Die GOÄ-Ziffer 1120 beschreibt die "Operation eines alten unvollkommenen Dammrisses - auch einschließlich Naht von Einrissen der Vulva und/oder Vagina -". Diese Leistungsziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe) der Gebührenordnung für Ärzte verortet, obwohl sie dort nicht explizit aufgeführt ist. Sie dient der Abrechnung eines spezifischen operativen Eingriffs zur Korrektur von chronischen, also nicht akuten, Verletzungen des Dammbereichs.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen:
Eine Besonderheit dieser Ziffer, die in der Praxis unbedingt zu beachten ist, betrifft den Gebührenrahmen:
Für die GOÄ-Ziffer 1120 gilt bei allen Kostenträgern (Private Krankenversicherungen, Beihilfestellen) ausschließlich der 1-fache Gebührensatz. Eine Steigerung des Faktors ist bei dieser Leistung nicht möglich.
Diese Regelung macht die Ziffer 1120 zu einer sogenannten "Festgebühr" innerhalb der GOÄ, was eine absolute Ausnahme darstellt und bei der Rechnungsstellung zwingend berücksichtigt werden muss.
Die theoretische Definition der GOÄ 1120 ist klar, doch die praktische Anwendung erfordert Sorgfalt, insbesondere bei der Abgrenzung zu anderen Leistungen und in der Dokumentation. Hier finden Sie praxiserprobte Hinweise für eine revisionssichere Abrechnung.
In folgenden klinischen Szenarien kommt die Abrechnung der GOÄ 1120 häufig in Betracht:
Die häufigsten Beanstandungen bei der GOÄ 1120 resultieren aus der Missachtung ihrer Besonderheiten. Vermeiden Sie diese Fallstricke:
Wie bereits mehrfach betont: Eine Steigerung des Gebührensatzes über den 1,0-fachen Satz hinaus ist bei der GOÄ 1120 nicht möglich. Dies ist eine verbindliche Vorgabe der Gebührenordnung, die keinen Auslegungsspielraum lässt.
Die GOÄ 1120 kann und sollte je nach Behandlungsfall mit anderen Ziffern kombiniert werden:
Abrechnungsrelevanter Hinweis: Ausschlüsse beachten!
Die GOÄ 1120 ist nicht neben den Ziffern 1044 (Versorgung eines frischen Dammrisses), 1121 (Operation eines alten vollkommenen Dammrisses), 1126 (Operation einer einfachen Harnröhren-Scheidenfistel) und 1128 (Plastischer Ersatz der vorderen Scheidenwand...) abrechenbar. Diese Leistungen beschreiben entweder einen anderen Zeitpunkt (frisch vs. alt), einen anderen Schweregrad (unvollkommen vs. vollkommen) oder eine andere Lokalisation der Pathologie.
Eine lückenlose Dokumentation ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rückfragen. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Ziffernwahl untermauern.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
"Datum: TT.MM.JJJJ
Anamnese: 35-j. Patientin, Zustand nach 2 Spontangeburten (letzte vor 3 Jahren), seitdem Dyspareunie und rezidivierende Kolpitis.
Befund: Inspektion zeigt derben, druckschmerzhaften Narbenstrang am Damm, klaffender Introitus. Sphinktertonus unauffällig.
Diagnose: Alter, unvollkommener Dammriss II. Grades.
Therapie: Dammplastik in Lokalanästhesie. Exzision des Narbengewebes, schichtweise Adaptation der Beckenbodenmuskulatur und Readaptation der Haut. Material zur Histo eingesandt.
Abrechnung: GOÄ 1120 (1,0x), GOÄ 491, GOÄ 4800."
Die GOÄ 1120 gehört zu den wenigen Leistungen in der Gebührenordnung für Ärzte, die als "Festgebühr" konzipiert sind. Das bedeutet, der Verordnungsgeber hat hier einen festen Betrag festgelegt, der nicht durch einen Steigerungsfaktor an den Aufwand des Einzelfalls angepasst werden kann. Die Begründung dafür ist historisch und liegt im Pauschalcharakter der Leistung. Es wird angenommen, dass der Aufwand für diese spezifische Operation im Durchschnitt immer ähnlich ist. Für die Praxis bedeutet das: Unabhängig von der Dauer oder Komplexität des Eingriffs ist immer der 1,0-fache Satz anzusetzen. Jeder Versuch einer Steigerung wird von Kostenträgern ausnahmslos auf den einfachen Satz gekürzt.
Die Unterscheidung ist rein zeitlicher Natur und bezieht sich auf den Zustand des Gewebes. Ein "frischer" Dammriss nach GOÄ 1044 ist eine akute Verletzung, die typischerweise direkt im Anschluss an eine Geburt versorgt wird. Das Gewebe ist gut durchblutet, die Wundränder sind frisch und können primär adaptiert werden. Ein "alter" Dammriss nach GOÄ 1120 ist hingegen ein chronischer Zustand. Die primäre Wundheilung ist abgeschlossen, es hat sich Narbengewebe gebildet, das eventuell verhärtet, schmerzhaft oder funktionell störend ist. Die Operation erfordert hier oft eine Exzision des Narbengewebes und eine aufwändigere plastische Rekonstruktion des Gewebes.
Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage und dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende nicht möglich. Der Leistungstext der GOÄ 1120 lautet: "... auch einschließlich Naht von Einrissen der Vulva und/oder Vagina". Damit sind solche zusätzlichen Nähte explizit als integraler Bestandteil der Operation definiert. Eine separate Abrechnung, beispielsweise über die GOÄ 2007 (kleine Wundversorgung) oder ähnliche Ziffern, wäre eine unzulässige Doppelberechnung und würde von Kostenträgern mit hoher Wahrscheinlichkeit beanstandet und gestrichen.
Die Abgrenzung ist rein anatomisch und muss in der Operationsdokumentation eindeutig nachvollziehbar sein. Der entscheidende Unterschied ist die Beteiligung des äußeren Afterschließmuskels (Musculus sphincter ani externus).