Die GOÄ-Ziffer 237 beschreibt die Anlage eines Gips- oder Gipsschienenverbandes mit Einschluss von mindestens zwei großen Gelenken. Die Leistungslegende ist hierbei sehr präzise und lässt wenig Interpretationsspielraum, was die anatomischen Voraussetzungen betrifft. Als große Gelenke werden explizit das Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Knie- und Fußgelenk genannt.
Die korrekte Anwendung dieser Ziffer setzt ein klares Verständnis der einzelnen Leistungsbestandteile voraus:
Die Kommentarlage zur GOÄ 237 präzisiert zudem wichtige Aspekte bezüglich des Leistungsumfangs und der Abgrenzung zu anderen Leistungen:
Die Leistung nach Nr. 237 kann nicht als Wundverband abgerechnet werden. An demselben Tag sind neben der Leistung nach Nr. 237 erforderliche Veränderungen des Gipsverbandes, wie Fensterung, Spaltung, Gehbügel, Abrollsohle nicht berechnungsfähig. Eine ggf. vor dem Gipsverband erforderliche Abdeckung der Haut (Mullbinden, Trikotschlauch) oder Polsterung ist nicht gesondert abrechenbar.
Diese Klarstellung bedeutet, dass alle unmittelbar zur Anlage des Gipsverbandes gehörenden Materialien und Arbeitsschritte – inklusive Polsterung und erster Anpassungen – als integraler Bestandteil der Leistung gelten und nicht zusätzlich berechnet werden können.
Die GOÄ 237 ist eine häufig genutzte Ziffer in der Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirurgie. Doch gerade bei dieser Position lauern einige Fallstricke, die zu Beanstandungen durch Kostenträger führen können. Mit den folgenden praxisbewährten Hinweisen stellen Sie eine revisionssichere Abrechnung sicher.
Der häufigste und gravierendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 237 betrifft den Steigerungsfaktor. Viele Praxen gehen fälschlicherweise davon aus, dass diese Ziffer wie üblich bis zum 2,3-fachen oder 3,5-fachen Satz gesteigert werden kann. Dies ist jedoch explizit ausgeschlossen.
Achtung – Fester Gebührensatz: Die Leistung nach GOÄ 237 ist eine sogenannte Pauschalgebühr. Sie darf für alle Kostenträger (PKV, Beihilfe, Selbstzahler) ausschließlich mit dem 1-fachen Satz abgerechnet werden. Jeder höhere Faktor wird von den Kostenträgern unweigerlich auf den einfachen Satz gekürzt.
Weitere häufige Fehlerquellen sind:
Eine saubere Dokumentation ist der beste Schutz vor Rückfragen. Sie sollte unmissverständlich belegen, dass die Kriterien der GOÄ 237 erfüllt wurden. Ein guter Dokumentationseintrag könnte so aussehen:
"15.08.2023: Z.n. distaler Radiusfraktur re. Anlage eines Oberarm-Gipsverbandes zur funktionellen Ruhigstellung von Hand- und Ellenbogengelenk. Neurovaskuläre Situation postinterventionell intakt. Patient über korrekte Lagerung und Warnzeichen (Schwellung, Schmerzen, Taubheit) aufgeklärt. Röntgenkontrolle in 1 Woche geplant."
Dieser Eintrag benennt klar die Diagnose, die durchgeführte Maßnahme und – am wichtigsten für die Abrechnung – die beiden immobilisierten großen Gelenke.
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 237 über den 1,0-fachen Satz hinaus nicht möglich. Es handelt sich um eine der wenigen Leistungen in der GOÄ, für die ein fester Satz gilt. Eine Begründung für einen erhöhten Aufwand ist hier irrelevant und führt unweigerlich zu Kürzungen.
Die Anlage eines Gipsverbandes erfolgt selten isoliert. Folgende Ziffern sind in der Regel problemlos neben der GOÄ 237 abrechenbar, sofern medizinisch indiziert:
Die GOÄ schließt die Nebeneinanderberechnung der GOÄ 237 mit anderen Verbandsleistungen am selben Behandlungsfall und für dieselbe Körperregion logisch aus. Sie können nicht gleichzeitig einen großen Gipsverband und einen kleinen Tapeverband für dieselbe Verletzung abrechnen. Konkret sind folgende Ziffern neben der GOÄ 237 ausgeschlossen:
Die GOÄ 237 stellt eine Ausnahme in der Gebührenordnung dar. Sie ist als Pauschalgebühr konzipiert, für die ein fester Gebührensatz gilt. In den Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt C III der GOÄ, zu dem diese Ziffer gehört, ist festgelegt, dass für diese Leistung nur der einfache Gebührensatz berechnet werden darf. Dies ist eine verbindliche Vorgabe des Verordnungsgebers. Jeglicher Versuch, einen höheren Faktor anzusetzen – selbst mit einer plausiblen Begründung für einen Mehraufwand – ist daher nicht statthaft und wird von den Kostenträgern konsequent auf den 1,0-fachen Satz gekürzt.
Ja, in diesem Fall ist die GOÄ 237 in der Regel korrekt. Das entscheidende Kriterium ist nicht die absolute Länge des Gipses, sondern die Anzahl der funktionell ruhiggestellten großen Gelenke. Ein Gips, der vom Handgelenk bis zum Oberarm reicht, immobilisiert definitionsgemäß das Handgelenk und das Ellenbogengelenk. Da somit zwei der in der Leistungslegende genannten großen Gelenke eingeschlossen sind, sind die Voraussetzungen für die Abrechnung der GOÄ 237 erfüllt, auch wenn das Schultergelenk selbst frei beweglich bleibt.
Nein, das ist nach herrschender Kommentarlage nicht zulässig. Die zur Anlage eines Gipsverbandes notwendigen Materialien wie Trikotschlauch, Polsterwatte oder Mullbinden gelten als integraler Bestandteil der Leistung nach GOÄ 237. Sie sind mit dem pauschalen Honorar abgegolten und können nicht als besondere Auslagen gemäß § 10 GOÄ zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Dies gilt als Standardmaterial. Nur besonders teure, nicht zum Standard gehörende Materialien könnten unter Umständen separat berechnungsfähig sein, was aber im Fall von Polstermaterial nicht zutrifft.
Nein, die Fensterung oder auch eine Spaltung des Gipses am selben Tag der Anlage ist nicht gesondert berechnungsfähig. Gemäß den Abrechnungsempfehlungen und Kommentaren zur GOÄ sind solche unmittelbaren Anpassungen und Veränderungen im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Erstanlage bereits in der Gebühr für die GOÄ 237 enthalten. Würde die Fensterung jedoch an einem Folgetag aus medizinischer Notwendigkeit erfolgen, könnte hierfür die GOÄ 238 (Fensterung eines Gipsverbandes) angesetzt werden, da es sich dann um eine neue, eigenständige Leistung handelt.