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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 212: Schienenverband mit Einschluss von mindestens zwei großen Gelenken (Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Knie-, Fußgelenk) - auch als Notverband bei Frakturen -

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
C
  
Einfachsatz:
1
9.33
Regelhöchstsatz:
2.3
21.45
Höchstsatz:
3.5
32.64
Ausschlüsse:
200, 208, 228, 229, 237, 238

GOÄ 212: Die exakte Definition des Schienenverbands

Die GOÄ-Ziffer 212 gehört zum Abschnitt C der Gebührenordnung für Ärzte und beschreibt eine spezifische Form der Ruhigstellung. Der offizielle Leistungstext lautet: "Schienenverband mit Einschluss von mindestens zwei großen Gelenken (Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Knie-, Fußgelenk) – auch als Notverband bei Frakturen –".

Für eine korrekte Abrechnung müssen die in der Leistungslegende definierten Kriterien präzise erfüllt sein. Betrachten wir die zentralen Bestandteile aus prüferlogischer Sicht:

  • Schienenverband: Hierunter fallen alle Maßnahmen, die mittels einer Schiene oder schienenähnlicher Konstruktionen eine Immobilisierung bewirken. Dies umfasst nicht nur klassische Gips- oder Kunststoffschienen, sondern nach herrschender Kommentarlage auch funktionelle Verbände wie z.B. einen Gilchrist- oder Desault-Verband, sofern sie die geforderte Ruhigstellung über zwei Gelenke gewährleisten.
  • Einschluss von mindestens zwei großen Gelenken: Dies ist das entscheidende Kriterium. Der Verband muss zwingend mindestens zwei der explizit genannten Gelenke – Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Knie- oder Fußgelenk – ruhigstellen. Ein Verband, der nur ein Gelenk oder andere, nicht genannte Gelenke umfasst, erfüllt den Leistungsinhalt nicht.
  • Auch als Notverband bei Frakturen: Dieser Zusatz verdeutlicht einen häufigen Anwendungsfall, schränkt die Leistung aber nicht darauf ein. Die Ziffer ist auch bei Luxationen, schweren Distorsionen oder anderen Verletzungen berechnungsfähig, die eine derartige Ruhigstellung erfordern.

Ein zentraler Punkt bei der Abrechnung der GOÄ 212 ist die Vergütung. Hier gibt es eine wichtige Besonderheit, die unbedingt zu beachten ist:

Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr. 212) der 1-fache Satz!

Des Weiteren ist eine klare Abgrenzung zur reinen Wundversorgung notwendig. Die Kommentarlage stellt hierzu unmissverständlich klar:

Die Leistung nach Nr. 212 ist nicht für den Wundverband berechenbar.

Der Fokus liegt eindeutig auf der stabilisierenden und ruhigstellenden Funktion des Verbandes.

GOÄ 212 im Praxisalltag: Anwendung und Fallstricke

Während die Definition der GOÄ 212 klar umrissen ist, lauern in der praktischen Anwendung einige Hürden. Eine korrekte Dokumentation und das Wissen um Kombinationsmöglichkeiten und Ausschlüsse sind entscheidend für eine revisionssichere Abrechnung.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 212

In diesen Szenarien kommt die Ziffer 212 häufig und korrekt zur Anwendung:

  • Verdacht auf Unterarmfraktur: Ein Patient stürzt auf die Hand. Zur initialen Ruhigstellung und Schmerzlinderung wird eine Gipsschiene angelegt, die vom Unterarm über das Handgelenk bis über den Ellenbogen reicht. Beide großen Gelenke sind somit immobilisiert.
  • Komplexe Knieverletzung: Nach einem Sportunfall besteht der Verdacht auf eine schwere Bandverletzung im Knie. Es wird eine lange Beinschiene angelegt, die das Kniegelenk und das obere Sprunggelenk (Fußgelenk) stabilisiert, um weitere Schäden bis zur weiterführenden Diagnostik zu verhindern.
  • Schulterluxation oder Oberarmkopffraktur: Zur Ruhigstellung wird ein Gilchrist- oder Desault-Verband angelegt. Dieser immobilisiert funktionell das Schultergelenk und schränkt die Beweglichkeit im Ellbogengelenk erheblich ein. Nach gängiger Auslegung erfüllt dies den Tatbestand der Ziffer 212.
  • Unterschenkelfraktur: Bei einer Fraktur von Tibia und/oder Fibula wird als Notverband eine Schiene angelegt, die das Kniegelenk und das Fußgelenk umfasst, um eine stabile Achse zu gewährleisten und die Frakturenden ruhigzustellen.

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Der häufigste und kostspieligste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 212 betrifft den Steigerungsfaktor. Ein weiterer Fallstrick ist die falsche Indikationsstellung oder die Kombination mit unzulässigen Ziffern.

Achtung – Fester Satz: Die GOÄ-Ziffer 212 ist eine der wenigen Leistungen in der GOÄ, die nicht gesteigert werden darf. Es ist zwingend immer nur der 1,0-fache Satz anzusetzen. Jeglicher Versuch einer Steigerung, auch mit noch so guter Begründung, wird von Kostenträgern konsequent gestrichen.

Ein weiterer Fehler ist die Abrechnung der Ziffer, wenn nur ein großes Gelenk ruhiggestellt wird. Eine alleinige Handgelenksschiene ist beispielsweise mit der GOÄ 207 (Immobilisierender Verband am Rumpf oder an einer Extremität, ausgenommen Gipsverbände) oder einer anderen passenden Ziffer, aber nicht mit der GOÄ 212 abzurechnen.

Praxisbewährter Hinweis zur Dokumentation

Eine lückenlose und präzise Dokumentation ist Ihr bester Schutz bei Rückfragen. Sie muss den medizinischen Grund für die aufwändige Ruhigstellung und die Erfüllung der Leistungskriterien belegen.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

Datum: 15.10.2023
Anamnese/Befund: Sturz auf ausgestreckten re. Arm, starke Schmerzen und Schwellung distaler Unterarm, V.a. Radiusfraktur.
Maßnahme: Anlage einer dorsalen Gipsschiene zur Ruhigstellung von Hand- und Ellenbogengelenk. Sens./Motorik/pDMS vor und nach Anlage intakt.
Anlass: Schmerzreduktion und Immobilisierung zur Vermeidung von Sekundärschäden.
Weiteres Vorgehen: Überweisung zur radiologischen Abklärung.

Mit dieser Dokumentation ist klar ersichtlich, welche Gelenke warum ruhiggestellt wurden.

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerbarkeit

Wie bereits erwähnt: Eine Steigerung der GOÄ 212 über den 1,0-fachen Satz hinaus ist ausgeschlossen. Die Gebührenordnung sieht hier einen festen Satz vor.

Typische und sinnvolle Kombinationen

Die Anlage eines Schienenverbands erfolgt selten isoliert. Folgende Ziffern sind in der Regel problemlos neben der GOÄ 212 berechnungsfähig:

  • Beratungsleistungen (z.B. GOÄ 1 oder GOÄ 3)
  • Symptombezogene Untersuchung (GOÄ 5) oder Untersuchung des Organsystems (GOÄ 7)
  • Gegebenenfalls anfallende Zuschläge für Unzeiten (A-D)
  • Erforderliche Röntgenuntersuchungen (z.B. GOÄ 5020, 5030)
  • Injektionen oder Infiltrationen zur Schmerztherapie (z.B. GOÄ 252, 255)

Abrechnungsausschlüsse

Die GOÄ definiert klare Ausschlüsse, um Doppelabrechnungen zu vermeiden. Die Leistungsinhalte der folgenden Ziffern gelten als mit der GOÄ 212 abgegolten und dürfen nicht in derselben Sitzung zusätzlich berechnet werden:

Abrechnungsausschluss: Neben der GOÄ 212 sind die Ziffern 200, 208, 228, 229, 237 und 238 nicht abrechnungsfähig.

Dies ist logisch, da die GOÄ 212 als die umfassendere Leistung kleinere Verbandleistungen (wie GOÄ 200) oder spezielle Gipsverbände (wie GOÄ 208) bereits inkludiert.

Häufig gestellte Fragen

Zählt ein Desault-Verband zur Ruhigstellung von Schulter und Ellenbogen auch als Schienenverband nach GOÄ 212?

Ja, nach herrschender Auffassung und gängiger Kommentarlage ist dies möglich. Obwohl ein Desault- oder Gilchrist-Verband nicht aus starrem Schienenmaterial besteht, erfüllt er die wesentliche Anforderung der Ziffer 212: die funktionelle Ruhigstellung von mindestens zwei großen Gelenken (hier Schulter und Ellenbogen). Der Begriff „Schienenverband“ wird in diesem Kontext funktional und nicht streng materialbezogen ausgelegt. Entscheidend für die Abrechenbarkeit ist die nachweisbare und dokumentierte Immobilisierung der beiden Gelenke.

Was ist, wenn ich zusätzlich eine offene Wunde unter dem Verband versorgen muss? Kann ich dann GOÄ 200 abrechnen?

Nein, die GOÄ schließt die Nebeneinanderberechnung der GOÄ 200 (Verband) und der GOÄ 212 explizit aus. Der Kommentar zur Ziffer 212 stellt klar, dass diese nicht für einen Wundverband berechenbar ist. Die Wundversorgung gilt in diesem Fall als notwendiger Bestandteil der Gesamtleistung. Die Anlage des aufwändigen Schienenverbands ist die dominierende Leistung. Eine Ausnahme könnte allenfalls bei einer außergewöhnlich komplexen Wundversorgung bestehen, die über das Übliche weit hinausgeht. Dies müsste jedoch exzellent begründet und dokumentiert werden und birgt ein hohes Kürzungsrisiko.

Warum darf die GOÄ 212 nicht gesteigert werden? Gibt es keine Ausnahmen für besonders aufwändige Verbände?

Nein, es gibt keinerlei Ausnahmen. Die GOÄ legt für einige wenige Ziffern, darunter die 212, einen sogenannten „festen Satz“ fest. Das bedeutet, dass die Vergütung immer nur mit dem 1,0-fachen Gebührensatz erfolgen darf. Eine Steigerungsmöglichkeit, wie sie bei den meisten anderen GOÄ-Ziffern über den Regelhöchstsatz (2,3-fach) hinaus bis zum Höchstsatz (3,5-fach) bei besonderer Schwierigkeit oder Zeitaufwand besteht, ist hier vom Verordnungsgeber bewusst ausgeschlossen worden. Dies ist eine verbindliche Vorgabe, die von allen Kostenträgern strikt umgesetzt wird.

Warum ist GOÄ 208 (Zirkulärer Gipsverband) neben GOÄ 212 ausgeschlossen, wenn man oft erst eine Schiene und später einen Gips anlegt?

Der Abrechnungsausschluss bezieht sich auf dieselbe Behandlungssitzung. Sie können nicht in einem Behandlungskontakt erst einen Schienenverband (GOÄ 212) anlegen und dann zusätzlich einen zirkulären Gipsverband (GOÄ 208) berechnen. Die GOÄ 212 beschreibt die vollständige Ruhigstellungsmaßnahme zu diesem Zeitpunkt. Wird jedoch in einer späteren Sitzung, zum Beispiel nach einigen Tagen, wenn die Schwellung zurückgegangen ist, die initiale Schiene entfernt und durch einen definitiven zirkulären Gips ersetzt, so kann die GOÄ 208 für diese neue Sitzung selbstverständlich abgerechnet werden.

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