Die GOÄ-Ziffer 23 beschreibt eine umfassende Leistungspauschale für die erste Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft. Sie ist als ein Bündel von Einzelleistungen konzipiert, das den gesamten Prozess der initialen Betreuung einer Schwangeren abdeckt und als Einheit abgerechnet wird.
Der offizielle Leistungstext lautet: "Erste Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft mit Bestimmung des Geburtstermins - einschließlich Erhebung der Anamnese und Anlegen des Mutterpasses sowie Beratung der Schwangeren über die Mutterschaftsvorsorge, einschließlich Hämoglobinbestimmung"
Zur revisionssicheren Abrechnung ist es entscheidend, die einzelnen Leistungsbestandteile zu verstehen:
Nach gängiger Kommentarlage wird betont, dass die Ziffer 23 einen Pauschalcharakter hat. Selbst wenn die in der Leistungslegende genannten Bestandteile aus organisatorischen Gründen nicht an einem einzigen Tag erbracht werden können, ist die Ziffer 23 nur einmalig für diesen gesamten Erstkontakt abrechenbar. Eine Aufsplittung in Einzelleistungen ist nicht zulässig.
Eine weitere Besonderheit ist die Abrechnung zum festen Satz. Für diese Leistung gilt für alle Kostenträger der einfache Gebührensatz. Eine Steigerung des Faktors ist hier nicht vorgesehen.
Die GOÄ 23 ist die zentrale Ziffer für den Beginn der Schwangerenbetreuung. Sie bündelt alle initial notwendigen Schritte in einer Pauschale. Im hektischen Praxisalltag lauern hier jedoch einige Fallstricke, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können. Mit den folgenden Hinweisen sichern Sie Ihre Abrechnung ab.
Der Standardfall in der Gynäkologie: Eine Patientin stellt sich mit einem positiven Schwangerschaftstest in der 7. SSW vor. Sie führen eine ausführliche Anamnese durch, untersuchen die Patientin, bestätigen die intakte Schwangerschaft, berechnen den Geburtstermin, legen den Mutterpass an und beraten die Patientin umfassend über die weiteren Schritte der Vorsorge. Im Anschluss wird Blut für die Hämoglobinbestimmung abgenommen. Dies ist der klassische Anwendungsfall für die GOÄ 23.
Die Erstbetreuung beim Hausarzt: Eine langjährige Patientin berichtet in Ihrer hausärztlichen Sprechstunde von ihrer Schwangerschaft. Sie übernehmen die Erstversorgung, führen die Anamnese durch, legen den Mutterpass an und veranlassen die notwendigen initialen Untersuchungen, einschließlich der Hb-Bestimmung. Auch hier ist die GOÄ 23 die korrekte Ziffer.
Späte Erstvorstellung: Eine Schwangere kommt erst in der 12. SSW zur ersten Vorsorgeuntersuchung. Auch wenn die Schwangerschaft bereits weiter fortgeschritten ist, handelt es sich um die erste Vorsorgeuntersuchung. Somit werden alle in der Leistungslegende genannten Punkte erbracht und die GOÄ 23 abgerechnet.
Der Pauschalcharakter der GOÄ 23 führt in der Praxis regelmäßig zu Rückfragen und Kürzungen. Die häufigsten Fehlerquellen sind die Steigerung des Satzes und die unzulässige Kombination mit anderen Ziffern.
Achtung: Fester Gebührensatz!
Die GOÄ-Ziffer 23 darf ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Eine Steigerung, auch bei hohem Zeitaufwand oder besonderen Schwierigkeiten, ist nicht möglich. Rechnungen mit einem höheren Faktor werden von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen konsequent gekürzt.
Ein weiterer häufiger Fehler ist die separate Abrechnung von Leistungen, die bereits Bestandteil der Ziffer 23 sind. Dazu gehören insbesondere die Beratung nach GOÄ 1 oder 3, die symptombezogene Untersuchung nach GOÄ 5 oder 7 sowie die Hämoglobinbestimmung nach GOÄ 3550. Diese sind mit der Abrechnung der GOÄ 23 abgegolten.
Um bei Prüfungen auf der sicheren Seite zu sein, sollte Ihre Dokumentation die Erbringung aller Leistungsbestandteile der GOÄ 23 klar belegen. Eine lückenlose Dokumentation ist der beste Schutz vor Kürzungen.
Mini-Dokumentationsbeispiel:
"Datum: 15.10.2023 / Patientin: M. Mustermann, geb. 01.05.1993
Anlass: Erstvorstellung bei Gravidität (SSW 6+4 nach letzter Periode).
- Anamnese: Umfassende Eigen-, Familien-, Sozial- und Schwangerschaftsanamnese erhoben.
- Untersuchung: Befunde unauffällig, ET auf den 22.06.2024 berechnet.
- Dokumentation: Mutterpass angelegt, alle Befunde eingetragen und Patientin ausgehändigt.
- Beratung: Ausführliche Aufklärung über Inhalt und Ablauf der Mutterschaftsvorsorge erfolgt, Fragen beantwortet.
- Labor: Blutentnahme für Hb-Bestimmung (Wert: 12,8 g/dl).
Abrechnung: GOÄ 23"
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 23 nicht möglich. Die Ziffer ist mit dem festen 1,0-fachen Satz hinterlegt. Dies gilt unabhängig vom Versicherungstarif der Patientin oder dem tatsächlichen Aufwand.
Obwohl die GOÄ 23 eine Pauschale ist, können weitere, nicht in der Legende enthaltene Leistungen daneben abgerechnet werden. Nach herrschender Kommentarlage sind dies typischerweise:
GOÄ 415: Kardiotokographische Untersuchung (CTG), falls medizinisch indiziert.
GOÄ 3528* / 3529*: Untersuchung von Harnproben (z. B. auf Eiweiß, Zucker, Sediment).
GOÄ 4081* / 4082*: Bestimmung von Blutgruppe und Rhesusfaktor sowie Antikörpersuchtests.
Unterscheidungen nach Fachrichtung: Allgemeinärzte können neben der Nr. 23 nach Kommentarlage auch die Untersuchungsleistungen nach den Nrn. 6 und 8 abrechnen. Für Gynäkologen sind diese Untersuchungen jedoch in der Regel Teil des Fachgebietes und mit der Vorsorgeleistung abgegolten.
Die GOÄ schließt die gemeinsame Abrechnung der Ziffer 23 mit bestimmten anderen Leistungen im selben Behandlungsfall aus. Dies dient der Vermeidung von Doppelabrechnungen.
Abrechnungsrelevanter Hinweis:
Neben der GOÄ 23 sind folgende Ziffern nicht berechnungsfähig: GOÄ 1, 3, 5, 7, 11, 435, 3550*. Die Inhalte dieser Ziffern (Beratung, Basis-Untersuchung, Schwangerschaftstest, Hb-Bestimmung) sind bereits integraler Bestandteil der Leistung nach Ziffer 23.
Eine revisionssichere Dokumentation ist entscheidend. Stellen Sie sicher, dass Sie jeden einzelnen in der Leistungslegende genannten Bestandteil in Ihrer Patientenakte vermerken. Das bedeutet konkret: Notieren Sie das Datum der Anamneseerhebung, die Berechnung des Entbindungstermins, den Fakt, dass der Mutterpass angelegt und ausgehändigt wurde, den Inhalt der Beratung zur Mutterschaftsvorsorge und das Ergebnis der Hämoglobinbestimmung. Eine Checkliste oder ein Textbaustein kann hier helfen, keinen Punkt zu vergessen und die Vollständigkeit der Leistungserbringung jederzeit nachweisen zu können.
Ja, das ist nach herrschender Auffassung möglich. Die GOÄ 23 wird als Leistungskomplex verstanden, der die gesamte Erstversorgung abbildet. Die Kommentarliteratur stellt klar, dass auch bei einer Erbringung der Teilleistungen an unterschiedlichen, aber zeitnahen Tagen die Ziffer 23 als Gesamtleistung einmalig abgerechnet wird. Wichtig ist, dass Sie nicht versuchen, die Leistungen einzeln abzurechnen (z.B. Beratung an Tag 1, Labor an Tag 2). Dokumentieren Sie den Sachverhalt nachvollziehbar in der Akte.
Die GOÄ 23 ist eine von wenigen Ziffern in der Gebührenordnung, die als Pauschale mit einem festen Gebührensatz (dem 1,0-fachen Satz) definiert ist. Sie ist daher von der Regelung des § 5 GOÄ (Bemessung der Gebühren) ausgenommen. Der Gesetzgeber hat hier einen durchschnittlichen Aufwand kalkuliert und einen festen Betrag festgelegt. Ein eventueller Mehraufwand, beispielsweise durch eine sehr ausführliche Beratung, kann nicht durch eine Steigerung des Faktors abgebildet werden. Für gesonderte, über die Vorsorge hinausgehende Beratungen zu spezifischen Risiken könnte ggf. eine separate Beratung an einem anderen Tag in Betracht kommen.
Nach gängiger Kommentarlage ist dies für Gynäkologen in der Regel nicht möglich. Die GOÄ 23 umfasst die "erste Vorsorgeuntersuchung", wozu aus fachärztlicher Sicht auch die relevanten Aspekte einer körperlichen Untersuchung gehören. Gemäß § 4 Abs. 2a GOÄ können Leistungen, die Bestandteil einer anderen Leistung sind, nicht gesondert berechnet werden. Die Untersuchung der Organe wird hier als immanenter Teil der gynäkologischen Vorsorgeleistung angesehen. Eine Ausnahme besteht für Allgemeinmediziner, die nach Kommentarmeinung die GOÄ 8 neben der GOÄ 23 abrechnen können, da die Ganzkörperuntersuchung hier einen anderen Stellenwert hat.