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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 217: Streckverband

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
C
  
Einfachsatz:
1
13.41
Regelhöchstsatz:
2.3
30.83
Höchstsatz:
3.5
46.92
Ausschlüsse:
GOÄ 200, GOÄ 208

GOÄ 217: Die formale Definition des Streckverbandes

Die GOÄ-Ziffer 217 gehört zum Abschnitt C II. (Verbände) der Gebührenordnung für Ärzte und beschreibt die Leistung "Anlegen eines Streckverbandes". Diese Ziffer deckt die ärztliche Tätigkeit ab, die zur Anlage einer Extensionstherapie erforderlich ist, um durch gezielten Zug eine Reposition, Ruhigstellung oder Entlastung von Gelenken oder Knochenfragmenten zu erreichen.

Die Leistungslegende ist bewusst kurz gehalten, umfasst jedoch alle notwendigen ärztlichen Handgriffe zur fachgerechten Applikation des Verbandes. Im Kern lassen sich folgende Leistungsbestandteile ableiten:

  • Indikationsstellung und Planung: Die medizinische Entscheidung für die Notwendigkeit eines Streckverbandes sowie die Planung der Zugrichtung und des anzulegenden Gewichts.
  • Vorbereitung des Patienten: Lagerung und Vorbereitung der betroffenen Extremität oder des Körperabschnitts.
  • Anlage der Zügel: Das Aufbringen der traktionsübertragenden Elemente, sei es als Hautextension (z.B. mittels Heftpflaster) oder als Skelettextension (wobei das Einbringen von Drähten oder Nägeln eine gesonderte Leistung darstellt).
  • Aufbau des Zugsystems: Die Verbindung der Zügel mit Gewichten über Seilzüge und Rollen, um den therapeutischen Zug zu etablieren.

Nach gängiger Kommentarlage sind Streckverbände als selbständige, eine Frakturbehandlung begleitende Leistung zu betrachten und daneben abrechenbar (z.B. Oberschenkelbruch bei einem Kind, Heftpflasterstreckverband). Die Leistung nach Nr. 217 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden.

Diese Klarstellung ist entscheidend: Der Streckverband ist kein einfacher Verband im Sinne der GOÄ 200, sondern eine eigenständige therapeutische Maßnahme. Seine Abrechnung erfolgt daher unabhängig von der eigentlichen Frakturversorgung oder anderen orthopädischen Behandlungen.

Der Streckverband in der Praxis: So rechnen Sie GOÄ 217 sicher ab

Das Anlegen eines Streckverbandes ist eine klassische orthopädisch-unfallchirurgische Leistung, die trotz moderner Osteosyntheseverfahren weiterhin ihren festen Platz in der Therapie hat. Die korrekte Abrechnung der GOÄ 217 ist dabei unkompliziert, birgt aber einen entscheidenden Fallstrick, der zu erheblichen Honorarkürzungen führen kann.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 217

In diesen Szenarien ist der Ansatz der Ziffer 217 in der Praxis häufig und gut begründbar:

  • Kindliche Femurschaftfraktur: Das klassische Beispiel ist die Anlage eines Heftpflaster-Streckverbandes (z.B. nach Schede) bei einem Kind zur temporären Ruhigstellung und Schmerzlinderung bis zur definitiven Versorgung.
  • HWS-Syndrom / Distorsion: Die Anlage einer Extension nach Glisson (Glisson-Schlinge) zur Entlastung der Halswirbelsäule und Linderung von radikulären Schmerzen.
  • Präoperative Konditionierung: Bei Patienten mit fortgeschrittener Cox- oder Gonarthrose kann ein Streckverband präoperativ angelegt werden, um Kontrakturen zu lösen und die Weichteile für den Gelenkersatz vorzubereiten.
  • Temporäre Frakturstabilisierung: Anlage eines Streckverbandes bei Becken- oder Oberschenkelfrakturen bei polytraumatisierten Patienten zur temporären Stabilisierung und Schmerztherapie, bis der Patient operabel ist.

Häufige Fehler und Abrechnungsausschlüsse

Der häufigste und zugleich kostspieligste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 217 ist die Anwendung eines falschen Steigerungssatzes. Daneben ist die Abgrenzung zu anderen Verbandziffern essenziell.

Wichtiger Warnhinweis: Nur der 1-fache Satz!
Die GOÄ-Ziffer 217 ist eine sogenannte "technische Leistung" mit einem festen Gebührenrahmen. Für alle Kostenträger (PKV, Beihilfe, Selbstzahler) gilt bei dieser Leistung ausnahmslos der 1-fache Satz. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Faktor hinaus ist nicht zulässig und führt unweigerlich zu Kürzungen.

Ein weiterer häufiger Fehler ist die Verwechslung mit einfachen Verbänden. Ein Streckverband dient der Applikation von Zugkräften, nicht primär der Wundabdeckung oder Stützung. Daher ist eine gemeinsame Abrechnung mit den folgenden Ziffern ausgeschlossen:

Abrechnungsausschluss:
Neben der GOÄ 217 sind die Verbandziffern GOÄ 200 (Verband) und GOÄ 208 (Zirkulärer Verband an Extremitäten) nicht abrechnungsfähig. Die Leistungsinhalte dieser Ziffern gelten durch die Anlage des Streckverbandes als miterbracht.

Tipps für eine revisionssichere Dokumentation

Eine saubere Dokumentation ist der beste Schutz vor Rückfragen. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit klar belegen. Ein praxisbewährter Hinweis ist, die Dokumentation kurz und präzise zu halten.

Mini-Dokumentationsbeispiel:

15.08.2023, 14:30 Uhr: Med. Indikation: Dislozierte Femurschaftfraktur rechts bei 6-j. Patientin. Durchführung: Anlage eines Heftpflaster-Streckverbandes am rechten Bein zur temporären Reposition und Schmerzkontrolle bis zur OP. Angelegtes Gewicht: 2,5 kg. Kontrolle: DMS post interventionem unauffällig. Plan: Stationäre Aufnahme, OP-Planung für 16.08.

Diese kurze Notiz enthält alle relevanten Informationen: Indikation, durchgeführte Maßnahme, Zweck, technisches Detail (Gewicht) und das Ergebnis der Kontrolluntersuchung.

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerungsfähigkeit

Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 217 nicht möglich. Die Gebühr ist mit dem 1,0-fachen Satz fest definiert. Begründet wird dies damit, dass es sich um eine Leistung mit standardisiertem Aufwand handelt, bei der individuelle patientenbezogene Schwierigkeiten nicht über einen Steigerungsfaktor abgebildet werden.

Typische und sinnvolle Kombinationen

Die GOÄ 217 steht selten allein. Sie wird in der Regel von anderen Leistungen begleitet:

  • Beratungs- und Untersuchungsziffern: GOÄ 1, 3, 5, 7 oder 8 je nach Kontext und Umfang.
  • Frakturbehandlungsziffern: Die GOÄ 217 ist explizit neben Leistungen zur Frakturbehandlung (z.B. unblutige Reposition nach GOÄ 2250 ff.) abrechenbar, da sie eine eigenständige Begleitleistung darstellt.
  • Bildgebende Diagnostik: Röntgenaufnahmen zur Diagnosesicherung und Kontrollen (z.B. GOÄ 5020, 5030) sind selbstverständlich separat berechnungsfähig.
  • Materialkosten: Kosten für die Materialien des Streckverbandes (Zügel, Polstermaterial, Gewichte etc.) können nach § 10 GOÄ als Auslagenersatz geltend gemacht werden, sofern sie die Kleinmaterialgrenze überschreiten.

Häufig gestellte Fragen

Warum darf die GOÄ 217 nicht gesteigert werden, obwohl der Aufwand manchmal erheblich ist?

Die GOÄ-Ziffer 217 ist im Gebührenverzeichnis als sogenannte "technische Leistung" mit einem festen Gebührenrahmen klassifiziert. Im Gegensatz zu persönlichen ärztlichen Leistungen, deren Aufwand (Zeit, Schwierigkeit, Umstände) durch den Steigerungsfaktor abgebildet werden kann, geht der Verordnungsgeber bei Ziffer 217 von einem standardisierten und kalkulierbaren Aufwand aus. Die Regelung, dass nur der 1-fache Satz zur Anwendung kommt, ist daher eine verbindliche Vorgabe der Gebührenordnung. Ein erhöhter Aufwand kann hier nicht über einen Faktor, sondern allenfalls über die Kombination mit anderen notwendigen Leistungen (z.B. für die Frakturbehandlung) abgebildet werden.

Ist das Material für den Streckverband (z.B. Heftpflaster, Gewichte) in der Ziffer 217 enthalten?

Nein, die GOÄ 217 bewertet ausschließlich die ärztliche Leistung des Anlegens. Die dabei verbrauchten Materialien sind nicht Bestandteil des Honorars. Gemäß § 10 GOÄ können Sie die Kosten für die Materialien des Streckverbandes als Auslagen separat in Rechnung stellen. Dazu gehören beispielsweise spezielle Heftpflasterzügel, Polstermaterial, Seilzüge und Gewichte. Voraussetzung ist, dass die Kosten die sogenannte Kleinmaterialgrenze überschreiten. Es ist empfehlenswert, die Originalbelege der Materialien für eventuelle Nachfragen aufzubewahren und die Posten auf der Rechnung detailliert aufzuführen.

Kann ich den Streckverband (GOÄ 217) zusammen mit der Reposition einer Fraktur abrechnen?

Ja, das ist nach herrschender Auffassung und Kommentarlage ausdrücklich möglich und korrekt. Der Streckverband nach GOÄ 217 stellt eine eigenständige, die Frakturbehandlung begleitende Leistung dar. Er dient oft der temporären Ruhigstellung, Schmerzlinderung oder Vorbereitung auf die definitive Versorgung. Die eigentliche Frakturbehandlung, wie zum Beispiel eine unblutige Reposition (z.B. GOÄ 2250 ff.) oder eine operative Versorgung, ist eine separate medizinische Leistung. Beide Ziffern können daher im selben Behandlungsfall nebeneinander abgerechnet werden, da sie unterschiedliche ärztliche Tätigkeiten abbilden.

Was ist der genaue Unterschied zwischen einem Streckverband (GOÄ 217) und einem Verband nach GOÄ 200/208?

Der entscheidende Unterschied liegt in der therapeutischen Zielsetzung. Ein Verband nach GOÄ 200 (Verband) oder GOÄ 208 (zirkulärer Verband) dient primär der Wundabdeckung, der Kompression, der Ruhigstellung oder der Stützung eines Gelenks. Ein Streckverband nach GOÄ 217 hingegen ist eine aktive therapeutische Maßnahme, bei der durch ein System aus Zügeln, Seilen und Gewichten ein kontinuierlicher Zug (Traktion) auf eine Extremität oder die Wirbelsäule ausgeübt wird. Ziel ist die Reposition von Knochenfragmenten, die Entlastung von Gelenken oder die Dehnung von Weichteilstrukturen. Weil das Anlegen des Streckverbandes notwendige Verbandanteile bereits beinhaltet, ist die zusätzliche Abrechnung der GOÄ 200 oder 208 ausgeschlossen.

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