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Gebührenordnung für Ärtze (GOÄ)

GOÄ 236: Zirkulärer Gipsverband des Rumpfes

17.12.2025
|
7
Minuten
Autor(en):
Niklas Tyler
Co-Founder | Doctario
Leander Löw
Co-Founder | Doctario
Samuel Pemsel
Co-Founder | Doctario

Zusammenfassung

Abschnitt:
C
  
Einfachsatz:
1
54.79
Regelhöchstsatz:
2.3
126.02
Höchstsatz:
3.5
191.77
Ausschlüsse:
200, 208, 230, 240, 247, 3316

GOÄ-Ziffer 236: Die formale Definition

Die GOÄ-Ziffer 236 beschreibt die Anlage eines zirkulären Gipsverbandes des Rumpfes. Diese Leistung aus dem Abschnitt C (Chirurgische Leistungen) der Gebührenordnung für Ärzte ist eine hochspezialisierte und im Praxisalltag eher seltene Maßnahme, deren korrekte Abrechnung jedoch genaues Wissen erfordert.

Die Leistungslegende lässt sich in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen:

  • Zirkulärer Gipsverband: Dies bedeutet, dass der Verband den Rumpf vollständig und zirkulär umschließt. Es handelt sich nicht um eine Schiene oder eine Halbschale, sondern um ein geschlossenes, stabilisierendes Korsett aus Gips oder modernen Kunststoff-Alternativen.
  • des Rumpfes: Der Verband muss den Rumpf, also den Thorax, das Abdomen und/oder das Becken, immobilisieren. Verbände, die ausschließlich Extremitäten oder den Schulter-/Beckengürtel betreffen, fallen nicht unter diese Ziffer.

Die Kommentarlage zur GOÄ 236 liefert entscheidende Hinweise für eine revisionssichere Abrechnung. Insbesondere die inkludierten und ausgeschlossenen Leistungen sind hier klar definiert:

„Die Leistung nach Nr. 236 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden. An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 236 erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung ist nicht gesondert abrechenbar.“

Ein weiterer, zentraler Punkt ist die Abrechenbarkeit des Gebührensatzes. Die GOÄ 236 gehört zu den technischen Leistungen, für die eine Sonderregelung gilt:

„Für alle Kostenträger gilt bei dieser Leistung (GOÄ Nr.) der 1-fache Satz!“

Dies bedeutet, dass eine Steigerung des Faktors über 1,0 – auch bei außergewöhnlichem Aufwand – nicht zulässig ist. Die Abgrenzung zur GOÄ 240 (Gipsbett oder Nachtschale für den Rumpf) ist ebenfalls wichtig: Während die GOÄ 236 einen festen Verband beschreibt, handelt es sich bei der GOÄ 240 um eine abnehmbare Schale.

Der Rumpfgips in der Praxis: Anwendungsfälle und Abrechnungshinweise

Die Anlage eines Rumpfgipses ist eine anspruchsvolle ärztliche Leistung, die eine präzise Indikationsstellung und sorgfältige Durchführung erfordert. Die Komplexität spiegelt sich auch in den Details der Abrechnung wider. Hier erfahren Sie, wie Sie die GOÄ 236 im Praxisalltag korrekt anwenden und Fallstricke vermeiden.

Typische Praxisbeispiele für die GOÄ 236

In diesen klinischen Szenarien kommt die GOÄ 236 häufig zur Anwendung:

  • Konservative Frakturbehandlung: Bei stabilen Wirbelkörperfrakturen (z.B. Kompressionsfrakturen nach einem Sturz), die keiner operativen Versorgung bedürfen, wird ein Rumpfgips (oft als 3-Punkte-Korsett) zur Ruhigstellung und Entlastung angelegt.
  • Postoperative Stabilisierung: Nach Wirbelsäulenoperationen (z.B. Spondylodesen) kann ein Gipsverband zur Sicherung des Operationsergebnisses und zur externen Stabilisierung für die ersten Wochen notwendig sein.
  • Behandlung von Deformitäten: Insbesondere in der Kinderorthopädie wird der Rumpfgips zur Korrektur von Skoliosen oder anderen Wirbelsäulendeformitäten eingesetzt (z.B. als Risser-Gips).
  • Beckenfrakturen: Bestimmte nicht-dislozierte oder stabile Frakturen des Beckenrings können ebenfalls eine Indikation für einen Rumpf-Becken-Gips sein, um eine vollständige Immobilisierung zu gewährleisten.

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Die Abrechnung der GOÄ 236 birgt einige Tücken, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können. Achten Sie besonders auf folgende Punkte:

1. Unzulässige Steigerung des Gebührensatzes

Der häufigste und gravierendste Fehler ist die Steigerung des Faktors über 1,0. Die GOÄ 236 ist im Abschnitt C der GOÄ als technische Leistung eingestuft und unterliegt daher nicht der üblichen Steigerungslogik. Der Ansatz eines 2,3-fachen oder 3,5-fachen Satzes ist hier grundsätzlich ausgeschlossen und führt unweigerlich zur Kürzung.

2. Separate Berechnung von Material und Modifikationen

Sämtliche Materialien, die zur Anlage des Gipses notwendig sind, sind mit der Gebühr abgegolten. Dazu gehören Trikotschlauch, Polsterwatte und die Gips- oder Kunststoffbinden selbst. Eine gesonderte Abrechnung dieser als Sachkosten ist nicht statthaft. Gleiches gilt für Anpassungen, die am Tag der Anlage vorgenommen werden.

Abrechnungsrelevanter Hinweis: Wenn Sie am selben Tag der Gipsanlage eine Fensterung zur Wundkontrolle oder eine Spaltung zur Druckentlastung durchführen, sind diese Maßnahmen bereits Bestandteil der GOÄ 236 und nicht zusätzlich berechnungsfähig.

3. Falsche Ziffernkombinationen

Die GOÄ schließt die gemeinsame Abrechnung bestimmter Ziffern explizit aus. Die Verwechslung mit ähnlichen Leistungen wie einem großen Schienenverband (GOÄ 208) oder einem Gipsbett (GOÄ 240) muss vermieden werden. Diese Leistungen beschreiben andere Versorgungsformen und sind neben der GOÄ 236 in derselben Sitzung nicht ansetzbar.

Tipp für die lückenlose Dokumentation

Eine saubere Dokumentation ist der Schlüssel zur Abwehr von Rückfragen. Sie sollte die medizinische Notwendigkeit klar belegen. Ein praxisbewährtes Dokumentationsschema könnte so aussehen:

"Datum: 15.08.2023
Diagnose: Stabile Kompressionsfraktur LWK 1 (S32.00 G), Zustand nach Sturz von Leiter.
Therapie: Anlage eines zirkulären Rumpfgipsverbandes (3-Punkte-Reklinationskorsett) in Lokalanästhesie zur konservativen Behandlung und Ruhigstellung.
Durchführung: Unterpolsterung der knöchernen Vorsprünge, Anlage Trikotschlauch, Anmodellieren des Gipsverbandes.
Nächster Schritt: Röntgenkontrolle im Gips am 16.08.2023."

Steigerung und Kombinationsmöglichkeiten

Steigerungsfähigkeit

Nein. Wie bereits erwähnt, ist die GOÄ 236 eine technische Leistung, die gemäß den Bestimmungen der GOÄ nur zum 1,0-fachen Satz abgerechnet werden darf. Die Gebühr ist als Festbetrag zu verstehen, der den gesamten Aufwand für die Anlage abdeckt.

Typische und sinnvolle Kombinationen

Selbstverständlich können andere, eigenständige Leistungen im selben Behandlungsfall neben der GOÄ 236 abgerechnet werden, sofern sie medizinisch indiziert sind:

  • Beratungen und Untersuchungen: GOÄ 1, 3, 5, 7 oder 8 für die Anamnese, klinische Untersuchung und Aufklärung.
  • Bildgebende Diagnostik: Z.B. GOÄ 5030 (Röntgen Wirbelsäule, 1 Ebene) oder GOÄ 5035 (Röntgen Becken) zur Diagnosesicherung vor der Gipsanlage oder zur Kontrolle danach.
  • Schmerztherapie: Injektionen (z.B. GOÄ 252, 255) zur Schmerzbehandlung vor der Ruhigstellung.

Abrechnungsausschlüsse

Die gleichzeitige Abrechnung mit folgenden Ziffern ist laut Gebührenordnung ausgeschlossen:

GOÄ 200 (Verband), GOÄ 208 (Großer Schienenverband), GOÄ 230 (Gipsverband am Bein), GOÄ 240 (Gipsbett), GOÄ 247 (Abnahme eines Gipsverbandes), GOÄ 3316 (Gipsabdruck für Rumpf).

Der Ausschluss von GOÄ 3316 ist besonders hervorzuheben: Während für die Anfertigung eines Gipsbettes (GOÄ 240) ein vorheriger Gipsabdruck (GOÄ 3316) notwendig und abrechenbar ist, wird der zirkuläre Gips nach GOÄ 236 direkt am Patienten modelliert und schließt daher die Leistung nach GOÄ 3316 aus.

Häufig gestellte Fragen

Darf ich das Polstermaterial und den Trikotschlauch unter dem Rumpfgips nach GOÄ 236 separat als Sachkosten abrechnen?

Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig. Die allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt C der GOÄ sowie spezifische Kommentare zur GOÄ 236 legen fest, dass die zur Anbringung des Gipsverbandes notwendigen Materialien, wie Trikotschlauch, Polsterwatte und die Gips- oder Kunststoffbinden selbst, bereits mit der Gebühr für die Ziffer 236 abgegolten sind. Eine separate Berechnung als Auslagen nach § 10 GOÄ würde von den Kostenträgern daher in der Regel beanstandet und gekürzt werden.

Ein Patient benötigt am Tag der Gipsanlage eine Fensterung des Rumpfgipses wegen einer beginnenden Druckstelle. Kann ich dafür eine zusätzliche Ziffer ansetzen?

Nein, auch das ist nicht möglich. Laut GOÄ-Kommentar sind alle am selben Tag der Anlage erforderlichen Veränderungen am Gipsverband – dazu zählen explizit Fensterung, Spaltung, das Anbringen von Gehbügeln oder Abrollsohlen – integraler Bestandteil der Leistung nach GOÄ 236. Diese Maßnahmen gelten als notwendige Anpassungen zur Fertigstellung des Verbandes und können nicht separat, beispielsweise über die GOÄ 245 (Fensterung eines Gipsverbandes), abgerechnet werden. Erst an einem Folgetag durchgeführte Modifikationen wären als eigenständige Leistung berechnungsfähig.

Warum kann die GOÄ 236 nicht gesteigert werden, obwohl die Anlage bei einem adipösen Patienten extrem aufwändig und zeitintensiv war?

Die GOÄ 236 ist im Abschnitt C als „technische Leistung“ klassifiziert. Für diese Leistungen gilt, sofern nicht explizit anders vermerkt, dass sie nur zum 1,0-fachen Gebührensatz berechnungsfähig sind. Der Gesetzgeber geht hier von einer Mischkalkulation aus, bei der der feste Gebührensatz den durchschnittlichen Aufwand abdeckt. Ein individuell erhöhter Zeit- oder Personalaufwand, wie er bei adipösen oder sehr unruhigen Patienten auftreten kann, berechtigt daher nicht zu einer Steigerung des Faktors. Dies ist ein fundamentaler Unterschied zu den meisten anderen ärztlichen Leistungen der GOÄ.

Was ist der entscheidende Unterschied in der Abrechnung zwischen einem Rumpfgips (GOÄ 236) und einem Gipsbett für den Rumpf (GOÄ 240)?

Der Hauptunterschied liegt in der Art der Versorgung und den damit verbundenen abrechenbaren Leistungen. Die GOÄ 236 beschreibt einen festen, zirkulär geschlossenen Verband. Die GOÄ 240 hingegen ein abnehmbares Gipsbett oder eine Nachtschale. Dieser Unterschied hat eine wichtige Konsequenz für die Abrechnung: Für die Anfertigung eines Gipsbettes (GOÄ 240) ist in der Regel ein Gipsabdruck des Rumpfes als Modell erforderlich. Dieser Abdruck ist separat nach GOÄ 3316 abrechenbar. Bei der direkten Anlage des zirkulären Gipses nach GOÄ 236 entfällt dieser Schritt, weshalb die GOÄ 3316 hier explizit von der gemeinsamen Abrechnung ausgeschlossen ist.

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