Die GOÄ-Ziffer 204 ist eine zentrale Abrechnungsposition für eine Vielzahl von großflächigen und funktionalen Verbänden. Der offizielle Leistungstext lautet: "Zirkulärer Verband des Kopfes oder des Rumpfes (ausgenommen als Wundverband); stabilisierender Verband des Halses, des Schulter- oder Hüftgelenks oder einer Extremität über mindestens zwei große Gelenke; Schanz'scher Halskrawattenverband; Kompressionsverband".
Diese Leistungslegende lässt sich in vier Hauptkategorien unterteilen, die jeweils spezifische medizinische Anforderungen erfüllen:
Die Kommentarliteratur präzisiert den Leistungsinhalt weiter und liefert wichtige Auslegungshilfen für die Praxis:
Nach Wezel/Liebold fallen unter die Kompressionsverbände z. B. Schaumgummikompressionsverband, Bisgaard, Braun-Falco, Fischer, Gibney, Pütter, Sigg. Wezel/Liebold hält die Leistungsbeschreibung auch für erfüllt, wenn bei Kompressionsverbänden keine Gelenke einbezogen sind. Rucksack-, Desault- oder Gilchristverbände sind ebenfalls nach Nr. 204 berechnungsfähig.
Ein wichtiger Hinweis aus der Rechtsprechung betrifft die Abgrenzung zu anderen Dienstleistungen:
Der Gebührenausschuss der BÄK hat 1998 entschieden, dass es sich beim Anmessen von Kompressionsstrümpfen um keine selbstständig abrechnungsfähige Leistung handelt.
Diese Tätigkeit ist somit nicht über die GOÄ 204 oder eine andere Ziffer liquidierbar, sondern gilt als Serviceleistung oder ist im Kontext anderer Leistungen enthalten.
Die GOÄ 204 ist eine häufig genutzte Ziffer, doch ihre korrekte Anwendung und Abrechnung erfordert Sorgfalt – insbesondere aufgrund einer entscheidenden Besonderheit. Dieser Leitfaden übersetzt die Theorie in den Praxisalltag und hilft Ihnen, Beanstandungen durch Kostenträger zu vermeiden.
In diesen und ähnlichen Szenarien ist der Ansatz der GOÄ 204 in der Regel gut begründet:
Der häufigste und kostspieligste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 204 betrifft den Gebührensatz. Hier gibt es keinen Spielraum.
Achtung: Nur der 1-fache Satz!
Die GOÄ 204 ist eine sogenannte "Leistung zum einfachen Gebührensatz". Das bedeutet, sie kann und darf von allen Kostenträgern (PKV, Beihilfe etc.) ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Eine Steigerung über den Regelhöchstsatz (2,3) oder gar den Höchstsatz (3,5) ist nicht zulässig und führt unweigerlich zu Kürzungen.
Ein weiterer Punkt ist die Abgrenzung zu kleineren Verbänden. Ein einfacher zirkulärer Verband an einem Arm, der kein Gelenk stabilisiert oder keine Kompression ausübt, erfüllt den Leistungsinhalt der GOÄ 204 nicht. Hier wäre die GOÄ 200 (Verband) die korrekte Ziffer.
Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz bei Rückfragen. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit des spezifischen Verbandes klar belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Wie bereits betont: Eine Steigerung des Gebührensatzes ist bei der GOÄ 204 nicht möglich. Auch wenn in älteren Kommentaren vereinzelt die Möglichkeit einer Begründung für einen höheren Faktor bei besonders aufwändigen Verbänden (z.B. Desault-Verband) diskutiert wurde, ist die herrschende Auffassung und die Praxis der Kostenträger eindeutig: Es gilt ausschließlich der 1,0-fache Satz.
Die GOÄ 204 ist gut mit anderen Leistungen kombinierbar, sofern diese medizinisch indiziert sind. Nach Kommentarlage ist die Nebeneinanderberechnung beispielsweise möglich mit:
Die GOÄ sieht einen spezifischen Ausschluss vor, der in der Praxis jedoch selten relevant ist.
Ausschluss: GOÄ 435
Neben der GOÄ 204 ist die GOÄ 435 (Legen eines Venenkatheters oder einer Verweilkanüle) nicht berechnungsfähig. Der Ausschluss bezieht sich auf den unmittelbaren zeitlichen und lokalen Zusammenhang, der in der Praxis kaum vorkommt.
Nein, nicht jeder zirkuläre Verband qualifiziert für die GOÄ 204. Die Leistungslegende fordert spezifische Kriterien. Ein einfacher, zirkulärer Verband an einer Extremität ohne stabilisierende oder komprimierende Funktion fällt eher unter die GOÄ 200. Für die GOÄ 204 muss der Verband entweder großflächig (Kopf, Rumpf), stabilisierend (Hals, Schulter, Hüfte oder über mind. zwei große Gelenke) oder ein expliziter Kompressionsverband sein. Praxisbewährte Beispiele sind Pütter-Verbände, Gilchrist- oder Desault-Verbände zur Schulterruhigstellung oder mehrlagige Kompressionsverbände in der Phlebologie.
Ja, das ist nach herrschender Auffassung möglich und ein häufiger Anwendungsfall. Die Leistungslegende der GOÄ 204 nennt explizit den "Kompressionsverband", ohne dessen Indikation einzuschränken. Ein entstauender Kompressionsverband, der zur Thromboseprophylaxe bei einem immobilisierten Patienten angelegt wird, erfüllt die Kriterien. Wichtig ist eine entsprechende Dokumentation der medizinischen Notwendigkeit (z.B. "Immobilität nach Fraktur, erhöhtes Thromboserisiko, Anlage eines Kompressionsverbandes zur Prophylaxe").
Diese Annahme ist ein häufiger und folgenschwerer Irrtum. Die GOÄ 204 ist im Gebührenverzeichnis als "Leistung zum einfachen Gebührensatz" deklariert. Das bedeutet, sie ist nicht steigerungsfähig. Unabhängig von Aufwand, Zeit oder Schwierigkeit darf ausschließlich der 1,0-fache Satz berechnet werden. Während in älteren Kommentaren diese Thematik diskutiert wurde, ist die aktuelle und von allen Kostenträgern angewandte Auslegung eindeutig. Jeder Ansatz über dem 1,0-fachen Satz wird zu einer Beanstandung und Kürzung führen.
Ja, die Berechnung von Verbrauchsmaterialien ist neben der GOÄ 204 möglich und üblich. Nach § 10 GOÄ können Sie die Kosten für Materialien, die einen bestimmten Wert übersteigen (sog. Kleinmaterialgrenze), als Auslagenersatz in Rechnung stellen. Dazu gehören typischerweise Polsterwatte, Idealbinden, Pflaster, Kompressen etc. Eine Ausnahme bildet Material, das in § 10 Abs. 2 GOÄ als nicht berechnungsfähig aufgeführt ist. Es ist empfehlenswert, die verwendeten Materialien auf der Rechnung detailliert aufzuführen, um die Nachvollziehbarkeit für den Kostenträger zu gewährleisten.