Die GOÄ-Ziffer 1123 beschreibt die „Plastische Operation bei teilweisem Verschluß der Scheide“. Diese Ziffer ist im Abschnitt H (Gynäkologie, Geburtshilfe) der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verortet, obwohl sie keinem spezifischen Unterabschnitt zugeordnet ist. Sie umfasst einen operativen Eingriff, der darauf abzielt, eine partielle Obstruktion oder Verengung der Vagina chirurgisch zu korrigieren und die normale Anatomie und Funktion wiederherzustellen.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre zentralen Bestandteile zerlegen:
Ein zentraler und in der Praxis absolut zu beachtender Punkt betrifft die Abrechnungshöhe dieser Leistung:
Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 1123) der 1-fache Satz!
Dies bedeutet, dass die Ziffer 1123 eine sogenannte Festgebühr darstellt. Eine Steigerung des Faktors über den 1,0-fachen Satz ist – unabhängig von der Schwierigkeit oder dem Zeitaufwand – nicht zulässig. Dies ist eine häufige Fehlerquelle bei der Rechnungsstellung und führt regelmäßig zu Beanstandungen durch Kostenträger.
Die korrekte Anwendung der GOÄ 1123 erfordert ein klares Verständnis der Indikation und eine präzise Dokumentation. Während die Definition eindeutig scheint, lauern im Praxisalltag einige Herausforderungen, insbesondere bei der Abgrenzung zu anderen Leistungen und bei der Rechnungsstellung.
In folgenden klinischen Szenarien kommt die Abrechnung der Ziffer 1123 nach herrschender Kommentarlage in Betracht:
Die häufigsten Beanstandungen durch private Krankenversicherungen und Beihilfestellen bei dieser Ziffer betreffen die Steigerung und die falsche Indikationsstellung.
Abrechnungsrelevanter Hinweis: Die GOÄ 1123 ist eine Festgebühr. Rechnen Sie diese Ziffer immer nur mit dem 1,0-fachen Satz ab. Jeglicher Steigerungsversuch wird von Kostenträgern konsequent gekürzt.
Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Rückfragen. Sie muss den plastisch-rekonstruktiven Charakter des Eingriffs belegen.
Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation: Beschreiben Sie im OP-Bericht nicht nur die Diagnose (z.B. „vaginale Synechien“), sondern auch die durchgeführte Technik. Verwenden Sie Begriffe, die den plastischen Charakter unterstreichen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Datum: 15.10.2023
Diagnose: Partielle Stenose des oberen Scheidendrittels bei Z.n. Radiatio.
Eingriff: Exzision des zirkulären Narbenrings. Mobilisation der angrenzenden Vaginalschleimhaut und Readaptation mittels fortlaufender Naht zur Wiederherstellung eines regelrechten Lumens. Einlage einer Tamponade.
Ergebnis: Vaginale Durchgängigkeit vollständig wiederhergestellt.
Wie bereits mehrfach betont, ist eine Steigerung der GOÄ 1123 nicht möglich. Es handelt sich um eine der wenigen operativen Leistungen in der GOÄ, die als Festgebühr konzipiert sind. Die Abrechnung erfolgt ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz.
Die GOÄ 1123 kann je nach Behandlungsfall sinnvoll mit anderen Ziffern kombiniert werden, zum Beispiel:
Die GOÄ definiert klare Ausschlüsse, um eine doppelte Honorierung für gleiche oder ähnliche Leistungen zu verhindern. Achten Sie unbedingt auf die Einhaltung dieser Vorgaben.
Achtung: Neben der GOÄ-Ziffer 1123 sind folgende Ziffern in derselben Sitzung nicht abrechnungsfähig: 1061, 1124, 1128, 2400.
Dies ist logisch begründet: Man kann nicht gleichzeitig einen teilweisen (1123) und einen vollständigen (1124) Verschluss operieren. Ebenso ist die Eröffnung einer Hymenalatresie (1061) ein anderer, spezifischerer Eingriff. Die Anlegung einer künstlichen Scheide (1128) ist ein weitaus umfangreicherer Eingriff, der die Leistung nach 1123 inkludiert. Der Ausschluss der GOÄ 2400 (Exzision einer Geschwulst an der Haut der Schamgegend) verhindert eine Doppelabrechnung für Gewebeentfernungen im selben Operationsgebiet.
Der entscheidende Unterschied liegt im Begriff „Plastische Operation“. Während eine Bougierung eine rein mechanische Dehnung von bestehendem Gewebe darstellt, erfordert die GOÄ 1123 einen chirurgisch-rekonstruktiven Eingriff. Das bedeutet, es wird aktiv Gewebe umgeformt, Narbengewebe entfernt (Exzision) oder Schleimhautlappen verschoben, um die Engstelle zu beseitigen und die normale Anatomie wiederherzustellen. Eine reine Dehnung ohne Schnitt, Naht oder Gewebeumformung erfüllt den Leistungsinhalt der GOÄ 1123 nicht und ist daher nicht mit dieser Ziffer abrechenbar. Die Dokumentation im OP-Bericht muss diesen plastischen Charakter klar belegen.
Nicht automatisch. Die Diagnose allein rechtfertigt die Ziffer noch nicht. Entscheidend ist der operative Befund und die durchgeführte Maßnahme. Wenn der Lichen sclerosus zu einer narbigen, partiellen Stenose geführt hat, die eine plastische Operation zur Erweiterung erfordert (z.B. eine Inzision mit anschließender Schleimhautnaht zur Erweiterung des Lumens, eine sogenannte Y-V-Plastik), dann ist die GOÄ 1123 korrekt. Wenn Sie jedoch lediglich Verklebungen stumpf lösen oder eine medikamentöse Behandlung durchführen, ist der Ansatz der Ziffer nicht gerechtfertigt. Es muss ein operativer, rekonstruktiver Eingriff stattfinden.
Die GOÄ 1123 ist eine von wenigen operativen Ziffern, die von der Gebührenordnung als Festgebühr oder Pauschale definiert wurde. Dies ist eine verbindliche Vorgabe. Der Verordnungsgeber hat hier einen durchschnittlichen Aufwand bewertet und mit einem festen Betrag (dem 1,0-fachen Satz) versehen. Ein individuell erhöhter Zeitaufwand, besondere Schwierigkeiten oder andere Umstände berechtigen daher nicht zu einer Steigerung des Faktors. Eine Abweichung wäre theoretisch nur über eine Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ vor dem Eingriff möglich, was in der Praxis jedoch eine hohe Hürde darstellt und gut begründet sein muss.
Nein, das ist ausdrücklich ausgeschlossen. Die beiden Ziffern beschreiben alternative Zustände: Entweder liegt ein teilweiser Verschluss (GOÄ 1123) oder ein vollständiger Verschluss (GOÄ 1124) vor. Es ist medizinisch-logisch nicht möglich, dass beide Zustände gleichzeitig vorliegen und operativ korrigiert werden. Sie müssen sich für die Ziffer entscheiden, die den intraoperativen Befund korrekt beschreibt. Die Abrechnung beider Ziffern nebeneinander in einer Sitzung wird von jedem Kostenträger als Abrechnungsfehler gewertet und führt zur Streichung einer der beiden Positionen.