationsstellung und Dokumentation, um Kürzungen durch Kostenträger zu vermeiden.
Hier sind einige typische Szenarien aus dem Praxisalltag, in denen die Abrechnung der Ziffer 1090 nach gängiger Auffassung gerechtfertigt ist:
Die häufigste Fehlerquelle bei der GOÄ 1090 ist die Abrechnung ohne stichhaltige medizinische Begründung. Eine reine Verhütung auf Wunsch der Patientin erfüllt die Kriterien nicht und muss als Selbstzahlerleistung (IGeL) abgerechnet werden.
Achtung – Kein Steigerungsfaktor möglich: Die GOÄ 1090 ist eine der wenigen Ziffern, für die ein Festsatz gilt. Laut Kommentarlage ist diese Leistung für alle Kostenträger ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abrechenbar. Eine Steigerung nach § 5 GOÄ ist hier nicht vorgesehen und führt unweigerlich zu Kürzungen.
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Rückfragen und Beanstandungen. Der Zusammenhang zwischen der Grunderkrankung und der Notwendigkeit der Kontrazeption muss klar ersichtlich sein.
Beispiel für einen Dokumentationseintrag:
Datum: 15.10.2023
Anlass: Kontrazeptionsberatung bei Patientin mit Marfan-Syndrom und Aortenwurzel-Dilatation. Interdisziplinäres Konsil (Kardiologie) vom 02.10.2023 empfiehlt dringend die Vermeidung einer Schwangerschaft aufgrund des hohen Risikos einer Aortendissektion.
Ergebnis: Nach Aufklärung über Risiken und Alternativen Entscheidung für mechanische Kontrazeption.
Maßnahme: Einlage eines Okklusivpessars (GOÄ 1090) zur Verhütung aus zwingender medizinischer Indikation. Sitzkontrolle und Anleitung zur Selbstkontrolle erfolgt.
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 1090 nicht möglich. Die Leistung wird immer mit dem einfachen Satz abgerechnet. Dies ist eine Besonderheit, die unbedingt beachtet werden muss.
Die GOÄ 1090 kann sinnvoll mit anderen Ziffern kombiniert werden, sofern diese eigenständige Leistungen darstellen:
Spezifische Ziffernausschlüsse sind in der GOÄ für die Ziffer 1090 nicht explizit genannt. Der wichtigste Ausschluss ist jedoch konzeptioneller Natur: Die Leistung ist nicht für Patientinnen abrechenbar, die lediglich eine Methode zur Familienplanung ohne das Vorliegen einer gesundheitlichen Gefährdung suchen.
Nein, das ist die häufigste Fehlerquelle. Die GOÄ 1090 ist ausschließlich bei medizinischer Notwendigkeit abrechenbar, d.h., wenn eine Schwangerschaft eine konkrete gesundheitliche Gefahr für die Patientin darstellen würde (z.B. wegen einer schweren Grunderkrankung oder der Einnahme fruchtschädigender Medikamente). Eine Verhütung auf alleinigen Wunsch der Patientin zur Familienplanung ist eine Selbstzahlerleistung (IGeL), die privat nach GOÄ liquidiert wird, aber nicht von PKV oder Beihilfe erstattet werden muss.
Nach herrschender Kommentarlage wird eine Abrechnung von zweimal pro Zyklus in der Regel von den Kostenträgern akzeptiert. Dies deckt beispielsweise eine Kontrolle und einen Wechsel ab. Ein häufigerer Wechsel kann medizinisch notwendig sein, zum Beispiel bei auftretendem Fluor oder Zwischenblutungen. In einem solchen Fall ist eine höhere Abrechnungsfrequenz möglich, sollte aber zur Vermeidung von Rückfragen mit einer kurzen medizinischen Begründung in der Rechnung versehen werden (z.B. „erhöhte Frequenz wegen Fluor“).
Die GOÄ 1090 gehört zu den wenigen Leistungen in der Gebührenordnung, für die ein Festsatz gilt. Dies bedeutet, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber den Aufwand für diese Leistung als standardisiert und nicht variabel ansieht. Ein besonderer Zeitaufwand, Schwierigkeiten bei der Durchführung oder andere Umstände rechtfertigen hier keine Steigerung über den 1,0-fachen Satz. Die Anwendung eines höheren Faktors (z.B. 2,3-fach) wird von jeder Prüfstelle beanstandet und auf den einfachen Satz gekürzt.
Die absolut entscheidende Voraussetzung ist die lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation der medizinischen Indikation in der Patientenakte. Es muss klar ersichtlich sein, warum eine Schwangerschaft für genau diese Patientin eine gesundheitliche Gefahr darstellt. Notieren Sie die zugrundeliegende Diagnose (z.B. „Z.n. Nierentransplantation“, „schwere Epilepsie unter Valproat“) und verbinden Sie diese explizit mit der Notwendigkeit der Kontrazeption. Ohne diesen dokumentierten Zusammenhang ist die Abrechnung angreifbar.