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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 206: Tape-Verband eines kleinen Gelenks

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
C
  
Einfachsatz:
1
4.08
Regelhöchstsatz:
2.3
9.38
Höchstsatz:
3.5
14.28
Ausschlüsse:
GOÄ 201, GOÄ 435

Offizielle Beschreibung nach GOÄ

Die GOÄ-Ziffer 206 beschreibt den Tape-Verband eines kleinen Gelenks. Diese Leistungsziffer ist im Abschnitt C (Verbandlehre) der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verortet und dient der Abrechnung von funktionellen Verbänden, die Gelenke stabilisieren, führen oder entlasten.

Die Leistungslegende im Detail

Die GOÄ definiert die Ziffer 206 kurz und prägnant. Für eine revisionssichere Abrechnung ist es jedoch entscheidend, die einzelnen Bestandteile genau zu verstehen:

  • Tape-Verband: Hierunter versteht man einen funktionellen Verband, der in der Regel mit unelastischen oder nur gering dehnbaren Klebebinden (Tapes) angelegt wird. Das Ziel ist die gezielte Ruhigstellung oder Bewegungsführung eines Gelenks, während benachbarte Gelenke frei beweglich bleiben.
  • Eines kleinen Gelenks: Die Definition eines "kleinen Gelenks" ist für die korrekte Anwendung zentral. Nach herrschender Kommentarlage sind hiermit primär die Finger- und Zehengelenke gemeint.

Die Kommentarliteratur erweitert den Anwendungsbereich der Ziffer 206 jedoch auf weitere Indikationen, was für die Praxis von hoher Relevanz ist:

Nach gängiger Auslegung sind unter GOÄ-Nr. 206 auch entstauende Kompressionsverbände im Rahmen der Thromboseprophylaxe sowie der Gilchrist- und der Desault-Verband an der Schulter ansetzbar. Obwohl die Schulter ein großes Gelenk ist, wird die Zuordnung hier über die Art und Komplexität des Verbandes begründet.

Diese erweiterte Auslegung ist in der Abrechnungspraxis etabliert und wird von den meisten Kostenträgern anerkannt, sofern die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Durchführung dokumentiert sind.

GOÄ 206 in der Praxis: Von der Fingerdistorsion bis zum Kinesio-Tape

Die GOÄ-Nr. 206 ist eine häufig genutzte Ziffer in orthopädischen, unfallchirurgischen und allgemeinmedizinischen Praxen. Doch ihre korrekte Anwendung erfordert mehr als nur das Anlegen eines Pflasterverbands. Wir zeigen Ihnen, wie Sie diese Leistung revisionssicher abrechnen und welche Fallstricke Sie vermeiden sollten.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 206

  • Der klassische "Skidaumen": Ein Patient stellt sich nach einem Sturz mit einer schmerzhaften Überdehnung des Daumengrundgelenks vor. Zur Stabilisierung und Ruhigstellung legen Sie einen Tape-Verband an, der das Gelenk sichert, die Finger aber beweglich lässt.
  • Stabilisierung nach Zehenverletzung: Nach einer Kapselverletzung an einem Zehengrundgelenk wird ein stützender Tape-Verband angelegt, um die Heilung zu fördern und Schmerzen bei Belastung zu reduzieren.
  • Gilchrist-Verband an der Schulter: Ein Patient wird nach einer Schulterluxation mit einem Gilchrist-Verband versorgt. Obwohl die Schulter ein großes Gelenk ist, wird diese komplexe Verbandtechnik nach gängiger Kommentarlage über die Nr. 206 abgerechnet.
  • Kinesio-Taping (als IGeL): Eine Patientin wünscht zur Unterstützung bei einer Sehnenscheidenentzündung im Handgelenksbereich ein Kinesio-Taping. Da hier ein kleines Gelenk funktionell unterstützt wird, kann die Leistung analog zur GOÄ 206 als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) nach Abschluss eines Behandlungsvertrages abgerechnet werden.

Häufige Fehler und Abrechnungsausschlüsse

Gerade bei Verbandsziffern kommt es häufig zu Rückfragen und Kürzungen. Achten Sie besonders auf folgende Punkte:

  • Abgrenzung zu GOÄ 200: Die Nr. 206 ist nicht für einfache Pflasterverbände oder zirkuläre Verbände (GOÄ 200) ansetzbar. Der Tape-Verband muss eine funktionelle, stützende oder führende Wirkung auf das Gelenk haben.
  • Kinesio-Taping ohne Gelenkbezug: Wird ein Kinesio-Tape rein muskulär angelegt, beispielsweise zur Detonisierung der Rückenmuskulatur ohne Einbeziehung eines Gelenks, ist die GOÄ 206 nicht direkt anwendbar. Hier ist eine Analogabrechnung nach § 6 GOÄ (z.B. A206) der korrekte Weg. Dies muss als IGeL mit dem Patienten vereinbart werden.
  • Materialkosten: Die Kosten für das verwendete Tape-Material sind mit der Gebühr für die GOÄ 206 abgegolten und nicht gesondert berechnungsfähig.

Achtung – Abrechnungsausschluss: Die GOÄ-Nr. 206 ist im selben Behandlungsfall nicht neben der GOÄ-Nr. 201 (Kleiner Schienenverband, z. B. für Finger oder Zehen) und der GOÄ-Nr. 435 (Injektion, intraartikulär) berechnungsfähig. Der Verband nach einer Gelenkinjektion gilt als integraler Bestandteil dieser Leistung.

Tipps für eine revisionssichere Dokumentation

Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Kürzungen. Notieren Sie immer die medizinische Notwendigkeit.

Beispiel-Dokumentation:

Datum: 15.05.2024
Anamnese/Befund: Patient gestürzt, Schmerzen und Schwellung Dig. I re. Gelenk instabil, Kapselbandläsion V.a. Distorsion Daumengrundgelenk.
Therapie: Anlage eines stabilisierenden Tape-Verbandes am Daumengrundgelenk zur funktionellen Ruhigstellung.
Abrechnung: GOÄ 5, GOÄ 206

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerung des Faktors

Die GOÄ-Nr. 206 ist bis zum 3,5-fachen Satz steigerungsfähig. Eine Überschreitung des Regelhöchstsatzes (2,3-fach) erfordert eine nachvollziehbare, patientenbezogene Begründung. Mögliche Gründe sind:

  • Besonders schwierige Bindenführung bei starker Schwellung oder Adipositas
  • Erhöhter Zeitaufwand bei komplexen Verbänden wie dem Desault-Verband
  • Anlage bei einem unruhigen Kind

Praxiswarnung: Einige Beihilfestellen oder private Kostenträger neigen dazu, Verbandsleistungen pauschal oder nur bis zum 1,0-fachen Satz zu erstatten. Eine plausible medizinische Begründung in der Rechnung ist daher unerlässlich, um Kürzungsrisiken zu minimieren.

Sinnvolle Ziffernkombinationen

Die GOÄ 206 kann je nach Behandlungsfall sinnvoll mit anderen Ziffern kombiniert werden, zum Beispiel:

  • GOÄ 1/3: Beratung
  • GOÄ 5/6/7: Symptombezogene Untersuchung
  • GOÄ 252: Injektion, subkutan, submukös oder intrakutan (wenn nicht ins Gelenk)
  • GOÄ 5000 ff.: Röntgenleistungen zur Diagnostik

Häufig gestellte Fragen

Was genau zählt als 'kleines Gelenk' im Sinne der GOÄ 206?

Nach der klassischen Definition der Gebührenordnung und gängigen Kommentaren sind mit 'kleinen Gelenken' primär die Finger- und Zehengelenke gemeint. Die Abrechnungspraxis hat diesen Begriff jedoch erweitert. So wird nach herrschender Auffassung auch der komplexe Gilchrist- oder Desault-Verband an der Schulter über die GOÄ 206 abgerechnet. Hierbei ist nicht die Größe des Gelenks, sondern die Art und der Aufwand des Verbandes ausschlaggebend für die Zuordnung. Eine saubere Dokumentation der Indikation ist hier besonders wichtig.

Darf ich Kinesio-Taping über die GOÄ 206 abrechnen?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Wenn das Kinesio-Tape zur funktionellen Stabilisierung oder Entlastung eines kleinen Gelenks (z.B. Handgelenk, Fingergelenk) angelegt wird, ist die Abrechnung nach GOÄ 206 als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) möglich. Wichtig ist hierfür ein vorab geschlossener schriftlicher Behandlungsvertrag mit dem Patienten. Wird das Tape jedoch rein muskulär ohne direkten Gelenkbezug angelegt (z.B. an der Lendenwirbelsäule), muss die Leistung korrekt als Analogabrechnung nach § 6 GOÄ (z.B. A206) deklariert werden.

Warum kürzen manche Kostenträger die GOÄ 206 auf den 1-fachen Satz?

Obwohl die GOÄ eine Steigerung bis zum 3,5-fachen Satz bei entsprechender Begründung vorsieht, gibt es Beihilfeverordnungen und PKV-Tarife, die für bestimmte Verbandsleistungen nur Pauschalen oder den Einfachsatz erstatten. Dies ist eine vertragliche Einschränkung des jeweiligen Kostenträgers, die nicht die generelle Rechtmäßigkeit der Steigerung nach GOÄ §5 aufhebt. Um das Risiko einer Kürzung zu minimieren, ist eine stichhaltige, patientenbezogene Begründung für die Steigerung über den 2,3-fachen Satz unerlässlich. Bei häufigen Problemen kann es sinnvoll sein, den Patienten vorab über mögliche Erstattungslücken zu informieren.

Ich habe eine intraartikuläre Injektion (GOÄ 435) durchgeführt und danach einen Tape-Verband (GOÄ 206) angelegt. Darf ich beides abrechnen?

Nein, dies ist ein klar definierter Abrechnungsausschluss. Die GOÄ legt fest, dass die Nr. 206 nicht neben der Nr. 435 (Injektion, intraartikulär) berechnungsfähig ist. Der einfache Verband oder auch ein stützender Tape-Verband, der unmittelbar nach der Gelenkinjektion angelegt wird, gilt als notwendiger Bestandteil der Injektionsleistung und ist mit deren Honorar abgegolten. Eine separate Berechnung würde zu einer Beanstandung durch die Kostenträger führen.

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