Die GOÄ-Ziffer 229 beschreibt den "Gipsschienenverband – bei Wiederanlegung derselben, gegebenenfalls auch veränderten Schiene". Diese Ziffer ist spezifisch für eine Folgeleistung konzipiert und grenzt sich klar von der erstmaligen Anlage eines Gipsverbandes ab.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre zentralen Bestandteile zerlegen:
Die Kommentarlage präzisiert die Anwendung und schließt bestimmte Interpretationen aus, was für eine revisionssichere Abrechnung von entscheidender Bedeutung ist.
Nach gängiger Kommentierung kann die Leistung nach Nr. 229 nicht als Wundverband (z.B. nach Nr. 200) abgerechnet werden. Eine vor dem Anlegen der Gipsschiene erforderliche Abdeckung der Haut (z.B. durch Mullbinden, Trikotschlauch) oder eine notwendige Polsterung ist integraler Bestandteil der Leistung und somit nicht gesondert abrechenbar. Die Kommentierung zur Nr. 211 ist hierbei inhaltlich auf die Nr. 229 übertragbar.
Die Ziffer 229 ist somit eine reine Verbandsleistung, die auf der Wiederverwendung einer bereits angefertigten Schiene basiert.
Die korrekte Anwendung der GOÄ 229 erfordert ein klares Verständnis des Behandlungskontextes. Es geht immer um eine "zweite Handlung" an einer bereits existierenden Schiene. Hier sind typische Szenarien aus der Praxis:
Die GOÄ 229 birgt trotz ihrer scheinbaren Einfachheit einige Fallstricke, die regelmäßig zu Beanstandungen durch Kostenträger führen. Der häufigste Fehler ist die Abrechnung für die Erstversorgung. Wird eine Schiene neu modelliert und angelegt, sind andere Ziffern (z.B. GOÄ 210, 211) einschlägig. Die GOÄ 229 ist ausschließlich für die Wiederanlage reserviert.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Annahme, die Leistung sei wie üblich steigerbar. Dies ist hier explizit nicht der Fall.
Achtung: Fester Gebührensatz! Die Leistung nach GOÄ Nr. 229 ist eine der wenigen Ausnahmen in der GOÄ. Sie kann für alle Kostenträger (PKV, Beihilfe, Selbstzahler) ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Eine Steigerung nach § 5 GOÄ ist hier nicht zulässig.
Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz vor Rückfragen. Sie sollte den Grund für die Abnahme und die anschließende Wiederanlage klar benennen. Vermerken Sie explizit, dass dieselbe Schiene wiederverwendet wurde.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
"15.08.2023: Z.n. dist. Radiusfraktur re. am 08.08.23. Kontrolle: Schwellung deutlich regredient. Abnahme der Gipsschiene, Hautinspektion o.p.B. DMS intakt. Wiederanlage derselben, nun besser passenden Gipsschiene zur weiteren Ruhigstellung. Fixierung mit neuen elast. Binden. Pat. instruiert. NVK in 1 Wo."
Wie bereits erwähnt, ist die GOÄ 229 nicht steigerbar. Der Ansatz des 1,0-fachen Satzes ist verbindlich. Dies ist in den Abrechnungsbestimmungen zur GOÄ so festgelegt und wird von allen Kommentaren gestützt. Begründungen für einen erhöhten Zeitaufwand oder besondere Schwierigkeiten können hier nicht zur Anwendung kommen.
Die Wiederanlage der Schiene findet selten isoliert statt. Typische und in der Regel problemlose Kombinationen sind:
Der Leistungsinhalt der GOÄ 229 überschneidet sich mit anderen Verbandsleistungen, weshalb die Gebührenordnung klare Ausschlüsse definiert. Neben der GOÄ 229 sind im selben Behandlungsfall folgende Ziffern nicht abrechenbar:
Der entscheidende Unterschied liegt im verwendeten Material und dem Zeitpunkt der Leistung. Die GOÄ 229 wird ausschließlich für die Wiederanlegung einer bereits vorhandenen, für den Patienten angefertigten Schiene verwendet. Das Material wird also recycelt. Im Gegensatz dazu beschreiben Ziffern wie die GOÄ 211 (Großer Gipsverband) die erstmalige Anfertigung und Anlage eines Verbandes aus neuem Material (Gipsbinden, Cast-Material). Wenn Sie also eine neue Schiene modellieren, ist GOÄ 229 die falsche Ziffer.
Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig. Sämtliches Material, das zur Wiederanlage der Schiene notwendig ist – dazu gehören die Hautabdeckung durch einen Trikotschlauch, die Polsterwatte und auch die elastischen Binden zur Fixierung – gilt als integraler Bestandteil der Leistung nach GOÄ 229. Diese Materialien können daher nicht separat als Sachkosten oder über andere Ziffern abgerechnet werden. Sie sind mit dem Honorar für die Ziffer 229 abgegolten.
Die GOÄ 229 stellt eine besondere Ausnahme innerhalb der Gebührenordnung dar. Für diese Ziffer ist ein fester Gebührensatz (1,0-fach) festgelegt. Die allgemeinen Regeln zur Steigerung des Honorars nach § 5 GOÄ (Begründung durch Zeitaufwand, Schwierigkeit, Umstände) finden hier explizit keine Anwendung. Das bedeutet, dass unabhängig von der Komplexität des Einzelfalls immer nur der einfache Gebührensatz berechnet werden darf. Dies gilt für alle Kostenträger, einschließlich privater Krankenversicherungen und Beihilfestellen.
Hier ist eine genaue Differenzierung erforderlich. Die einfache Inspektion der Haut unter der Schiene ist Teil der Leistung nach GOÄ 229. Die Abrechnung eines einfachen Wundverbandes nach GOÄ 200 ist explizit ausgeschlossen. Handelt es sich jedoch um die Kontrolle einer spezifischen, behandlungsbedürftigen Wunde (z.B. eine Operationsnaht), kann nach Kommentarlage die Abrechnung der GOÄ 2006 (Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder die primäre Wundheilung gestört ist; Wundbehandlung durch physikalische [z. B. Laser] oder chemische Maßnahmen [z. B. Ätzung]) im Einzelfall neben der GOÄ 229 möglich sein. Dies erfordert eine präzise Dokumentation, die die medizinische Notwendigkeit der separaten Wundbehandlung begründet.