Die GOÄ-Ziffer 25 beschreibt die Neugeborenen-Erstuntersuchung. Diese Leistung ist eine der ersten und wichtigsten medizinischen Maßnahmen im Leben eines Kindes und umfasst eine vollständige körperliche Untersuchung zur Beurteilung der Lebensfunktionen, zur Erkennung von angeborenen Anomalien und zur Feststellung der Reife des Neugeborenen.
Der offizielle Leistungstext lautet: "Neugeborenen-Erstuntersuchung – gegebenenfalls einschließlich Beratung der Bezugsperson(en) –".
Die Leistungslegende lässt sich in zwei wesentliche Bestandteile zerlegen:
Ein rechtlich relevanter Aspekt betrifft den Versicherungsstatus des Neugeborenen, der vor der Liquidation geklärt sein sollte. Der Gebührenausschuss der Bundesärztekammer hat hierzu eine wichtige Klarstellung veröffentlicht:
Beschluss des Gebührenausschusses der Bundesärztekammer (18. Juli 1997):
Bei der Geburt ist die Behandlung des Kindes nicht von der Behandlung der Mutter zu trennen. Damit gilt, dass das Kind grundsätzlich wie die Mutter versichert ist, es sei denn, Anderslautendes wird vorher ausdrücklich geäußert. In den Fällen, in denen die Mutter privatversichert, das Kind jedoch später gesetzlich krankenversichert ist, ist diese Auffassung im Widerspruchsfall jedoch rechtlich umstritten. Deshalb sollte nach Möglichkeit dieser Punkt mit der Mutter oder dem Vater vorher geklärt werden, zum Beispiel durch Aufnahme eines entsprechenden Passus in den Wahlarztvertrag und ausdrücklichen Hinweis auf diesen Passus.
Die GOÄ schließt zudem explizit die Nebeneinanderberechnung bestimmter anderer Ziffern aus. Laut der allgemeinen Bestimmung sind die Leistungen nach den Nummern 1, 3, 4, 5, 6, 7 und/oder 8 nicht neben der Ziffer 25 berechnungsfähig, da deren Inhalte bereits von der Pauschale der Erstuntersuchung abgedeckt sind.
Die Neugeborenen-Erstuntersuchung (U1) ist ein Standardeingriff, doch bei der Abrechnung nach GOÄ 25 lauern Fallstricke, die zu vermeidbaren Auseinandersetzungen mit Kostenträgern führen können. Mit den folgenden Hinweisen navigieren Sie sicher durch die Abrechnung.
In diesen Szenarien kommt die GOÄ 25 typischerweise zum Ansatz:
Standardfall in der Klinik: Der diensthabende Pädiater oder Gynäkologe führt die U1 direkt nach der Entbindung im Kreißsaal oder auf der Wochenbettstation durch. Dies umfasst die komplette Untersuchung des Neugeborenen sowie die anschließende Beratung der Eltern.
Ambulante Entbindung: Nach einer Geburt im Geburtshaus oder zu Hause wird ein niedergelassener Kinderarzt zur Durchführung der U1 gerufen. Die GOÄ 25 wird hier für die Untersuchung selbst angesetzt, gegebenenfalls in Kombination mit einem Besuch (GOÄ 50) und Wegegeld.
Externer Konsiliarzt im Krankenhaus: Ein niedergelassener Pädiater ohne festen Vertrag mit einer Klinik wird zur U1 eines privatversicherten Neugeborenen hinzugezogen. Nach herrschender Kommentarlage (z.B. Wezel/Liebold) kann hier neben der GOÄ 25 auch die GOÄ 50 für den Besuch abgerechnet werden.
Der häufigste und zugleich schwerwiegendste Fehler bei der Abrechnung der GOÄ 25 betrifft den Steigerungsfaktor. Hier ist besondere Vorsicht geboten.
Abrechnungsrelevanter Warnhinweis: Kein Steigerungsfaktor anwendbar!
Die GOÄ-Ziffer 25 ist eine sogenannte "Einfach abzurechnende Leistung". Das bedeutet, sie darf ausschließlich mit dem 1,0-fachen Satz liquidiert werden. Eine Steigerung über den einfachen Satz hinaus ist unter keinen Umständen zulässig und wird von allen Kostenträgern (PKV, Beihilfe) konsequent gekürzt. Die Begründung liegt darin, dass es sich um eine standardisierte Früherkennungsleistung mit einem festgelegten Gebührenrahmen handelt.
Weitere Fehlerquellen liegen in der unzulässigen Kombination mit anderen Ziffern:
Keine Beratungsziffern: Die Beratung der Eltern ist explizit Leistungsinhalt. Rechnen Sie daher niemals die GOÄ 1, 3 oder 4 zusätzlich ab.
Keine Untersuchungsziffern: Die GOÄ 25 ist die umfassende Untersuchung. Symptombezogene Untersuchungen nach GOÄ 5, 6, 7 oder 8 sind daneben ausgeschlossen.
Keine Visite (GOÄ 435): Wird die U1 im Rahmen eines stationären Aufenthalts durchgeführt, kann die Visite nach GOÄ 435 nicht am selben Tag für dasselbe Kind abgerechnet werden.
Keine Kinderzuschläge: Die Zuschläge für die Behandlung von Kindern (K1, K2) sind neben der GOÄ 25 ebenfalls ausgeschlossen.
Eine saubere Dokumentation ist der beste Schutz bei Rückfragen. Sie sollte nicht nur die medizinischen Befunde, sondern auch abrechnungsrelevante Aspekte festhalten.
Beispiel für einen Dokumentationseintrag:
Datum/Uhrzeit: 15.10.2023, 08:30 Uhr
Anlass: Neugeborenen-Erstuntersuchung (U1) bei Max Mustermann (geb. 15.10.2023, 07:45 Uhr)
Befunde: APGAR 9/10/10, Gewicht 3.450g, Länge 52cm. Reifezeichen vorhanden. Körperliche Untersuchung: Herz/Lunge/Abdomen unauffällig, Reflexe seitengleich auslösbar. Kein Hinweis auf Fehlbildungen.
Durchgeführte Maßnahmen: Vitamin-K-Prophylaxe p.o. (separat abgerechnet), Pulsoxymetrie-Screening (separat abgerechnet).
Beratung: Eltern (Fr. und Hr. Mustermann) über Befunde, Prophylaxen und weiteres Vorgehen (U2) aufgeklärt. Fragen beantwortet.
Versicherungsstatus: Geklärt, Kind wird über Mutter (PKV, Vertrag-Nr. 123) versichert.
Wie bereits erwähnt, ist eine Steigerung der GOÄ 25 nicht möglich. Die Leistung ist immer mit dem 1,0-fachen Satz anzusetzen. Dies ist eine verbindliche Vorgabe der Gebührenordnung.
Trotz der strengen Ausschlüsse gibt es Leistungen, die sinnvoll und korrekt neben der GOÄ 25 abgerechnet werden können:
GOÄ 50 (Besuch): Nach Kommentarlage für den externen, zur Untersuchung in die Klinik gerufenen Arzt.
§§ 8, 9 GOÄ (Wegegeld/Reiseentschädigung): In Verbindung mit einem Besuch nach GOÄ 50.
GOÄ 250 (Injektion): Für die Gabe der Vitamin-K-Prophylaxe, sofern diese per Injektion erfolgt.
GOÄ 602a (Pulsoxymetrie): Für das Screening auf kritische angeborene Herzfehler.
Zur Verdeutlichung sind hier die wichtigsten Ziffern, die nicht neben GOÄ 25 im selben Behandlungskontext berechnungsfähig sind:
GOÄ 1, 3, 4 (Beratungen)
GOÄ 5, 6, 7, 8 (Untersuchungen)
GOÄ 435 (Visite)
Zuschläge K1, K2
Nein, das ist explizit nicht zulässig. Der Leistungstext der GOÄ 25 lautet "...gegebenenfalls einschließlich Beratung der Bezugsperson(en)". Damit ist jede Form der Beratung, die sich auf die Untersuchung und die unmittelbaren Befunde bezieht, bereits Bestandteil der Leistung. Die GOÄ schließt die Nebeneinanderberechnung der Ziffern 1, 3 und 4 konsequent aus. Eine separate Abrechnung wäre nur bei einer zeitlich und inhaltlich klar getrennten, neuen Behandlungs- und Beratungssituation denkbar, was in der Praxis im direkten Anschluss an die U1 kaum revisionssicher darstellbar ist.
Nach herrschender Kommentarmeinung (z.B. Wezel/Liebold) kann ein Kinderarzt, der nicht regelmäßig an der Klinik tätig ist und explizit von extern zur Untersuchung gebeten wird, zusätzlich zur GOÄ 25 den Besuch nach GOÄ 50 abrechnen. In diesem Zusammenhang ist auch der Ansatz von Wegegeld nach § 8 GOÄ möglich. Werden im Rahmen der Untersuchung weitere selbstständige Leistungen wie die Vitamin-K-Prophylaxe (z.B. GOÄ 250) oder ein Pulsoxymetrie-Screening (GOÄ 602a) erbracht, sind diese ebenfalls zusätzlich berechnungsfähig.
Die GOÄ 25 ist im Gebührenverzeichnis als "Einfach abzurechnende Leistung" klassifiziert. Dies bedeutet, dass der Verordnungsgeber für diese standardisierte Früherkennungsleistung einen festen Gebührensatz vorgesehen hat, der nicht überschritten werden darf. Der Aufwand wird als im Durchschnitt immer gleichbleibend angesehen. Diese Regelung ist bindend und gilt für alle Kostenträger gleichermaßen, also sowohl für private Krankenversicherungen als auch für Beihilfestellen. Jeder Ansatz über dem 1,0-fachen Satz wird daher konsequent auf diesen zurückgestuft.
Dieser Fall birgt ein hohes Risiko für Zahlungsausfälle. Laut einem Beschluss der Bundesärztekammer gilt das Kind zunächst wie die Mutter versichert. Die private Liquidation der GOÄ 25 ist also primär korrekt. Weigern sich die Eltern jedoch später zu zahlen, weil das Kind rückwirkend gesetzlich versichert wird, ist die Rechtslage umstritten. Die dringende Empfehlung lautet daher: Klären Sie den Versicherungsstatus des Kindes vor der Untersuchung. Nehmen Sie einen entsprechenden Passus in den Behandlungs- oder Wahlarztvertrag auf und weisen Sie die Eltern aktiv darauf hin, dass die U1 eine Privatleistung ist, die sie selbst tragen müssen, falls keine private Versicherung für das Kind abgeschlossen wird.