Die GOÄ-Ziffer 230 beschreibt die Anlage eines zirkulären Gipsverbandes, der gegebenenfalls auch als abnehmbare Schiene (Gipstutor) gestaltet sein kann. Diese Leistung gehört zu den grundlegenden therapeutischen Maßnahmen in der Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirurgie zur Immobilisation von Extremitäten.
Die Leistungslegende der GOÄ 230 lautet: "Zirkulärer Gipsverband – gegebenenfalls als Gipstutor –". Zur revisionssicheren Abrechnung ist es entscheidend, die einzelnen Bestandteile der Legende zu verstehen:
Die Kommentarlage zur GOÄ 230 präzisiert die Abrechenbarkeit und schließt bestimmte Leistungen explizit mit ein oder aus. Dies ist für die korrekte Rechnungsstellung von höchster Bedeutung.
Nach gängiger Kommentierung gilt: "Die Leistung nach Nr. 230 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden. An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 230 erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung ist nicht gesondert abrechenbar."
Diese Klarstellung bedeutet, dass die GOÄ 230 eine Komplexleistung darstellt, die das notwendige Polstermaterial und kleinere Anpassungen am Anlagetag bereits beinhaltet.
Der Gipsverband ist ein Klassiker in vielen Praxen. Doch gerade bei scheinbar einfachen Ziffern wie der GOÄ 230 lauern Abrechnungsfehler, die zu unnötigen Kürzungen durch Kostenträger führen. Mit den folgenden Hinweisen stellen Sie Ihre Abrechnung auf ein sicheres Fundament.
In diesen gängigen Behandlungssituationen kommt die GOÄ 230 zur Anwendung:
Die häufigsten Beanstandungen bei der GOÄ 230 betreffen den Steigerungsfaktor und die Kombination mit anderen Ziffern. Hier ist besondere Sorgfalt geboten.
Die GOÄ 230 ist eine der wenigen Ziffern in der Gebührenordnung, für die ein fester Satz gilt. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Satz ist nicht möglich, auch nicht mit einer medizinischen Begründung. Jeder Versuch, hier einen höheren Faktor anzusetzen, wird von den Kostenträgern konsequent gekürzt.
Praxiswarnung: Nur der 1,0-fache Satz!
Für die GOÄ-Ziffer 230 gilt für alle Kostenträger (PKV, Beihilfe, Selbstzahler) ausnahmslos der 1,0-fache Gebührensatz. Dies ist in den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ so festgelegt und nicht verhandelbar.
Ein weiterer häufiger Fehler ist die separate Abrechnung von Leistungen, die bereits Bestandteil der GOÄ 230 sind. Dazu gehören:
Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz bei Rückfragen. Sie belegt die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Leistungserbringung. Ein guter Eintrag in der Patientenakte könnte so aussehen:
"Datum: [TT.MM.JJJJ]
Diagnose: Distale Fibulafraktur rechts, undisl., Weber A
Therapie: Anlegen eines zirkulären Unterschenkel-Gipsverbandes in Funktionsstellung nach Polsterung mit Trikotschlauch und Synthetikwatte. Periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität (pDMS) post interventionem intakt. Patient über Verhalten bei Komplikationen (Schwellung, Schmerzen, Taubheit) aufgeklärt. Nächster Termin zur Röntgenkontrolle in 7 Tagen."
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 230 nicht möglich. Die Ziffer ist mit dem 1,0-fachen Satz fest bewertet.
Die GOÄ 230 steht selten allein. Sie ist in der Regel Teil eines umfassenderen Behandlungskonzepts. Sinnvolle und häufig akzeptierte Kombinationen sind:
Die Gebührenordnung schließt die gemeinsame Abrechnung der GOÄ 230 mit bestimmten anderen Ziffern im selben Behandlungsfall aus, um Doppelhonorierungen zu vermeiden.
Achtung: Nicht kombinierbar!
Neben der GOÄ 230 sind die Ziffern GOÄ 200, 208, 231-236 und 247 nicht berechnungsfähig. Dies liegt daran, dass es sich entweder um weniger umfangreiche Verbände (GOÄ 200) oder um andere, spezifischere Gipsverbände (GOÄ 231-236) handelt, deren Abrechnung neben der GOÄ 230 für dieselbe Lokalisation unlogisch wäre.
Der entscheidende Unterschied liegt im Wort "zirkulär". Ein Gipsverband nach GOÄ 230 umschließt die Extremität vollständig, wie ein Rohr. Er bietet maximale Stabilität und wird oft zur definitiven Ruhigstellung von Frakturen eingesetzt. Eine Gipsschiene nach GOÄ 207 (Großer Schienenverband) hingegen ist nicht zirkulär. Sie liegt nur an einem Teil der Extremität an (z.B. an der Unterseite des Arms) und wird mit Binden fixiert. Schienenverbände werden häufig zur vorläufigen Immobilisation, bei starker Schwellungsneigung oder postoperativ eingesetzt, da sie mehr Raum für Schwellungen lassen.
Nein, nach herrschender Kommentarlage sind alle Modifikationen am Gipsverband, die am selben Tag der Anlage erfolgen, mit der Gebühr für die GOÄ 230 abgegolten. Dazu zählt explizit auch die Spaltung des Gipses. Eine separate Abrechnung der Gipsspaltung (z.B. mit GOÄ 237) wäre nur dann möglich, wenn diese an einem Folgetag durchgeführt wird. Dokumentieren Sie die Notwendigkeit der Spaltung am Anlagetag dennoch sorgfältig, um den Behandlungsverlauf nachvollziehbar zu machen.
Die GOÄ 230 ist eine sogenannte "Leistung zu festen Sätzen". Die Gebührenordnung legt für wenige ausgewählte Ziffern fest, dass nur der 1,0-fache Satz berechnungsfähig ist. Dies ist eine verbindliche Vorgabe des Verordnungsgebers. Ein erhöhter Zeitaufwand, besondere Schwierigkeiten oder andere patientenbezogene Faktoren können hier leider nicht über einen Steigerungsfaktor abgebildet werden. Die Abrechnung eines höheren Faktors als 1,0 führt unweigerlich zu einer Kürzung durch den Kostenträger auf den einfachen Satz.
Nein, die GOÄ 230 und die GOÄ 200 (Verband) sind nebeneinander ausgeschlossen. Die Kommentare zur GOÄ stellen klar, dass der Gipsverband nach Nr. 230 nicht als Wundverband abgerechnet werden kann. Die Versorgung einer kleinen Wunde, die vor der Gipsanlage erfolgt (z.B. durch eine sterile Kompresse), gilt als vorbereitende Maßnahme und ist im Rahmen der Gipsanlage nach GOÄ 230 enthalten. Die GOÄ 230 stellt die umfassendere und somit die abrechenbare Leistung für diese Sitzung dar.