Die GOÄ-Ziffer 227 beschreibt das Anlegen einer Gipshülse mit Gelenkschienen. Sie gehört zum Abschnitt C (Nicht-gebietsbezogene Sonderleistungen) der Gebührenordnung für Ärzte und ist eine zentrale Ziffer in der konservativen und postoperativen Therapie von Gelenkverletzungen.
Der offizielle Leistungstext ist kurz, doch die Details sind entscheidend für eine korrekte Abrechnung. Die Leistung lässt sich in zwei wesentliche Bestandteile zerlegen:
Die Kommentarlage zu dieser Ziffer ist eindeutig und muss bei der Abrechnung zwingend beachtet werden. Sie stellt klar, welche Leistungen als integraler Bestandteil der Ziffer 227 gelten und somit nicht gesondert berechnungsfähig sind.
"Die Leistung nach Nr. 227 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden. An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 227 erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung ist nicht gesondert abrechenbar."
Diese Klarstellung bedeutet, dass die gesamte Vorbereitung, das notwendige Polstermaterial und unmittelbare Anpassungen am Gipsverband mit dem Honorar der Ziffer 227 abgegolten sind. Dies ist ein häufiger Grund für Beanstandungen durch Kostenträger.
Die GOÄ 227 kommt immer dann zum Einsatz, wenn eine reine Ruhigstellung nicht ausreicht und eine funktionelle Stabilisierung oder geführte Mobilisierung eines Gelenks notwendig ist. Die eingearbeiteten Gelenkschienen sind hierbei das ausschlaggebende Kriterium.
Die GOÄ 227 birgt trotz ihrer scheinbaren Einfachheit einige Fallstricke, die regelmäßig zu Rechnungskürzungen führen. Der häufigste und gravierendste Fehler betrifft den Steigerungsfaktor.
Wichtiger Warnhinweis: Nur der 1-fache Satz!
Die GOÄ-Ziffer 227 ist eine sogenannte "technische Leistung". Ähnlich wie bei Laborziffern des Abschnitts M ist hierfür ausschließlich der 1-fache Gebührensatz berechnungsfähig. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Satz ist unter keinen Umständen zulässig und wird von allen Kostenträgern (PKV, Beihilfe) konsequent gekürzt.
Weitere häufige Fehlerquellen sind:
Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Rückfragen. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit der Gelenkschienen klar belegen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
Datum: 15.10.2023, 11:30 Uhr
Patient: Max Mustermann, geb. 01.05.1985
Diagnose: Z.n. Refixation vorderes Kreuzband re. Kniegelenk (OP am 14.10.2023)
Therapie: Anlage GOÄ 227. Zirkuläre Gipshülse Oberschenkel/Unterschenkel mit eingearbeiteter ROM-Gelenkschiene. Einstellung der Beweglichkeit auf 0-0-40° (Extension/Flexion). Polsterung mit Trikotschlauch und Polsterwatte. Hautverhältnisse intakt. Patient in Handhabung der Schiene eingewiesen.
Nächster Schritt: Wiedervorstellung zur Wundkontrolle in 2 Tagen.
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 227 nicht möglich. Die Leistung ist im Gebührenrahmen mit dem 1-fachen Satz festgesetzt. Begründet wird dies damit, dass der Aufwand für diese technische Leistung als standardisiert und der Materialaufwand als pauschal abgegolten angesehen wird.
Die Anlage der Gipshülse ist oft Teil einer umfassenderen Behandlung. Folgende Kombinationen sind in der Praxis häufig und abrechnungstechnisch korrekt:
Neben der GOÄ 227 dürfen in derselben Sitzung für dieselbe Lokalisation folgende Ziffern nicht angesetzt werden:
Die GOÄ 227 zählt zu den sogenannten "technischen Leistungen" innerhalb der Gebührenordnung. Für diese Leistungen hat der Verordnungsgeber einen festen Gebührensatz (den 1-fachen Satz) festgelegt. Die Begründung liegt darin, dass der ärztliche Zeitaufwand und die Schwierigkeit als weniger variabel angesehen werden als bei rein ärztlichen, persönlichen Leistungen. Der feste Satz soll den durchschnittlichen Aufwand inklusive der typischen Sachkosten pauschal abgelten. Ein individuell höherer Aufwand kann daher leider nicht durch einen höheren Steigerungsfaktor abgebildet werden. Dies ist ein festes Merkmal der Ziffer und muss zwingend beachtet werden.
Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig. Die allgemeinen Bestimmungen vor dem Abschnitt C der GOÄ sowie der spezifische Kommentar zur Ziffer 227 stellen klar, dass die zur Anbringung des Gipses erforderliche Polsterung (z.B. Trikotschlauch, Watte) als integraler Bestandteil der Leistung gilt. Diese Materialien sind mit dem Honorar der Ziffer 227 bereits abgegolten. Eine separate Berechnung als Auslagen würde von Kostenträgern mit hoher Wahrscheinlichkeit gestrichen werden.
Der entscheidende Unterschied liegt in der Bauart des Verbandes. Die GOÄ 227 beschreibt eine zirkuläre Gipshülse, also einen geschlossenen Gipsverband, in den zusätzlich Gelenkschienen eingearbeitet werden. Die GOÄ 235 hingegen beschreibt einen Schienenverband mit Gelenken. Hierbei handelt es sich um eine offene Konstruktion, also eine Schiene, die mit Binden fixiert wird, aber die Extremität nicht vollständig umschließt. Die Wahl der Ziffer hängt also direkt von der angewendeten Technik ab: zirkulärer Gips (GOÄ 227) versus offene Schiene (GOÄ 235).
Nein, die Abrechnung der GOÄ 206 (Fensterung eines Gipsverbandes) ist am selben Tag der Anlage nach GOÄ 227 ausgeschlossen. Der offizielle Kommentar zur GOÄ 227 besagt eindeutig, dass erforderliche Veränderungen wie Fensterung oder Spaltung am Tag der Anlage nicht zusätzlich berechnungsfähig sind. Diese Maßnahmen gelten als Teil der primären Leistungserbringung. Würde die Fensterung jedoch an einem der folgenden Tage medizinisch notwendig werden, wäre die GOÄ 206 für diese separate Leistungserbringung ansetzbar.