Die GOÄ-Ziffer 235 beschreibt die Anlage eines "Zirkulären Gipsverbandes des Halses einschließlich Kopfstütze - auch mit Schultergürtel -". Diese Leistung aus dem Abschnitt C der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) stellt eine hochkomplexe und aufwendige Form der Immobilisierung dar, die weit über eine einfache Halskrawatte hinausgeht. Sie wird oft auch als "Minerva-Gips" bezeichnet.
Zur korrekten Abrechnung ist das Verständnis der einzelnen Leistungsbestandteile essenziell:
Die Kommentarlage zu dieser Ziffer ist eindeutig und schränkt die gesonderte Berechnung von Nebenleistungen am selben Tag klar ein:
"An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 235 eine erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung kann nicht gesondert berechnet werden."
Diese Klarstellung bedeutet, dass alle Materialien zur Polsterung und zum Hautschutz sowie unmittelbare Korrekturen am Gips als integraler Bestandteil der Leistung nach GOÄ 235 gelten und im Honorar enthalten sind. Dies ist bei der Rechnungsstellung unbedingt zu beachten, um Beanstandungen durch Kostenträger zu vermeiden.
Die Anlage eines Gipsverbandes nach GOÄ 235 ist im Praxisalltag selten, aber in spezifischen Fällen medizinisch unverzichtbar. Die korrekte Abrechnung erfordert hier besondere Sorgfalt, da die Ziffer einige Besonderheiten aufweist, die sie von anderen Verbandsleistungen unterscheidet.
In diesen Szenarien kommt die GOÄ 235 häufig zur Anwendung:
Der häufigste und kostspieligste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 235 betrifft den Steigerungsfaktor. Zusätzlich werden oft fälschlicherweise Nebenleistungen angesetzt.
Abrechnungsrelevanter Warnhinweis: Die GOÄ-Ziffer 235 ist eine der wenigen Leistungen in der GOÄ, für die ein fester Gebührensatz gilt. Sie darf ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz abgerechnet werden. Eine Steigerung, auch bei außergewöhnlichem Aufwand, ist nicht zulässig und führt unweigerlich zur Kürzung durch die Kostenträger.
Ein weiterer typischer Fehler ist der Versuch, das unter dem Gips angebrachte Polstermaterial (z.B. Trikotschlauch, Watte) oder kleinere Anpassungen am Gips am selben Tag gesondert in Rechnung zu stellen. Wie im offiziellen Kommentar vermerkt, sind diese Leistungen integraler Bestandteil der Ziffer 235.
Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation ist Ihr bester Schutz gegen Rückfragen und Beanstandungen. Begründen Sie immer die medizinische Notwendigkeit für diesen aufwendigen Verband.
Praxisbewährtes Dokumentationsbeispiel:
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 235 über den 1,0-fachen Satz hinaus nicht möglich. Die Gebührenordnung sieht hier einen festen Satz vor, der den durchschnittlichen Aufwand pauschal abbildet.
Vor der Anlage des Gipsverbandes erbrachte und medizinisch notwendige Leistungen sind selbstverständlich berechnungsfähig. Übliche Kombinationen sind:
Die gleichzeitige Abrechnung der GOÄ 235 neben bestimmten anderen Verbandsleistungen ist ausgeschlossen. Dies dient der Vermeidung von Doppelberechnungen.
Achtung: Neben der GOÄ 235 sind die Ziffern 200 (Verband), 208 (Zirkulärer Gipsverband am Unterarm), 230 (Großer Schienenverband mit Gips) und 247 (Abnahme eines zirkulären Gipsverbandes) am selben Behandlungstag für dieselbe Körperregion nicht berechnungsfähig.
Die Ausschlüsse sind klinisch logisch: Ein einfacher Verband (200) ist im Gipsverband enthalten, andere Gipsverbände (208, 230) betreffen andere Leistungen, und die Abnahme (247) erfolgt nicht zeitgleich mit der Anlage.
Das ist ein sehr wichtiger Punkt und eine Besonderheit dieser Ziffer. Die GOÄ 235 ist als sogenannte Pauschalleistung konzipiert. Der Verordnungsgeber hat den hohen ärztlichen Zeitaufwand, die Komplexität der Anlage und die Materialkosten bereits in der Bewertung zum Einfachsatz berücksichtigt. Im Gegensatz zu den meisten anderen GOÄ-Ziffern, bei denen der 2,3-fache Satz den Regelhöchstsatz darstellt, ist hier der 1,0-fache Satz der fest definierte und nicht steigerungsfähige Satz. Jede Abrechnung über dem 1,0-fachen Satz wird von den Kostenträgern (PKV, Beihilfe) konsequent gekürzt werden, da hierfür die rechtliche Grundlage fehlt.
Der Unterschied liegt fundamental in der Art und dem Ziel der Immobilisierung. Die GOÄ 207 (Anlegen eines Verbandes an Hals oder Kopf) beschreibt eher stützende, oft konfektionierte Verbände wie eine einfache Schaumstoff-Halskrause (Schantz-Krawatte) oder eine Philadelphia-Krawatte. Diese sind abnehmbar und bieten eine funktionelle Stützung. Die GOÄ 235 hingegen beschreibt einen starren, zirkulär angelegten Gipsverband (Minerva-Gips), der den Kopf und oft auch den Schultergürtel miteinbezieht. Das Ziel ist eine nahezu vollständige, nicht abnehmbare Immobilisierung, die für die Behandlung von Frakturen oder schweren Instabilitäten erforderlich ist.
Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig. Der offizielle Kommentar zur GOÄ 235 stellt klar, dass die "Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung" nicht gesondert berechnet werden kann. Diese Materialien gelten als integraler Bestandteil der Leistungserbringung und sind mit dem Honorar für die Ziffer 235 abgegolten. Ein separater Ausweis als Sachkosten würde von Prüfstellen und Kostenträgern beanstandet und gestrichen werden. Dies gilt für alle Materialien, die zur direkten Anlage des Gipses notwendig sind.
Nein, auch das ist explizit ausgeschlossen. Der GOÄ-Kommentar besagt eindeutig, dass "an demselben Tag [...] eine erforderliche Veränderung des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung [...] nicht berechnungsfähig" ist. Solche unmittelbaren Korrekturen werden als Teil der ursprünglichen Leistungserbringung betrachtet – quasi als Nachbesserung oder Feinjustierung. Eine separate Abrechnung, beispielsweise über eine Ziffer für einen kleinen Eingriff, wäre nicht korrekt und revisionsunsicher. Erst an einem Folgetag durchgeführte, medizinisch notwendige Veränderungen am Gips können unter Umständen neu bewertet und abgerechnet werden.