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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 230: Zirkulärer Gipsverband - gegebenenfalls als Gipstutor -

17.12.2025
|
6
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
C
  
Einfachsatz:
1
17.49
Regelhöchstsatz:
2.3
40.22
Höchstsatz:
3.5
61.20
Ausschlüsse:
GOÄ 200, GOÄ 208, GOÄ 231, GOÄ 232, GOÄ 233, GOÄ 234, GOÄ 235, GOÄ 236, GOÄ 247

GOÄ-Ziffer 230: Die formale Definition

Die GOÄ-Ziffer 230 beschreibt die Anlage eines zirkulären Gipsverbandes, der gegebenenfalls auch als abnehmbare Schiene (Gipstutor) gestaltet sein kann. Diese Leistung gehört zu den grundlegenden therapeutischen Maßnahmen in der Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirurgie zur Immobilisation von Extremitäten.

Die Leistungslegende der GOÄ 230 lautet: "Zirkulärer Gipsverband – gegebenenfalls als Gipstutor –". Zur revisionssicheren Abrechnung ist es entscheidend, die einzelnen Bestandteile der Legende zu verstehen:

  • Zirkulär: Dies ist das Schlüsselwort. Der Gipsverband muss den betroffenen Körperteil vollständig und zirkulär umschließen. Ein nur an einer Seite anliegender Verband (Schiene) erfüllt diesen Tatbestand nicht und wäre nach anderen Ziffern (z.B. GOÄ 207) abzurechnen.
  • Gipsverband: Das Material ist hier klassischerweise Gips, wobei moderne Kunststoff-Alternativen (Castverbände) nach herrschender Kommentarmeinung analog angesetzt werden können, da sie denselben Zweck erfüllen.
  • Gipstutor: Ein Gipstutor ist eine individuell angefertigte, abnehmbare Gipsschiene, die ebenfalls zirkulär anliegt, aber zur funktionellen Nachbehandlung (z.B. Physiotherapie) abgenommen werden kann.

Die Kommentarlage zur GOÄ 230 präzisiert die Abrechenbarkeit und schließt bestimmte Leistungen explizit mit ein oder aus. Dies ist für die korrekte Rechnungsstellung von höchster Bedeutung.

Nach gängiger Kommentierung gilt: "Die Leistung nach Nr. 230 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden. An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 230 erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung ist nicht gesondert abrechenbar."

Diese Klarstellung bedeutet, dass die GOÄ 230 eine Komplexleistung darstellt, die das notwendige Polstermaterial und kleinere Anpassungen am Anlagetag bereits beinhaltet.

Die GOÄ 230 im Praxisalltag: Anwendung und Fallstricke

Der Gipsverband ist ein Klassiker in vielen Praxen. Doch gerade bei scheinbar einfachen Ziffern wie der GOÄ 230 lauern Abrechnungsfehler, die zu unnötigen Kürzungen durch Kostenträger führen. Mit den folgenden Hinweisen stellen Sie Ihre Abrechnung auf ein sicheres Fundament.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 230

In diesen gängigen Behandlungssituationen kommt die GOÄ 230 zur Anwendung:

  • Distale Radiusfraktur: Nach der Reposition einer unkomplizierten Handgelenksfraktur wird zur Ruhigstellung ein zirkulärer Unterarmgips angelegt. Die GOÄ 230 deckt hier die gesamte Gipsanlage inklusive Polsterung ab.
  • Sprunggelenksfraktur (Typ Weber A): Ein Patient erleidet eine stabile Fraktur des Außenknöchels. Zur konservativen Therapie wird ein zirkulärer Unterschenkel-Gipsverband angelegt, um das Gelenk für mehrere Wochen zu immobilisieren.
  • Anlage eines Knie-Gipstutors: Nach einer Knieverletzung (z.B. Seitenbandläsion) wird zur Stabilisierung ein abnehmbarer Gipstutor gefertigt. Dieser wird zirkulär am Bein des Patienten modelliert, dann aufgeschnitten und mit Klettverschlüssen versehen, sodass er für physiotherapeutische Übungen abgenommen werden kann.

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Die häufigsten Beanstandungen bei der GOÄ 230 betreffen den Steigerungsfaktor und die Kombination mit anderen Ziffern. Hier ist besondere Sorgfalt geboten.

Der Steigerungsfaktor: Ein entscheidender Punkt

Die GOÄ 230 ist eine der wenigen Ziffern in der Gebührenordnung, für die ein fester Satz gilt. Eine Steigerung über den 1,0-fachen Satz ist nicht möglich, auch nicht mit einer medizinischen Begründung. Jeder Versuch, hier einen höheren Faktor anzusetzen, wird von den Kostenträgern konsequent gekürzt.

Praxiswarnung: Nur der 1,0-fache Satz!
Für die GOÄ-Ziffer 230 gilt für alle Kostenträger (PKV, Beihilfe, Selbstzahler) ausnahmslos der 1,0-fache Gebührensatz. Dies ist in den Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ so festgelegt und nicht verhandelbar.

Inkludierte Leistungen nicht zusätzlich abrechnen

Ein weiterer häufiger Fehler ist die separate Abrechnung von Leistungen, die bereits Bestandteil der GOÄ 230 sind. Dazu gehören:

  • Polstermaterial: Trikotschlauch, Wattebinden oder Filz sind integraler Bestandteil des Gipsverbandes und dürfen nicht separat berechnet werden.
  • Modifikationen am Anlagetag: Wenn der frisch angelegte Gips am selben Tag noch gespalten, gefenstert oder mit einem Gehbügel versehen werden muss, sind diese Maßnahmen ebenfalls mit der Pauschale der GOÄ 230 abgegolten. Eine separate Berechnung (z.B. mit GOÄ 237 für die Gipsspaltung) ist erst an einem Folgetag möglich.

Tipps für eine revisionssichere Dokumentation

Eine saubere Dokumentation ist Ihr bester Schutz bei Rückfragen. Sie belegt die medizinische Notwendigkeit und die korrekte Leistungserbringung. Ein guter Eintrag in der Patientenakte könnte so aussehen:

"Datum: [TT.MM.JJJJ]
Diagnose: Distale Fibulafraktur rechts, undisl., Weber A
Therapie: Anlegen eines zirkulären Unterschenkel-Gipsverbandes in Funktionsstellung nach Polsterung mit Trikotschlauch und Synthetikwatte. Periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität (pDMS) post interventionem intakt. Patient über Verhalten bei Komplikationen (Schwellung, Schmerzen, Taubheit) aufgeklärt. Nächster Termin zur Röntgenkontrolle in 7 Tagen."

Abrechnung: Steigerung und sinnvolle Ziffernkombinationen

Steigerbarkeit

Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 230 nicht möglich. Die Ziffer ist mit dem 1,0-fachen Satz fest bewertet.

Typische Kombinationen im Behandlungsfall

Die GOÄ 230 steht selten allein. Sie ist in der Regel Teil eines umfassenderen Behandlungskonzepts. Sinnvolle und häufig akzeptierte Kombinationen sind:

  • Beratungen und Untersuchungen: GOÄ 1 (Beratung) und/oder GOÄ 5 (Symptombezogene Untersuchung).
  • Bildgebende Diagnostik: Röntgenaufnahmen des betroffenen Skelettteils vor und nach der Gipsanlage (z.B. GOÄ 5030, GOÄ 5035).
  • Repositionen: Wenn eine Fraktur vor der Gipsanlage reponiert werden muss (z.B. GOÄ 2700 ff.).
  • Anästhesieleistungen: Für schmerzhafte Prozeduren wie eine Reposition (z.B. GOÄ 480/481).

Abrechnungsausschlüsse

Die Gebührenordnung schließt die gemeinsame Abrechnung der GOÄ 230 mit bestimmten anderen Ziffern im selben Behandlungsfall aus, um Doppelhonorierungen zu vermeiden.

Achtung: Nicht kombinierbar!
Neben der GOÄ 230 sind die Ziffern GOÄ 200, 208, 231-236 und 247 nicht berechnungsfähig. Dies liegt daran, dass es sich entweder um weniger umfangreiche Verbände (GOÄ 200) oder um andere, spezifischere Gipsverbände (GOÄ 231-236) handelt, deren Abrechnung neben der GOÄ 230 für dieselbe Lokalisation unlogisch wäre.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der genaue Unterschied zwischen einem zirkulären Gipsverband (GOÄ 230) und einer Gipsschiene (GOÄ 207)?

Der entscheidende Unterschied liegt im Wort "zirkulär". Ein Gipsverband nach GOÄ 230 umschließt die Extremität vollständig, wie ein Rohr. Er bietet maximale Stabilität und wird oft zur definitiven Ruhigstellung von Frakturen eingesetzt. Eine Gipsschiene nach GOÄ 207 (Großer Schienenverband) hingegen ist nicht zirkulär. Sie liegt nur an einem Teil der Extremität an (z.B. an der Unterseite des Arms) und wird mit Binden fixiert. Schienenverbände werden häufig zur vorläufigen Immobilisation, bei starker Schwellungsneigung oder postoperativ eingesetzt, da sie mehr Raum für Schwellungen lassen.

Ich habe vormittags einen Gips nach GOÄ 230 angelegt. Am Nachmittag muss ich ihn wegen starker Schwellung spalten. Kann ich die Spaltung separat abrechnen?

Nein, nach herrschender Kommentarlage sind alle Modifikationen am Gipsverband, die am selben Tag der Anlage erfolgen, mit der Gebühr für die GOÄ 230 abgegolten. Dazu zählt explizit auch die Spaltung des Gipses. Eine separate Abrechnung der Gipsspaltung (z.B. mit GOÄ 237) wäre nur dann möglich, wenn diese an einem Folgetag durchgeführt wird. Dokumentieren Sie die Notwendigkeit der Spaltung am Anlagetag dennoch sorgfältig, um den Behandlungsverlauf nachvollziehbar zu machen.

Warum darf ich die GOÄ 230 nicht steigern, obwohl die Anlage bei einem adipösen oder sehr unruhigen Patienten extrem aufwendig war?

Die GOÄ 230 ist eine sogenannte "Leistung zu festen Sätzen". Die Gebührenordnung legt für wenige ausgewählte Ziffern fest, dass nur der 1,0-fache Satz berechnungsfähig ist. Dies ist eine verbindliche Vorgabe des Verordnungsgebers. Ein erhöhter Zeitaufwand, besondere Schwierigkeiten oder andere patientenbezogene Faktoren können hier leider nicht über einen Steigerungsfaktor abgebildet werden. Die Abrechnung eines höheren Faktors als 1,0 führt unweigerlich zu einer Kürzung durch den Kostenträger auf den einfachen Satz.

Darf ich für eine kleine, offene Wunde unter dem Gips zusätzlich zum Gipsverband (GOÄ 230) noch einen Wundverband nach GOÄ 200 abrechnen?

Nein, die GOÄ 230 und die GOÄ 200 (Verband) sind nebeneinander ausgeschlossen. Die Kommentare zur GOÄ stellen klar, dass der Gipsverband nach Nr. 230 nicht als Wundverband abgerechnet werden kann. Die Versorgung einer kleinen Wunde, die vor der Gipsanlage erfolgt (z.B. durch eine sterile Kompresse), gilt als vorbereitende Maßnahme und ist im Rahmen der Gipsanlage nach GOÄ 230 enthalten. Die GOÄ 230 stellt die umfassendere und somit die abrechenbare Leistung für diese Sitzung dar.

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