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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1095: Operative Reposition der umgestülpten Gebärmutter

17.12.2025
|
8
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
134.64
Regelhöchstsatz:
2.3
309.68
Höchstsatz:
3.5
471.25
Ausschlüsse:

GOÄ Ziffer 1095: Die formale Definition

Die GOÄ-Ziffer 1095 beschreibt die „Operative Reposition der umgestülpten Gebärmutter“. Diese Leistungsziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie und Geburtshilfe) der Gebührenordnung für Ärzte verortet, jedoch keiner spezifischen Unterkategorie zugeordnet. Sie erfasst einen seltenen, aber akut lebensbedrohlichen Notfall, der meist im direkten Anschluss an eine Geburt auftritt (Inversio uteri puerperalis).

Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen:

  • Operative Reposition: Dieser Begriff beschreibt den eigentlichen Eingriff. Es handelt sich um ein manuelles oder instrumentelles Zurückverlagern des Uterus in seine anatomisch korrekte Position. Der Begriff „operativ“ verdeutlicht den invasiven und interventionellen Charakter der Maßnahme, die über eine rein medikamentöse Behandlung hinausgeht und oft unter Anästhesie stattfindet.
  • umgestülpte Gebärmutter (Inversio uteri): Dies ist die zugrundeliegende, hochdramatische pathologische Veränderung. Der Uterus hat sich, vergleichbar mit dem Finger eines Handschuhs, nach innen gestülpt. Die GOÄ-Ziffer 1095 ist ausschließlich für die Korrektur dieses spezifischen Zustands vorgesehen.

Ein entscheidender Punkt, der diese Ziffer von den meisten anderen operativen Leistungen der GOÄ unterscheidet, ist ihre Abrechnungsmodalität. Nach herrschender Kommentarlage und Praxis der Kostenträger handelt es sich um eine Festbetragsleistung.

Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1095) der 1-fache Satz!

Das bedeutet, dass eine Steigerung des Gebührensatzes über den 1,0-fachen Satz hinaus – auch bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten oder Zeitaufwänden – nicht möglich ist. Der hohe Schwierigkeitsgrad und der Notfallcharakter sind bereits in der Punktzahl der Leistung selbst abgebildet.

Die GOÄ 1095 im Praxisalltag: Ein seltener Notfall mit Abrechnungs-Tücken

Die Reposition einer Inversio uteri ist glücklicherweise ein seltenes Ereignis im klinischen Alltag. Tritt es jedoch ein, erfordert es sofortiges, entschlossenes Handeln. Genauso präzise muss im Anschluss die Abrechnung erfolgen, denn hier lauert eine oft übersehene, aber kritische Besonderheit.

Praxisbeispiele für die Anwendung der GOÄ 1095

In diesen Szenarien kommt die Ziffer 1095 typischerweise zum Ansatz:

  • Akute postpartale Inversion im Kreißsaal: Direkt nach der Geburt der Plazenta kommt es zu einer kompletten Inversion des Uterus. Die Patientin ist kreislaufinstabil. Der Gynäkologe führt unter sofortiger Narkoseeinleitung durch den Anästhesisten die manuelle Reposition durch (z. B. nach der Johnson-Methode).
  • Subakute Inversion auf der Wochenbettstation: Stunden nach der Entbindung wird bei einer Patientin mit starken Schmerzen und Blutungen eine unvollständige Inversion des Uterus diagnostiziert. Die Patientin wird in den OP verbracht, wo unter Spinalanästhesie die Reposition gelingt.
  • Nicht-puerperale Inversion (selten): Bei einer älteren Patientin führt ein großer, gestielter submuköser Myomknoten zu einer chronischen Inversion des Uterus. Die Reposition erfolgt als geplanter Eingriff, um den Uterus für eine nachfolgende Hysterektomie oder Myomenukleation vorzubereiten.

Häufige Fehler und Abgrenzungen

Der häufigste und zugleich schwerwiegendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1095 ist der Versuch, die Leistung zu steigern. Praxisverwaltungssysteme schlagen oft standardmäßig den 2,3-fachen Satz vor. Diesem Vorschlag dürfen Sie hier keinesfalls folgen.

Abrechnungs-Warnung: Die GOÄ 1095 ist eine Festbetragsleistung. Es ist ausschließlich der 1,0-fache Satz abrechenbar. Jede Steigerung, auch mit noch so guter Begründung, wird von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent auf den einfachen Satz gekürzt. Dies führt zu unnötigem Verwaltungsaufwand und möglicherweise zu Irritationen bei der Patientin.

Ein weiterer Punkt ist die Abgrenzung zu anderen Leistungen. Die GOÄ 1095 beschreibt die erfolgreiche Reposition. Kleinere, vorbereitende oder abschließende Maßnahmen, die im direkten Zusammenhang stehen (z.B. die Entfernung von Koageln), gelten als Bestandteil der Leistung.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist bei diesem Notfalleingriff unerlässlich, nicht nur aus medizinischen, sondern auch aus abrechnungstechnischen Gründen. Sie dient als Nachweis für die durchgeführte Leistung und die Notwendigkeit begleitender Maßnahmen.

Beispiel für einen Dokumentationseintrag:

Datum/Uhrzeit: 15.08.2023, 03:45 Uhr
Diagnose: Akute postpartale Inversio uteri totalis bei Zustand nach Spontangeburt.
Anlass: Massiver vaginaler Blutverlust, Schockzustand der Patientin.
Maßnahme: Unverzügliche Verbringung in den OP. In Intubationsnarkose manuelle, operative Reposition des Uterus nach Johnson. Anschließende bimanuelle Kompression und sonographische Lagekontrolle: Uterus regelrecht reponiert. Gabe von Oxytocin und Sulproston i.v. zur Kontraktion.
Ergebnis: Blutung gestoppt, Kreislaufstabilisierung. Uterus kontrahiert.

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerbarkeit

Wie bereits mehrfach betont: Eine Steigerung der GOÄ 1095 über den 1,0-fachen Satz ist nicht möglich. Die Leistung ist als Festbetrag konzipiert. Die Begründung liegt darin, dass der Gesetzgeber den hohen Schwierigkeitsgrad und den Notfallcharakter bereits in der Bewertung der Ziffer berücksichtigt hat.

Typische Kombinationspartner

Da die Reposition selten isoliert stattfindet, ist die korrekte Kombination mit anderen Ziffern entscheidend für eine vollständige Abbildung des Aufwands:

  • Anästhesieleistungen: Fast immer erforderlich. Werden vom Anästhesisten nach Abschnitt D der GOÄ abgerechnet.
  • Ultraschalluntersuchung (GOÄ 415): Zur Lagekontrolle des Uterus nach der Reposition. Wichtig: Die Indikation (z.B. „Lagekontrolle nach Reposition bei Inversio uteri“) muss dokumentiert werden.
  • Infusionen (GOÄ 271, 272): Zur Volumensubstitution und zur Gabe von Uterotonika (Medikamente zur Kontraktion der Gebärmutter).
  • Intensivmedizinische Überwachung (z.B. GOÄ 435): Falls die Patientin postoperativ eine intensive Überwachung benötigt.
  • Beratungen und Untersuchungen (z.B. GOÄ 1, 3, 4, 6, 7): Können im Behandlungsfall vor oder nach dem Eingriff anfallen, sind aber in derselben Sitzung neben der operativen Leistung nur eingeschränkt berechnungsfähig.

Ausschlüsse

Ein direkter Ausschluss anderer Ziffern ist in der Leistungslegende nicht vermerkt. Der Ausschluss erfolgt jedoch funktional: Wenn die Reposition misslingt und eine Hysterektomie (z.B. GOÄ 1145) notwendig wird, ist in der Regel die Hysterektomie als die definitive, höher bewertete Leistung abzurechnen. Der vergebliche Versuch der Reposition wäre dann nicht gesondert nach GOÄ 1095 berechnungsfähig, sondern als Teil der Gesamtleistung zu werten. Eine präzise Dokumentation des Verlaufs ist hier essenziell.

Häufig gestellte Fragen

Warum ist die GOÄ 1095 nicht steigerbar, obwohl es ein hochkomplexer Notfalleingriff ist?

Die GOÄ 1095 ist eine sogenannte Festbetragsleistung. Der Verordnungsgeber hat bei bestimmten Leistungen einen festen Gebührensatz (hier den 1,0-fachen Satz) festgelegt, der nicht überschritten werden darf. Die Annahme dahinter ist, dass der hohe Schwierigkeitsgrad, der Notfallcharakter und der damit verbundene Aufwand bereits pauschal in der hohen Punktzahl der Ziffer für den einfachen Satz einkalkuliert sind. Im Gegensatz zu den meisten anderen GOÄ-Ziffern gibt es hier keinen Spielraum für individuelle Begründungen zur Steigerung. Dies ist eine absolute Ausnahme in der GOÄ und muss bei der Abrechnung strikt beachtet werden, um Kürzungen zu vermeiden.

Welche Begleitleistungen kann ich neben der GOÄ 1095 abrechnen, um den Aufwand abzubilden?

Da die GOÄ 1095 selbst nicht gesteigert werden kann, ist die korrekte Abrechnung der Begleitleistungen umso wichtiger. Typischerweise können Sie, je nach klinischer Situation, folgende Leistungen zusätzlich ansetzen:

  • Sonographische Kontrolle (GOÄ 415): Zur Überprüfung der korrekten Uteruslage nach dem Eingriff.
  • Infusionstherapie (GOÄ 271 oder 272): Für die Gabe von Volumen oder Medikamenten (Uterotonika).
  • Anästhesieleistungen: Diese werden vom durchführenden Anästhesisten separat abgerechnet.
  • Postoperative Überwachung: Bei Notwendigkeit einer intensivierten Überwachung, z.B. nach GOÄ 435.

Eine sorgfältige Dokumentation der Indikation für jede einzelne dieser Zusatzleistungen ist für eine reibungslose Kostenerstattung unerlässlich.

Unsere Praxissoftware schlägt für die GOÄ 1095 automatisch den 2,3-fachen Satz vor. Dürfen wir den trotzdem nicht ansetzen?

Nein, auf keinen Fall. Sie müssen diesen Vorschlag manuell auf den 1,0-fachen Satz korrigieren. Praxisverwaltungssysteme (PVS) sind oft so konfiguriert, dass sie für operative Leistungen standardmäßig den Regelhöchstsatz (2,3-fach) vorschlagen. Die Sonderregelung der GOÄ 1095 als Festbetragsleistung ist in vielen Systemen nicht als Ausnahme hinterlegt. Die Verantwortung für die korrekte Abrechnung liegt jedoch immer bei der Praxis, nicht bei der Software. Das Ignorieren dieser Regel führt unweigerlich zu Beanstandungen und Kürzungen durch die Kostenträger. Es ist ein praxisbewährter Hinweis, diese Ziffer im PVS mit einem internen Vermerk zu versehen.

Was wird abgerechnet, wenn die manuelle Reposition nach GOÄ 1095 scheitert und eine offene Bauch-OP nötig wird?

In diesem komplexen Fall gilt das Prinzip der Zielleistung. Die GOÄ 1095 beschreibt die erfolgreiche operative Reposition. Scheitert dieser Versuch und es muss eine andere, invasivere Methode zur Rettung der Patientin durchgeführt werden (z.B. eine Reposition mittels Laparotomie oder als Ultima Ratio eine Hysterektomie), so wird die letztlich durchgeführte, definitive operative Leistung abgerechnet. Der gescheiterte Versuch der manuellen Reposition ist dann in der Regel nicht separat berechnungsfähig, da er als Teil des gesamten operativen Vorgehens betrachtet wird. Eine extrem genaue, chronologische Dokumentation des gesamten Verlaufs, inklusive des Scheiterns des ersten Versuchs, ist hier rechtlich und abrechnungstechnisch von höchster Bedeutung.

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