Die GOÄ-Ziffer 236 beschreibt die Anlage eines zirkulären Gipsverbandes des Rumpfes. Diese Leistung aus dem Abschnitt C (Chirurgische Leistungen) der Gebührenordnung für Ärzte ist eine hochspezialisierte und im Praxisalltag eher seltene Maßnahme, deren korrekte Abrechnung jedoch genaues Wissen erfordert.
Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen:
Die Kommentarlage zur GOÄ 236 liefert entscheidende Hinweise für eine revisionssichere Abrechnung. Insbesondere die inkludierten und ausgeschlossenen Leistungen sind hier klar definiert:
„Die Leistung nach Nr. 236 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden. An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 236 erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung ist nicht gesondert abrechenbar.“
Ein weiterer, zentraler Punkt ist die Abrechenbarkeit des Gebührensatzes. Die GOÄ 236 gehört zu den technischen Leistungen, für die eine Sonderregelung gilt:
„Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr.) der 1-fache Satz!“
Dies bedeutet, dass eine Steigerung des Faktors über 1,0 – auch bei außergewöhnlichem Aufwand – nicht zulässig ist. Die Abgrenzung zur GOÄ 240 (Gipsbett oder Nachtschale für den Rumpf) ist ebenfalls wichtig: Während die GOÄ 236 einen festen Verband beschreibt, handelt es sich bei der GOÄ 240 um eine abnehmbare Schale.
Die Anlage eines Rumpfgipses ist eine anspruchsvolle ärztliche Leistung, die eine präzise Indikationsstellung und sorgfältige Durchführung erfordert. Die Komplexität spiegelt sich auch in den Details der Abrechnung wider. Hier erfahren Sie, wie Sie die GOÄ 236 im Praxisalltag korrekt anwenden und Fallstricke vermeiden.
In diesen klinischen Szenarien kommt die GOÄ 236 häufig zur Anwendung:
Die Abrechnung der GOÄ 236 birgt einige Tücken, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können. Achten Sie besonders auf folgende Punkte:
Der häufigste und gravierendste Fehler ist die Steigerung des Faktors über 1,0. Die GOÄ 236 ist im Abschnitt C der GOÄ als technische Leistung eingestuft und unterliegt daher nicht der üblichen Steigerungslogik. Der Ansatz eines 2,3-fachen oder 3,5-fachen Satzes ist hier grundsätzlich ausgeschlossen und führt unweigerlich zur Kürzung.
Sämtliche Materialien, die zur Anlage des Gipses notwendig sind, sind mit der Gebühr abgegolten. Dazu gehören Trikotschlauch, Polsterwatte und die Gips- oder Kunststoffbinden selbst. Eine gesonderte Abrechnung dieser als Sachkosten ist nicht statthaft. Gleiches gilt für Anpassungen, die am Tag der Anlage vorgenommen werden.
Abrechnungsrelevanter Hinweis: Wenn Sie am selben Tag der Gipsanlage eine Fensterung zur Wundkontrolle oder eine Spaltung zur Druckentlastung durchführen, sind diese Maßnahmen bereits Bestandteil der GOÄ 236 und nicht zusätzlich berechnungsfähig.
Die GOÄ schließt die gemeinsame Abrechnung bestimmter Ziffern explizit aus. Die Verwechslung mit ähnlichen Leistungen wie einem großen Schienenverband (GOÄ 208) oder einem Gipsbett (GOÄ 240) muss vermieden werden. Diese Leistungen beschreiben andere Versorgungsformen und sind neben der GOÄ 236 in derselben Sitzung nicht ansetzbar.
Eine saubere Dokumentation ist der Schlüssel zur Abwehr von Rückfragen. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit klar belegen. Ein praxisbewährtes Dokumentationsschema könnte so aussehen:
"Datum: 15.08.2023
Diagnose: Stabile Kompressionsfraktur LWK 1 (S32.00 G), Zustand nach Sturz von Leiter.
Therapie: Anlage eines zirkulären Rumpfgipsverbandes (3-Punkte-Reklinationskorsett) in Lokalanästhesie zur konservativen Behandlung und Ruhigstellung.
Durchführung: Unterpolsterung der knöchernen Vorsprünge, Anlage Trikotschlauch, Anmodellieren des Gipsverbandes.
Nächster Schritt: Röntgenkontrolle im Gips am 16.08.2023."
Nein. Wie bereits erwähnt, ist die GOÄ 236 eine technische Leistung, die gemäß den Bestimmungen der GOÄ nur zum 1,0-fachen Satz abgerechnet werden darf. Die Gebühr ist als Festbetrag zu verstehen, der den gesamten Aufwand für die Anlage abdeckt.
Selbstverständlich können andere, eigenständige Leistungen im selben Behandlungsfall neben der GOÄ 236 abgerechnet werden, sofern sie medizinisch indiziert sind:
Die gleichzeitige Abrechnung mit folgenden Ziffern ist laut Gebührenordnung ausgeschlossen:
GOÄ 200 (Verband), GOÄ 208 (Großer Schienenverband), GOÄ 230 (Gipsverband am Bein), GOÄ 240 (Gipsbett), GOÄ 247 (Abnahme eines Gipsverbandes), GOÄ 3316 (Gipsabdruck für Rumpf).
Der Ausschluss von GOÄ 3316 ist besonders hervorzuheben: Während für die Anfertigung eines Gipsbettes (GOÄ 240) ein vorheriger Gipsabdruck (GOÄ 3316) notwendig und abrechenbar ist, wird der zirkuläre Gips nach GOÄ 236 direkt am Patienten modelliert und schließt daher die Leistung nach GOÄ 3316 aus.
Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig. Die allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt C der GOÄ sowie spezifische Kommentare zur GOÄ 236 legen fest, dass die zur Anbringung des Gipsverbandes notwendigen Materialien, wie Trikotschlauch, Polsterwatte und die Gips- oder Kunststoffbinden selbst, bereits mit der Gebühr für die Ziffer 236 abgegolten sind. Eine separate Berechnung als Auslagen nach § 10 GOÄ würde von den Kostenträgern daher in der Regel beanstandet und gekürzt werden.
Nein, auch das ist nicht möglich. Laut GOÄ-Kommentar sind alle am selben Tag der Anlage erforderlichen Veränderungen am Gipsverband – dazu zählen explizit Fensterung, Spaltung, das Anbringen von Gehbügeln oder Abrollsohlen – integraler Bestandteil der Leistung nach GOÄ 236. Diese Maßnahmen gelten als notwendige Anpassungen zur Fertigstellung des Verbandes und können nicht separat, beispielsweise über die GOÄ 245 (Fensterung eines Gipsverbandes), abgerechnet werden. Erst an einem Folgetag durchgeführte Modifikationen wären als eigenständige Leistung berechnungsfähig.
Die GOÄ 236 ist im Abschnitt C als „technische Leistung“ klassifiziert. Für diese Leistungen gilt, sofern nicht explizit anders vermerkt, dass sie nur zum 1,0-fachen Gebührensatz berechnungsfähig sind. Der Gesetzgeber geht hier von einer Mischkalkulation aus, bei der der feste Gebührensatz den durchschnittlichen Aufwand abdeckt. Ein individuell erhöhter Zeit- oder Personalaufwand, wie er bei adipösen oder sehr unruhigen Patienten auftreten kann, berechtigt daher nicht zu einer Steigerung des Faktors. Dies ist ein fundamentaler Unterschied zu den meisten anderen ärztlichen Leistungen der GOÄ.
Der Hauptunterschied liegt in der Art der Versorgung und den damit verbundenen abrechenbaren Leistungen. Die GOÄ 236 beschreibt einen festen, zirkulär geschlossenen Verband. Die GOÄ 240 hingegen ein abnehmbares Gipsbett oder eine Nachtschale. Dieser Unterschied hat eine wichtige Konsequenz für die Abrechnung: Für die Anfertigung eines Gipsbettes (GOÄ 240) ist in der Regel ein Gipsabdruck des Rumpfes als Modell erforderlich. Dieser Abdruck ist separat nach GOÄ 3316 abrechenbar. Bei der direkten Anlage des zirkulären Gipses nach GOÄ 236 entfällt dieser Schritt, weshalb die GOÄ 3316 hier explizit von der gemeinsamen Abrechnung ausgeschlossen ist.