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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 1121: Operation eines alten vollkommenen Dammrisses

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
H
  
Einfachsatz:
1
96.76
Regelhöchstsatz:
2.3
222.54
Höchstsatz:
3.5
338.65
Ausschlüsse:
1044, 1045, 1126, 1127, 1128

Offizielle Beschreibung nach GOÄ

Die GOÄ-Ziffer 1121 beschreibt die "Operation eines alten vollkommenen Dammrisses". Diese Leistungsziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe und Urologie) der Gebührenordnung für Ärzte angesiedelt, auch wenn sie nicht explizit einer Unterkategorie zugeordnet ist. Sie umfasst die operative Rekonstruktion eines Dammrisses, der nicht frisch ist und bei dem wesentliche Strukturen wie der anale Schließmuskel und potenziell die Rektumschleimhaut betroffen sind.

Leistungsbestandteile der GOÄ 1121

Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen, die für das Verständnis und die korrekte Anwendung entscheidend sind:

  • Operation: Dies impliziert einen umfassenden chirurgischen Eingriff. Dazu gehören die operative Vorbereitung im Eingriffsgebiet (z.B. Exzision von Narbengewebe), die eigentliche Rekonstruktion der anatomischen Schichten einschließlich der Muskulatur und der Wundverschluss. Die unmittelbare postoperative Nachsorge ist ebenfalls Teil der Leistung.
  • alter Dammriss: Die Ziffer ist ausschließlich für sekundäre Rekonstruktionen vorgesehen. Ein "alter" Riss bedeutet, dass der ursprüngliche Defekt bereits vor längerer Zeit entstanden ist und nun als chronischer Zustand mit etabliertem Narbengewebe vorliegt. Sie ist nicht für die Primärversorgung eines frischen Risses (z.B. direkt nach einer Geburt) anwendbar.
  • vollkommener Dammriss: Hiermit ist nach gängiger medizinischer Definition ein Dammriss III. oder IV. Grades gemeint. Entscheidendes Kriterium ist die Mitbeteiligung des Musculus sphincter ani externus (Schließmuskel). Bei einem Riss IV. Grades ist zusätzlich die Rektumschleimhaut verletzt.

Wichtiger Abrechnungshinweis: Für die GOÄ-Ziffer 1121 gilt eine besondere Bestimmung bezüglich des Steigerungsfaktors. Laut Gebührenordnung ist diese Leistung nur mit dem 1-fachen Gebührensatz berechnungsfähig. Eine Steigerung ist, unabhängig von der Komplexität des Eingriffs, nicht zulässig.

GOÄ 1121 in der Praxis: Anwendung und Fallstricke

Die Operation eines alten, komplexen Dammrisses ist ein anspruchsvoller Eingriff, der eine ebenso sorgfältige Abrechnung erfordert. Gerade bei dieser Ziffer führen formale Fehler, insbesondere bei der Steigerung und Kombination, regelmäßig zu Beanstandungen durch Kostenträger.

Typische Praxisbeispiele für die Anwendung

In den folgenden Szenarien ist der Ansatz der GOÄ 1121 in der Regel sachlich korrekt:

  • Fall 1: Spätfolgen nach Geburt: Eine Patientin stellt sich Jahre nach einer komplizierten vaginalen Entbindung vor. Sie leidet unter Stuhlinkontinenz und Schmerzen. Die Untersuchung ergibt eine narbig veränderte Insuffizienz des externen Analsphinkters, entsprechend einem alten Dammriss III. Grades. Es wird die Indikation zur operativen Sphinkter- und Dammrekonstruktion gestellt.
  • Fall 2: Sekundärheilung nach Primärnaht: Nach einer Episiotomie und einem Dammriss II. Grades kam es postpartal zu einer Wundheilungsstörung mit Nahtdehiszenz. Die Wunde heilte sekundär unter Bildung von instabilem Narbengewebe. Die resultierende funktionelle Beeinträchtigung macht nun eine operative Revision und Rekonstruktion erforderlich.
  • Fall 3: Traumatisch bedingter Dammriss: Eine Patientin erlitt durch einen Unfall (z.B. Pfählungsverletzung) eine Verletzung des Beckenbodens und des analen Schließmuskels. Nach der primären Notfallversorgung verblieb ein funktionell relevanter Defekt, der nun in einem elektiven Eingriff korrigiert wird.

Häufige Fehler und Abrechnungsausschlüsse

Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 1121 ist der Versuch, die Leistung zu steigern. Die GOÄ legt hier unmissverständlich fest, dass nur der 1-fache Satz angesetzt werden darf. Jede Steigerung, auch mit ausführlicher Begründung, wird von den Kostenträgern konsequent gekürzt.

Ein weiterer kritischer Punkt sind die Ausschlüsse. Die GOÄ 1121 ist eine Komplexleistung, die kleinere Eingriffe im selben Operationsgebiet bereits beinhaltet.

Achtung – Nicht kombinierbar: Neben der GOÄ 1121 sind die folgenden Ziffern für Leistungen im selben Operationsgebiet und im selben Eingriff nicht berechnungsfähig: GOÄ 1044 (Spaltung einer Analfissur), 1045 (Operation einer Analfistel), 1126 (Operation eines unvollkommenen Dammrisses), 1127 (Operation einer einfachen Rektumscheidenfistel) und 1128 (Operation einer komplizierten Rektumscheidenfistel).

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist unerlässlich, um die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs nachzuweisen. Der Operationsbericht ist hier das zentrale Element. Er sollte die intraoperativen Befunde detailliert beschreiben und die einzelnen Rekonstruktionsschritte nachvollziehbar machen.

Beispiel für einen Dokumentationseintrag (Auszug OP-Bericht):
"Intraoperativer Befund: Zustand nach altem Dammriss III. Grades mit vollständiger Durchtrennung des M. sphincter ani externus und narbiger Platte im Bereich des Damms. Vorgehen: Exzision des Narbengewebes, Darstellung und Mobilisation der retrahierten Sphinkterstümpfe. Rekonstruktion des Schließmuskels mittels überlappender Sphinkterplastik (z.B. Nahtmaterial PDS 3-0). Anschließend schichtweiser Aufbau des Dammes und der Beckenbodenmuskulatur. Hautnaht..."

Steigerung und Kombinationen: Was ist möglich?

Steigerungsfähigkeit

Nein. Die GOÄ 1121 gehört zu den Leistungen, bei denen der Gebührenrahmen durch eine Anmerkung in der Gebührenordnung auf den 1-fachen Satz festgelegt ist. Der hohe Aufwand des Eingriffs ist bereits in der Punktzahl berücksichtigt. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Satz hinaus ist ausgeschlossen.

Sinnvolle Kombinationen

Obwohl die Ziffer selbst nicht steigerbar ist, können je nach Behandlungsfall weitere Leistungen hinzukommen:

  • Ambulante Operation: Wird der Eingriff ambulant durchgeführt, ist nach herrschender Kommentarlage der Zuschlag nach GOÄ 445 (Zuschlag für ambulante Operationen zu den Nummern 1081 bis 1121) berechnungsfähig.
  • Anästhesieleistungen: Die notwendige Anästhesie wird vom Anästhesisten separat nach den Ziffern des Abschnitts D der GOÄ abgerechnet.
  • Prä- und Postoperative Leistungen: Beratungen (GOÄ 1, 3), Untersuchungen (z.B. GOÄ 7, 8, 1040), Sonographien (z.B. GOÄ 410, 420) oder Manometrien im Vorfeld oder in der Nachsorge sind selbstverständlich separat berechnungsfähig, sofern sie nicht am Operationstag selbst erbracht werden.

Häufig gestellte Fragen

Warum darf die GOÄ 1121 nicht gesteigert werden, auch wenn die OP extrem kompliziert war?

Die GOÄ-Ziffer 1121 ist eine sogenannte Festbetragsleistung. Der Verordnungsgeber hat in den Abrechnungsbestimmungen zur GOÄ festgelegt, dass diese spezifische Leistung nur zum 1-fachen Satz abgerechnet werden darf. Die Begründung dafür liegt in der Annahme, dass die hohe Punktzahl der Ziffer den durchschnittlichen Aufwand eines solchen komplexen Eingriffs bereits adäquat abbildet. Selbst bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten, wie massivem Narbengewebe oder einer Re-Operation, ist eine Steigerung des Faktors rechtlich nicht vorgesehen. Die sorgfältige Dokumentation der Komplexität im OP-Bericht ist dennoch wichtig, um die Indikation und den Eingriff selbst zu rechtfertigen, sie legitimiert jedoch keine Abweichung vom festen Gebührensatz.

Was genau unterscheidet einen 'alten' von einem 'frischen' Dammriss in der Abrechnung?

Der zeitliche Aspekt ist hier entscheidend. Ein 'frischer' Dammriss entsteht akut, typischerweise unter der Geburt. Seine Versorgung (Naht) ist entweder Teil der geburtshilflichen Pauschalen oder wird mit Ziffern wie GOÄ 1120 (Naht eines frischen, unvollkommenen Dammrisses) abgerechnet. Die GOÄ 1121 ist hingegen ausschließlich für die sekundäre Rekonstruktion eines 'alten' Risses reserviert. 'Alt' bedeutet, dass die Verletzung bereits abgeheilt ist, jedoch mit einem funktionell unbefriedigenden Ergebnis (z.B. Narbenbildung, Inkontinenz). Chirurgisch stellt dies eine völlig andere Herausforderung dar, da hier Narbengewebe exzidiert und anatomische Strukturen aus einer veränderten Lage rekonstruiert werden müssen.

Darf ich den Zuschlag für ambulantes Operieren (Nr. 445) immer zusammen mit der GOÄ 1121 ansetzen?

Der Zuschlag nach GOÄ 445 ist ansetzbar, wenn die Operation ambulant erbracht wird. In der Leistungslegende der Nr. 445 ist die GOÄ 1121 explizit als zuschlagsberechtigte Leistung aufgeführt. Die Voraussetzung ist, dass der Eingriff tatsächlich ambulant stattfindet, also ohne eine nachfolgende stationäre Aufnahme. Wird die Patientin nach der Operation zur Überwachung stationär aufgenommen, entfällt die Berechtigung für den ambulanten Zuschlag. Die Entscheidung über das Setting (ambulant vs. stationär) muss medizinisch begründet sein und entsprechend dokumentiert werden. In der Praxis wird dieser Eingriff je nach Schweregrad und Allgemeinzustand der Patientin sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt.

Wenn während der Dammriss-OP nach GOÄ 1121 eine kleine Analfistel entdeckt und mitentfernt wird, kann ich dann GOÄ 1045 zusätzlich abrechnen?

Nein, das ist explizit nicht möglich. Die Abrechnungsbestimmungen der GOÄ enthalten einen klaren Leistungsausschluss. Neben der GOÄ 1121 ist die GOÄ 1045 (Operation einer Analfistel) nicht berechnungsfähig. Dies folgt dem Zielleistungsprinzip, wonach eine umfassende Leistung (hier: die komplexe Dammrekonstruktion) notwendige Teilschritte oder kleinere, im selben Gebiet durchgeführte Eingriffe mit einschließt. Die Entfernung der Fistel würde in diesem Fall als integraler Bestandteil der Sanierung des Operationsgebietes gelten. Eine separate Abrechnung würde von Kostenträgern als Doppelberechnung gewertet und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestrichen werden.

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