Die GOÄ-Ziffer 201 beschreibt den „Redressierenden Klebeverband des Brustkorbs oder dachziegelförmigen Klebeverband – ausgenommen Nabelverband“. Diese Leistungsziffer aus dem Abschnitt C (konservierende und physikalische Leistungen) der Gebührenordnung für Ärzte deckt spezifische Verbandtechniken ab, die primär der Stabilisierung, Ruhigstellung oder Korrektur (Redression) dienen.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre Kernbestandteile zerlegen:
Die Kommentarlage und gängige Auslegung präzisieren die Anwendung und Abgrenzung der Ziffer 201, insbesondere im Verhältnis zu anderen Verbandsleistungen:
Nach herrschender Kommentarmeinung ist beispielsweise der Dachziegelverband bei einer Zehenfraktur nach Nr. 201 abrechnungsfähig. Eine wichtige Abgrenzung erfolgt zu den Tape-Verbänden: Die Anlage eines Tape-Verbandes über ein kleines Gelenk wird mit Nr. 206 und über ein großes Gelenk mit Nr. 207 abgerechnet. Umfasst ein Tape-Verband hingegen kein Gelenk, so kann die Nr. 201 berechnet werden.
Diese Differenzierung ist für eine prüfsichere Abrechnung von entscheidender Bedeutung und unterstreicht, dass die GOÄ 201 für Verbände an Körperregionen ohne direkte Gelenküberbrückung vorgesehen ist, es sei denn, es handelt sich explizit um den Brustkorb oder eine Technik wie den Dachziegelverband an den Zehen.
Die GOÄ-Ziffer 201 ist eine häufig genutzte, aber auch fehleranfällige Position in der Abrechnung. Sie deckt spezifische Klebeverbände ab, deren korrekte Anwendung und Abgrenzung zu anderen Ziffern entscheidend für eine reibungslose Kostenerstattung sind. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.
In diesen gängigen Behandlungssituationen kommt die Ziffer 201 in der Regel zur Anwendung:
Die häufigsten Beanstandungen bei der GOÄ 201 resultieren aus zwei Hauptgründen: der fehlerhaften Steigerung und der Verwechslung mit anderen Verbandsziffern.
Achtung – Fester Gebührensatz: Die GOÄ-Ziffer 201 unterliegt einem festen Gebührensatz. Sie darf ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Eine Steigerung über den einfachen Satz hinaus ist nicht zulässig, auch nicht bei erhöhtem Zeitaufwand oder besonderen Schwierigkeiten. Jeglicher Steigerungsversuch führt unweigerlich zu Kürzungen durch Kostenträger.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Verwechslung mit den Ziffern für Tape-Verbände an Gelenken. Sobald ein Klebeverband funktionell ein kleines Gelenk (z.B. Handgelenk, Sprunggelenk) stabilisiert, ist die GOÄ 206 anzusetzen. Bei großen Gelenken (z.B. Knie, Schulter) ist es die GOÄ 207. Die GOÄ 201 ist die korrekte Wahl, wenn eben kein Gelenk überbrückt wird.
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 201 nicht möglich. Die Gebührenordnung sieht für diese Leistung einen festen Multiplikator von 1,0 vor. Dies gilt für alle Kostenträger (PKV, Beihilfe, Selbstzahler) ohne Ausnahme. Die Begründung liegt darin, dass es sich um eine standardisierte technische Leistung handelt, deren Aufwand als nicht variabel eingestuft wird.
Die Kombination mit anderen Ziffern ist entscheidend für eine vollständige Abrechnung. Ein praxisbewährter Hinweis betrifft die Kombination mit der GOÄ 208.
Abrechnungsausschluss beachten: Neben der Nr. 201 ist die GOÄ 435 (Behandlung einer angeborenen oder erworbenen Muskel-, Sehnen- und Gelenkerkrankung mit redressierenden oder funktionellen Stützverbänden) nicht abrechnungsfähig. Die GOÄ 435 zielt auf die Behandlung chronischer oder angeborener Leiden ab (z.B. Klumpfußbehandlung), während die GOÄ 201 für akute, meist traumatische Indikationen vorgesehen ist.
Um Rückfragen und Streichungen zu vermeiden, ist eine präzise Dokumentation unerlässlich. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Anwendung der Ziffer klar belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Datum: 15.08.2023
Diagnose: Fissur Rippe VII rechts nach Sturz
Leistung: Anlage eines redressierenden Klebeverbandes am rechten Thorax zur Schmerzreduktion und Stabilisierung. Technik: Gekreuzte Zügel, elastisches Tape.
Anamnese: Starke atemabhängige Schmerzen, lokaler Druckschmerz über Rippe VII.
Diese kurze, aber präzise Dokumentation begründet die Indikation und die durchgeführte Leistung nachvollziehbar für jeden Prüfer.
Der entscheidende Unterschied liegt in der Beziehung des Verbandes zu einem Gelenk. Die GOÄ 201 wird für Klebeverbände verwendet, die entweder kein Gelenk überbrücken (z.B. bei einer Muskelzerrung am Oberschenkel) oder spezifisch für den Brustkorb oder als Dachziegelverband (z.B. bei einer Zehenfraktur) angelegt werden. Sobald ein Tape-Verband jedoch primär der funktionellen Stabilisierung eines kleinen Gelenks (z.B. Sprunggelenk) dient, ist die GOÄ 206 korrekt. Handelt es sich um ein großes Gelenk (z.B. Kniegelenk), muss die GOÄ 207 abgerechnet werden. Die Lokalisation ist also das primäre Unterscheidungsmerkmal.
Ja, nach herrschender Auffassung ist das möglich, sofern die Bedingungen der GOÄ 201 erfüllt sind. Ein Kinesio-Tape, das beispielsweise zur Detonisierung eines Muskels am Rücken oder zur Unterstützung der Oberschenkelmuskulatur nach einer Zerrung angelegt wird und dabei kein Gelenk funktionell stabilisiert, kann als Klebeverband nach GOÄ 201 abgerechnet werden. Wichtig ist eine saubere Dokumentation der medizinischen Indikation (z.B. „Anlage eines Kinesio-Tapes zur Detonisierung des M. trapezius bei HWS-Syndrom“), um die Leistung nachvollziehbar zu machen.
Die GOÄ 201 gehört zu den wenigen Leistungen in der Gebührenordnung, für die ein fester Gebührensatz (1,0-facher Satz) festgelegt ist. Dies ist in der Gebührenordnung selbst so vorgesehen. Der Verordnungsgeber geht bei diesen Leistungen von einem standardisierten und im Aufwand nicht wesentlich variierenden Vorgehen aus. Ein erhöhter Zeitaufwand, besondere Schwierigkeiten oder andere Faktoren, die normalerweise eine Steigerung über den Regelhöchstsatz (2,3-fach) rechtfertigen würden, können bei dieser Ziffer leider nicht berücksichtigt werden. Eine Steigerung ist daher ausgeschlossen und würde von Kostenträgern konsequent gekürzt.
Die Abgrenzung erfolgt über die Indikation und die Zielsetzung der Behandlung. Die GOÄ 201 ist für die Versorgung von akuten Verletzungen oder Zuständen gedacht, wie z.B. eine frische Rippenfraktur oder eine Muskelzerrung. Ziel ist die unmittelbare Stabilisierung, Ruhigstellung oder Schmerzlinderung. Die GOÄ 435 hingegen zielt auf die Behandlung von angeborenen oder erworbenen (chronischen) Erkrankungen ab. Typische Beispiele sind die redressierende Verbandsbehandlung eines Klumpfußes bei einem Säugling oder funktionelle Stützverbände bei chronischer Gelenkinstabilität. Kurz gesagt: GOÄ 201 ist eher „reaktiv“ bei Akutereignissen, GOÄ 435 ist „proaktiv“ im Rahmen eines längerfristigen Therapieplans.