Die GOÄ-Ziffer 1095 beschreibt die „Operative Reposition der umgestülpten Gebärmutter“. Diese Leistungsziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie und Geburtshilfe) der Gebührenordnung für Ärzte verortet, jedoch keiner spezifischen Unterkategorie zugeordnet. Sie erfasst einen seltenen, aber akut lebensbedrohlichen Notfall, der meist im direkten Anschluss an eine Geburt auftritt (Inversio uteri puerperalis).
Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen:
Ein entscheidender Punkt, der diese Ziffer von den meisten anderen operativen Leistungen der GOÄ unterscheidet, ist ihre Abrechnungsmodalität. Nach herrschender Kommentarlage und Praxis der Kostenträger handelt es sich um eine Festbetragsleistung.
Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1095) der 1-fache Satz!
Das bedeutet, dass eine Steigerung des Gebührensatzes über den 1,0-fachen Satz hinaus – auch bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten oder Zeitaufwänden – nicht möglich ist. Der hohe Schwierigkeitsgrad und der Notfallcharakter sind bereits in der Punktzahl der Leistung selbst abgebildet.
Die Reposition einer Inversio uteri ist glücklicherweise ein seltenes Ereignis im klinischen Alltag. Tritt es jedoch ein, erfordert es sofortiges, entschlossenes Handeln. Genauso präzise muss im Anschluss die Abrechnung erfolgen, denn hier lauert eine oft übersehene, aber kritische Besonderheit.
In diesen Szenarien kommt die Ziffer 1095 typischerweise zum Ansatz:
Der häufigste und zugleich schwerwiegendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1095 ist der Versuch, die Leistung zu steigern. Praxisverwaltungssysteme schlagen oft standardmäßig den 2,3-fachen Satz vor. Diesem Vorschlag dürfen Sie hier keinesfalls folgen.
Abrechnungs-Warnung: Die GOÄ 1095 ist eine Festbetragsleistung. Es ist ausschließlich der 1,0-fache Satz abrechenbar. Jede Steigerung, auch mit noch so guter Begründung, wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent auf den einfachen Satz gekürzt. Dies führt zu unnötigem Verwaltungsaufwand und möglicherweise zu Irritationen bei der Patientin.
Ein weiterer Punkt ist die Abgrenzung zu anderen Leistungen. Die GOÄ 1095 beschreibt die erfolgreiche Reposition. Kleinere, vorbereitende oder abschließende Maßnahmen, die im direkten Zusammenhang stehen (z.B. die Entfernung von Koageln), gelten als Bestandteil der Leistung.
Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist bei diesem Notfalleingriff unerlässlich, nicht nur aus medizinischen, sondern auch aus abrechnungstechnischen Gründen. Sie dient als Nachweis für die durchgeführte Leistung und die Notwendigkeit begleitender Maßnahmen.
Beispiel für einen Dokumentationseintrag:
Datum/Uhrzeit: 15.08.2023, 03:45 Uhr
Diagnose: Akute postpartale Inversio uteri totalis bei Zustand nach Spontangeburt.
Anlass: Massiver vaginaler Blutverlust, Schockzustand der Patientin.
Maßnahme: Unverzügliche Verbringung in den OP. In Intubationsnarkose manuelle, operative Reposition des Uterus nach Johnson. Anschließende bimanuelle Kompression und sonographische Lagekontrolle: Uterus regelrecht reponiert. Gabe von Oxytocin und Sulproston i.v. zur Kontraktion.
Ergebnis: Blutung gestoppt, Kreislaufstabilisierung. Uterus kontrahiert.
Wie bereits mehrfach betont: Eine Steigerung der GOÄ 1095 über den 1,0-fachen Satz ist nicht möglich. Die Leistung ist als Festbetrag konzipiert. Die Begründung liegt darin, dass der Gesetzgeber den hohen Schwierigkeitsgrad und den Notfallcharakter bereits in der Bewertung der Ziffer berücksichtigt hat.
Da die Reposition selten isoliert stattfindet, ist die korrekte Kombination mit anderen Ziffern entscheidend für eine vollständige Abbildung des Aufwands:
Ein direkter Ausschluss anderer Ziffern ist in der Leistungslegende nicht vermerkt. Der Ausschluss erfolgt jedoch funktional: Wenn die Reposition misslingt und eine Hysterektomie (z.B. GOÄ 1145) notwendig wird, ist in der Regel die Hysterektomie als die definitive, höher bewertete Leistung abzurechnen. Der vergebliche Versuch der Reposition wäre dann nicht gesondert nach GOÄ 1095 berechnungsfähig, sondern als Teil der Gesamtleistung zu werten. Eine präzise Dokumentation des Verlaufs ist hier essenziell.
Die GOÄ 1095 ist eine sogenannte Festbetragsleistung. Der Verordnungsgeber hat bei bestimmten Leistungen einen festen Gebührensatz (hier den 1,0-fachen Satz) festgelegt, der nicht überschritten werden darf. Die Annahme dahinter ist, dass der hohe Schwierigkeitsgrad, der Notfallcharakter und der damit verbundene Aufwand bereits pauschal in der hohen Punktzahl der Ziffer für den einfachen Satz einkalkuliert sind. Im Gegensatz zu den meisten anderen GOÄ-Ziffern gibt es hier keinen Spielraum für individuelle Begründungen zur Steigerung. Dies ist eine absolute Ausnahme in der GOÄ und muss bei der Abrechnung strikt beachtet werden, um Kürzungen zu vermeiden.
Da die GOÄ 1095 selbst nicht gesteigert werden kann, ist die korrekte Abrechnung der Begleitleistungen umso wichtiger. Typischerweise können Sie, je nach klinischer Situation, folgende Leistungen zusätzlich ansetzen:
Eine sorgfältige Dokumentation der Indikation für jede einzelne dieser Zusatzleistungen ist für eine reibungslose Kostenerstattung unerlässlich.
Nein, auf keinen Fall. Sie müssen diesen Vorschlag manuell auf den 1,0-fachen Satz korrigieren. Praxisverwaltungssysteme (PVS) sind oft so konfiguriert, dass sie für operative Leistungen standardmäßig den Regelhöchstsatz (2,3-fach) vorschlagen. Die Sonderregelung der GOÄ 1095 als Festbetragsleistung ist in vielen Systemen nicht als Ausnahme hinterlegt. Die Verantwortung für die korrekte Abrechnung liegt jedoch immer bei der Praxis, nicht bei der Software. Das Ignorieren dieser Regel führt unweigerlich zu Beanstandungen und Kürzungen durch die Kostenträger. Es ist ein praxisbewährter Hinweis, diese Ziffer im PVS mit einem internen Vermerk zu versehen.
In diesem komplexen Fall gilt das Prinzip der Zielleistung. Die GOÄ 1095 beschreibt die erfolgreiche operative Reposition. Scheitert dieser Versuch und es muss eine andere, invasivere Methode zur Rettung der Patientin durchgeführt werden (z.B. eine Reposition mittels Laparotomie oder als Ultima Ratio eine Hysterektomie), so wird die letztlich durchgeführte, definitive operative Leistung abgerechnet. Der gescheiterte Versuch der manuellen Reposition ist dann in der Regel nicht separat berechnungsfähig, da er als Teil des gesamten operativen Vorgehens betrachtet wird. Eine extrem genaue, chronologische Dokumentation des gesamten Verlaufs, inklusive des Scheiterns des ersten Versuchs, ist hier rechtlich und abrechnungstechnisch von höchster Bedeutung.