Die GOÄ-Ziffer 206 beschreibt den Tape-Verband eines kleinen Gelenks. Diese Leistungsziffer ist im Abschnitt C (Verbandlehre) der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verortet und dient der Abrechnung von funktionellen Verbänden, die Gelenke stabilisieren, führen oder entlasten.
Die GOÄ definiert die Ziffer 206 kurz und prägnant. Für eine revisionssichere Abrechnung ist es jedoch entscheidend, die einzelnen Bestandteile genau zu verstehen:
Die Kommentarliteratur erweitert den Anwendungsbereich der Ziffer 206 jedoch auf weitere Indikationen, was für die Praxis von hoher Relevanz ist:
Nach gängiger Auslegung sind unter GOÄ-Nr. 206 auch entstauende Kompressionsverbände im Rahmen der Thromboseprophylaxe sowie der Gilchrist- und der Desault-Verband an der Schulter ansetzbar. Obwohl die Schulter ein großes Gelenk ist, wird die Zuordnung hier über die Art und Komplexität des Verbandes begründet.
Diese erweiterte Auslegung ist in der Abrechnungspraxis etabliert und wird von den meisten Kostenträgern anerkannt, sofern die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Durchführung dokumentiert sind.
Die GOÄ-Nr. 206 ist eine häufig genutzte Ziffer in orthopädischen, unfallchirurgischen und allgemeinmedizinischen Praxen. Doch ihre korrekte Anwendung erfordert mehr als nur das Anlegen eines Pflasterverbands. Wir zeigen Ihnen, wie Sie diese Leistung revisionssicher abrechnen und welche Fallstricke Sie vermeiden sollten.
Gerade bei Verbandsziffern kommt es häufig zu Rückfragen und Kürzungen. Achten Sie besonders auf folgende Punkte:
Achtung – Abrechnungsausschluss: Die GOÄ-Nr. 206 ist im selben Behandlungsfall nicht neben der GOÄ-Nr. 201 (Kleiner Schienenverband, z. B. für Finger oder Zehen) und der GOÄ-Nr. 435 (Injektion, intraartikulär) berechnungsfähig. Der Verband nach einer Gelenkinjektion gilt als integraler Bestandteil dieser Leistung.
Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Kürzungen. Notieren Sie immer die medizinische Notwendigkeit.
Beispiel-Dokumentation:
Datum: 15.05.2024
Anamnese/Befund: Patient gestürzt, Schmerzen und Schwellung Dig. I re. Gelenk instabil, Kapselbandläsion V.a. Distorsion Daumengrundgelenk.
Therapie: Anlage eines stabilisierenden Tape-Verbandes am Daumengrundgelenk zur funktionellen Ruhigstellung.
Abrechnung: GOÄ 5, GOÄ 206
Die GOÄ-Nr. 206 ist bis zum 3,5-fachen Satz steigerungsfähig. Eine Überschreitung des Regelhöchstsatzes (2,3-fach) erfordert eine nachvollziehbare, patientenbezogene Begründung. Mögliche Gründe sind:
Praxiswarnung: Einige Beihilfestellen oder private Kostenträger neigen dazu, Verbandsleistungen pauschal oder nur bis zum 1,0-fachen Satz zu erstatten. Eine plausible medizinische Begründung in der Rechnung ist daher unerlässlich, um Kürzungsrisiken zu minimieren.
Die GOÄ 206 kann je nach Behandlungsfall sinnvoll mit anderen Ziffern kombiniert werden, zum Beispiel:
Nach der klassischen Definition der Gebührenordnung und gängigen Kommentaren sind mit 'kleinen Gelenken' primär die Finger- und Zehengelenke gemeint. Die Abrechnungspraxis hat diesen Begriff jedoch erweitert. So wird nach herrschender Auffassung auch der komplexe Gilchrist- oder Desault-Verband an der Schulter über die GOÄ 206 abgerechnet. Hierbei ist nicht die Größe des Gelenks, sondern die Art und der Aufwand des Verbandes ausschlaggebend für die Zuordnung. Eine saubere Dokumentation der Indikation ist hier besonders wichtig.
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Wenn das Kinesio-Tape zur funktionellen Stabilisierung oder Entlastung eines kleinen Gelenks (z.B. Handgelenk, Fingergelenk) angelegt wird, ist die Abrechnung nach GOÄ 206 als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) möglich. Wichtig ist hierfür ein vorab geschlossener schriftlicher Behandlungsvertrag mit dem Patienten. Wird das Tape jedoch rein muskulär ohne direkten Gelenkbezug angelegt (z.B. an der Lendenwirbelsäule), muss die Leistung korrekt als Analogabrechnung nach § 6 GOÄ (z.B. A206) deklariert werden.
Obwohl die GOÄ eine Steigerung bis zum 3,5-fachen Satz bei entsprechender Begründung vorsieht, gibt es Beihilfeverordnungen und PKV-Tarife, die für bestimmte Verbandsleistungen nur Pauschalen oder den Einfachsatz erstatten. Dies ist eine vertragliche Einschränkung des jeweiligen Kostenträgers, die nicht die generelle Rechtmäßigkeit der Steigerung nach GOÄ §5 aufhebt. Um das Risiko einer Kürzung zu minimieren, ist eine stichhaltige, patientenbezogene Begründung für die Steigerung über den 2,3-fachen Satz unerlässlich. Bei häufigen Problemen kann es sinnvoll sein, den Patienten vorab über mögliche Erstattungslücken zu informieren.
Nein, dies ist ein klar definierter Abrechnungsausschluss. Die GOÄ legt fest, dass die Nr. 206 nicht neben der Nr. 435 (Injektion, intraartikulär) berechnungsfähig ist. Der einfache Verband oder auch ein stützender Tape-Verband, der unmittelbar nach der Gelenkinjektion angelegt wird, gilt als notwendiger Bestandteil der Injektionsleistung und ist mit deren Honorar abgegolten. Eine separate Berechnung würde zu einer Beanstandung durch die Kostenträger führen.